Günnis Reviews

Kategorie: Tonträger R (page 1 of 2)

RADIO HAVANNA – LAUTER ZWEIFEL CD

(www.fatsound.de) / (www.radiohavanna.de)

RADIO HAVANNA, ex-Thüringer Wahlberliner, haben sich geschmackssicher nach dem grandiosen RANCID-Song benannt, auf ihrem dritten Album aber nicht viel mit dem rauen Ami-Streetpunk gemein. Hier regiert sehr zeitgemäß (sprich: klar und fett) produzierter „Melodicore“ mit derben Gitarrenwänden und sehr akzentuiertem, sehr gut verständlichem, deutschem Gesang. Man gibt sich kritisch und engagiert und lässt auch Raum für Persönliches. Das klingt natürlich nicht sonderlich eigenständig, aber sehr gekonnt umgesetzt. Der Sound dürfte ein jüngeres Publikum ansprechen, das sich gern an Szenegrößen wie ANTI-FLAG, PENNYWISE etc. verdingt und den eingängigen Soundtrack zu Skateboardfahren, Biertrinken im Park und Pogo sucht. So in etwa zumindest. Mir ist das etwas zu steril und die großen Hits, die solche Bands aus der Masse hervorheben, fehlen dann leider doch. Etwas mehr „Spirit“ hätte der Platte gutgetan. Zur Aufmachung kann ich nichts sagen, da mir nur eine Promo-Version im Pappschuber vorliegt. 11 Songs in 35 Minuten. 3-. Günni

ROTZENPLOTZ – FIGHT SOCIETY CD

(www.myspace.com/rotzenplotz)

Flotter Pogo-Punk mit überwiegend deutschen Texten der vier Jungs aus Fulda, im März aufgenommen und in Eigenregie rausgehauen. Die Band treibt schon einige Jahre ihr Unwesen und überzeugt durch ihren herrlich ungestümen Punkrock, der sofort in die Beine geht. Die Refrains sind kräftig und laden zum Mitgrölen ein, Sänger Alex Alzheimer verleiht den Songs durch seinen rauen Alarmgesang das passende Organ, ohne aufgesetzt hart zu klingen, und ein zweiter Sänger grunzt ab und zu mal was dazu – was verhindert, dass der Gesangspart auf Dauer dann vielleicht doch zu monoton klingt. Dennoch hätte man diesen gerne noch etwas weiter in den Vordergrund mischen dürfen, aber auch so kriegt man ’ne Menge von den szenetypischen und plakativen, aber unpeinlichen Texten mit. Titel wie „Die Nacht der Droogs“, „Nazi Wannabe“, „Krieg“, „Assel“, „Wut“, „Skins und Punks“, „Überwachung“ etc. sprechen wohl für sich. Insgesamt klingt das alles schön aus dem Bauch heraus und geradeaus und geht gut ab. Würde mich freuen, noch mehr von dieser Band zu hören. Zwölf Songs in 33 Minuten. ’ne 2 für dieses schnörkellose Oldschool-Vergnügen, das übrigens mit einem verdammt geilen, gezeichneten Cover versehen wurde (käme im 12“-Format natürlich noch besser). Günni

ROCK ROTTEN’S 9MM ASSI ROCK’N’ROLL – QUO VADIS CD

(www.asphalt-records.de) / (www.9mm-rock.com)

Rock Rotten, ehemaliges Mitglied der V8WANKERS, mit dem zweiten Album seiner aktuellen Band – das erste, das ich zu hören bekomme. Und da bin ich auch ganz froh drüber, denn diese deutschsprachige Mischung aus Schweinerock und Metal mit Brüllgesang zündet bei mir überhaupt nicht. Diese aufgesetzte Härte, mit der unter permanentem Double-Bassdrum-Geballer die holperig gereimten deutschen Texte herausgebrüllt werden, geht mir tierisch auf den Sack und ist ganz, ganz weit davon entfernt, Erinnerungen an glorreiche ONKELZ- oder ROSE-TATTOO-Alben wachwerden zu lassen. Hier fehlt’s an lyrischem Geschick, musikalischer Abwechslung und vor allem an Seele. Das Album wirkt auf mich total stumpf, anstrengend und unsexy. Da kann die Aufmachung im Digipak mit Vollfarb-Booklet voller Fotos und allen Texten (inkl. Rechtschreibfehler…) noch so gediegen daherkommen, das ist einfach nix für mich. Übrigens: Es müsste wohl eher „Asi“ statt „Assi“ heißen – oder soll es sich hierbei um „Assistenten-Rock’n’Roll“ handeln…? Ich geb ’ne knappe 4 wegen ein, zwei netten Refrains. 10 Songs in 40 Minuten. Günni

THE REVERED PEYTON’S BIG DAMN BAND – THE WHOLE FAM DAMNILY CD

(www.sideonedummy.com) / (www.bigdamnband.com)

Ein dicker, stämmiger Typ mit Vollbart, Hosenträgern und Akustik-Klampfe, (s)eine dicke Frau mit Waschbrett und ein Weiterer, der sich um die Percussions kümmert – richtig, hier geht es nicht um Punkrock, sondern um Südstaaten-Country-Blues, der bemüht authentisch inkl. Südstaaten-Akzent etc. daherkommt, sich das eine oder andere Augenzwinkern aber nicht verkneifen kann – was wohl der Grund dafür ist, dass wir diese Scheibe zugeschickt bekommen haben und die Band mit vielen Punkbands auftritt… Ein Schelm also, wer das Ganze für ein Projekt hält, das seinen Ursprung in „unserer“ Szene hat. Aus der minimalistischen Instrumentierung wird jedenfalls einiges herausgeholt und die Songs besitzen verdammt viel Energie, so dass die Scheibe jedem, der grundsätzlich mit solcher Mucke was anfangen kann, viel Spaß machen dürfte. Die Liebe zum Detail ist auf jeden Fall gegeben und zieht sich durch die Gestaltung des Albums angefangen beim matten Digipak mit gezeichnetem, die Bandmitglieder abbildendem Cover, den irgendwie auf alt getrimmten Fotos bis hin zu den simplen, aber aussagekräftigen Texten, die dann schon mal wie folgt klingen: „Wal-Mart killed the Country Store / They discriminate by race and age / Won’t pay nobody a living wage“ oder auch „I want to thank y’all for the food that you made us / But it don’t hold a candle to Mama’s fried potatoes“. Hat was! 13 Songs in 40 Minuten. Ohne Wertung. Günni

THE RUDES – JOIN THE ARMY EP

(www.uvpr.fr) / (www.myspace.com/rudesturone)

Geil! Frisch klingender Oldschool-Oi! (das geht) aus Frankreich mit englischen Texten, die ich aufgrund meiner CD-R-Version (das Label verschickt keine Vinyls…) aber nicht nachlesen kann. Im Original wird aber wohl laut Infozettel ein Einleger dabei sein. Die Mucke passt auf jeden Fall, die Chöre geben alles und die Produktion ist gelungen. Leider nur drei Songs. 2. Günni

RED BANNER – NO ENS ATURARAN CD

(www.madbutcher.de) / (www.redbanner.cat)

Hier haben wir eine sich streng sozialistisch präsentierende Oi!-Band aus Barcelona, die keine Berührungsängste mit dem RASH-Bereich der Skinheadszene hat und ihr drittes Album komplett in Landessprache vorlegt. Die Mucke geht auf jeden Fall klar: kämpferischer, hymnischer, melodischer Mid-Tempo-Oi!-Punk, wie ich ihn mir gefallen lasse. Gut produziert ist die Platte zudem und mit satten neun Bonusstücken von früheren Veröffentlichungen angereichert. Zu den Texten kann ich jetzt sprachbarrierenbedingt nicht allzu viel sagen – bleibt zu hoffen, dass man auf Kommie-Plattitüden weitestgehend verzichtete und, wie es auch die Promo-Info suggeriert, sich in erster Linie sozial- und gesellschaftskritisch äußerte. Das dicke Booklet ist toll gestaltet und bietet alle Texte und weitere Infos, allerdings alles auf spanisch. Kann definitiv wat. 20 Songs in 64 Minuten, Anspieltipp: „El Preu A Pagar“. 2-. Günni

HEITER BIS WOLKIG / DIE ROTEN RATTEN – AUFERSTANDEN AUS RUINEN / NICHTSALSROCKEN CD

(www.weserlabel.de) / (heiterbiswolkig.com) / (roteratten.de)

Genauso wenig, wie man sich hier auf einen Bandnamen oder auf einen Albumtitel einigen konnte, erschließt sich mir der Sinn bzw. Witz des Ganzen. HbW waren zwar schon immer etwas durchwachsen… aber wenn ich da an alte „Terroristen“-Zeiten oder an geniale Songs wie „Killer-Clowns“ denke, erfüllt es mich doch mit Wehmut, diese Scheibe rezensieren zu müssen. Die ist nämlich absolut unlustig, flach und belanglos. Der Biss ist weg und musste austauschbaren, albernen Phrasen weichen. Ein paar alte Songs nahm man neu auf und ich frage mich, was es soll, eine Hymne wie die „Ballade von den Seeräubern“ (BRECHT) so kraftlos vorzutragen und zu verhunzen. Gecovert werden JOINT VENTURE mit „Holland“, womit man natürlich auf der sicheren Seite ist. Damit kann man nun glücklicherweise nicht viel falsch machen. Vielleicht hätte man sich bei Widmann & Co. mehr Inspiration holen sollen, was das Schreiben witziger bis sarkastischer Texte betrifft. So geht mir die Scheibe ziemlich am Arsch vorbei. Booklet kommt mit einigen Texten. 22 Songs in 67 Minuten, davon einige aber doppelt in verschiedenen Aufnahmen. 5. Günni

THE RIPMEN – GRAVEYARD IN OUR MEMORIES CD

(www.wolverine-records.de)

Tribut-Alben stehen immer noch hoch im Kurs, so auch bei den Berliner Psychobillies der RIPMEN. Dieses Mini-Album enthält anscheinend ausschließlich Cover-Versionen von (Psychobilly-)Nummern aus den 80ern von MAD SIN, BATMOBILE, KLINGONZ, NEKROMANTIX… Tja, bin im Psychobilly-Bereich nicht so bewandert, als dass ich da jetzt mitreden oder Vergleiche zu den Originalen ziehen könnte. Jedenfalls haben bei den ersten sieben Songs jeweils Mitglieder der gecoverten Bands mit ausgeholfen und Soli eingespielt oder Backing-Vocals eingesungen. Song 8 – 11 werden als „Bonustracks“ angeführt (warum auch immer), darunter dann Songs wie „Death School“, „Tainted Love“ (das einzige Original, das ich kenne) oder das deutschsprachige „Blutrot“. Der Sound der RIPMEN ist recht düster, entsprechend kommt auch das Artwork im Horror-Comit-Outfit daher. Die Mucke ist recht ordentlich, allerdings scheint mir die Produktion etwas dünn. Da hätte man mehr rausholen können. Insbesondere die Bonustracks fallen klangtechnisch ab – stammen die evtl. von einer älteren VÖ? Ich hätte mir da einen aufschlussreicheren Promo-Zettel gewünscht… im zweiten Halbjahr soll übrigens der neue Longplayer, ebenfalls auf Wolverine, erscheinen. Elf Songs in 34 Minuten, Anspieltipp: „Broken Home“. 3. Günni

RADIO DEAD ONES – KILLERS AND CLOWNS Mini-LP

(www.wandarecords.de) / (www.radiodeadones.de)

Das Cover-Artwork stach mir sofort ins Auge – geniales Tribut an Clashs „Black Market Clash“. Machte mich gleich neugierig auf die Mucke, da man Geschmack zu haben scheint. Und ich wurde nicht enttäuscht! Die vier Berliner zelebrieren Streetpunk mit ’77er-Einschlag und derbem Nägelgurgler-Gesang, wie Onkel Günni das gefällt. Im Info stand was von pessimistischen Texten. Kann man so stehenlassen – in den in englischer Sprache hingerotzten, aggressiven, aber nie unmelodischen Songs macht sich wirklich niemand mehr Hoffnung auf ein Leben außerhalb des Randes der Gesellschaft – aber warum auch, wenn man so ohne sein Gesicht zu verlieren seinen Hass in fünf geile Punkrock-Nummern kanalisieren und anderen Leuten in die Fresse brüllen kann? „No future for this fucked up place / for the human race / for yer fucken face“ (aus „East Side Of The City“)! Dem bleibt nichts hinzuzufügen… außer vielleicht, dass FRONTKICK-Marti an der Gitarre aushalf und sich auch für die gelungene Aufmachung verantwortlich zeichnet. 2+. Günni

RIOT COMPANY – RIOT ANTHEMS LP

(www.psychotrecords.com) / (www.riotcompany.com)

Der zweite Longplayer der Oi!-Punkband aus dem niedersächsischen Hildesheim, nun vorliegend in farbigem bzw. durchsichtigem Vinyl. Kommt mit Textpappe mit allen Texten, die Aufmachung stimmt also. Der Inhalt natürlich auch nach wie vor: Klasse Streetpunk mit rauhem Gesang, schönen Melodien und guten Texten aus dem Leben mit seinen schönen, nachdenklichen und weniger schönen Seiten. Insgesamt 14 Songs, die voll überzeugen, davon nur noch zwei in deutscher Sprache. „Fragen“ ist ein schön melancholischer Song mit Tiefgang geworden, während man mit „Hildesheim“ den alten, lokalpatriotischen Gassenhauer aus HEFEPILSE-Zeiten veredelte. Glatte 2. Günni

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