Sex sells – das wusste man Mitte der 1980er auch in der Redaktion der Hamburger Filmzeitschrift Cinema. Deren Sonderhefte/-bände Nummer 6 bis 9 trugen die Titel „Erotik im Film – Kino der Lüste“, „Sex im Kino ‘83“, „Sexstars“ und „Sex im Kino ’84“, um das es hier gehen soll.
Unschwer zu erkennen, handelt es sich um den Nachfolger von „Sex im Kino ‘83“, wenn auch in leicht abgespeckter Form: Auf ein Vorwort wurde diesmal ebenso verzichtet wie auf die eigenartige Kapiteleinteilung des Vorgängers, auch der Portraitteil, der sich mehr oder weniger verschiedenen Protagonistinnen und Protagonisten des erotischen Films gewidmet hatte, entfällt. Stattdessen geht es nach einem Inhaltsverzeichnis in diesem erneut 132-seitigen, großformatige Softcover-Band Schlag auf Schlag mit vermutlich nicht nur den „Höhepunkten“ des Erotikgenres, die uns der Titel verspricht, sondern schlicht allen nach Dafürhalten der Redakteure als ihm zugehörig kategorisierbaren Filmen, die 1984 (oder 1983, da nimmt man’s nicht so genau…) in den deutschen Kinos (wieder-)aufgeführt wurden. Konkret bedeutet das jedoch, dass ärgerlicherweise wieder nicht zwischen Erotik-/Softsex-Filmen und Pornos unterschieden wurde, die hier munter durcheinandergewürfelt wurden. Harmlose Komödien mit Erotik-Touch oder Fantasy-Streifen wie „Die Mächte des Lichts“ oder „Das Duell der Besten“ finden sich hier wie selbstverständlich zwischen HC-Fleischfilmen.
Jeweils ein bis sechs Seiten lang werden hier Filme wie „Erste Sehnsucht“, „Flashdance“ (!), „Sunshine Reggae auf Ibiza“, „Gwendoline“, „Das Mädchen von Triest“ und „Eis am Stiel“, Teile IV und V, vorgestellt, wobei auf allzu viel Text zugunsten großzügiger Abbildungen von Filmszenen verzichtet wird. Neben dem Jahreskatalogeffekt, über den dieses Buch verfügt und der in Zeiten von durchsuch- und filterbaren Internetdatenbanken weitestgehend uninteressant geworden ist, machen diese knackscharfen Fotos den eigentlichen Reiz des Buchs aus, das damit aber zu nicht viel mehr als einem Bildband degradiert wird. Beim überwiegenden Teil der Texte handelt es sich nämlich um keine Rezensionen oder gar kritische Reflektionen, sondern lediglich um knappe Inhaltsangaben inklusive hin und wieder einem wertenden Adjektiv. Diese werden um ein paar Stabangaben ergänzt, bei denen diesmal nicht einmal die Produktionsjahre angegeben werden.
Seltsamerweise finden sich auch hier wieder Einträge, die sich nicht verifizieren lassen: In keiner Datenbank habe ich Filme wie „Patricia – Das süße Früchtchen“ (Regie: angeblich Raymond Lewin) oder „Ein Sommer voller Liebe“ (Alba Gran) finden können. Aus Walter Molitors Porno „Supergirls for Love“ macht man „Supergirls in 3-D” und gibt als Regisseur einen Amato Beceli an. Kritische Worte findet man immerhin zum von der Fassbinder-Crew gedrehten Exploitationfilm „Insel der blutigen Plantage“, um nur ein paar Seiten weiter bei der Inhaltsangabe zu „Das Frauenlager“ gleichgeschlechtliche Beziehungen in einem Atemzug mit Brutalität, Misshandlungen, Vergewaltigungen und einigem negativ Konnotierten mehr zu nennen. Puh. Apropos: Auffallend ist die relativ hohe Anzahl an Frauengefängnisfilmen, die offenbar seinerzeit ins Kino drangen.
Viel mehr Erkenntnisse lassen sich diesem kruden Sonderband jedoch nicht entnehmen, sodass ich mein Fazit zum Vorgänger mit angepasster Jahreszahl wiederholen kann: Als hübsches Bilderbuch goutierbar, als journalistisch-kritische Reflektion des Themas Sexualität im Kinojahr 1984 hingegen vollkommen ungeeignet.
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