Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 33 of 44)

12.10.2013, Skorbut, Hamburg: IN VINO VERITAS + BOLANOW BRAWL

bolanow brawl + in vino veritas, 12.10.2013, skorbut, hamburgEndlich hatte es geklappt und die Hamburger Oi!-Punk-Hoffnung IN VINO VERITAS sollte im Skorbut auftreten, als zweite Band hatte man uns mit BOLANOW BRAWL auserkoren – einer zünftigen Party sollte also nichts mehr im Wege stehen: Außer der Alkohol, wie sich herausstellen sollte. Doch der Reihe nach: Bereits morgens fanden wir uns bei Andy Unemployed ein, um unsere Studioaufnahmen fortzusetzen. Bereits da hatte manch einer zu Blech- und Glaskannen alkoholhaltigen Inhalts gegriffen, trotzdem lief bis hierhin noch alles ok – wenn sich auch das punktgenaue Einspielen mehrerer Gitarren als eine gewisse Herausforderung herausgestellt hatte. Mehr oder weniger pünktlich fand man sich am frühen Abend im Skorbut ein, um alles aufzubauen und vorzubereiten. Das eine oder andere Bierchen war dabei und vom wie üblich eigens für den Gig besorgten Bolanow wurde ebenfalls genascht. Gegen 22:00 Uhr war der Laden für ein Konzert zweier Nachwuchsbands mehr als ordentlich gefüllt und IN VINO VERITAS, die sich nicht hatten lumpen lassen und gratis ihre neue Demo-CD samt Button und Aufkleber verteilten, legten den bis dato besten Gig aufs Parkett, den ich bisher von ihnen gesehen hatte. Das Publikum schien zu diesem Zeitpunkt bereits ungewöhnlich stark alkoholisiert, was jedoch erfreulicherweise dazu führte, dass sich eine euphorische Stimmung entwickelte und manch einer begeistert das Tanzbein zu den rauen Klängen der räudigen Hamburger schwang. Der Auftritt schien völlig pannenfrei abzulaufen und die gute Stimmung schlug sich auf die Band nieder – Frontmann Laddes Beleidigungen des Publikums gehören zum Konzept und „guten Ton“ –, man spielte sich förmlich in einen Rausch und setzte immer noch einen drauf. Sehr amtlich, Jungs, Prospekt! Dann kamen wir an die Reihe… ein Bierchen hatten meine Mitstreiter quasi ständig in der Hand und die beiden Bolanow-Buddeln wiesen mittlerweile eine bedrohlich niedrige Füllhöhe auf. Dass diese eigentlich dazu gedacht waren, sie während des Auftritts ins Publikum zu reichen, war anscheinend völlig in Vergessenheit geraten. Da man spätestens um Punkt Mitternacht Schluss mit Livemucke machen musste, brach Hektik aus. Zunächst rannten alle durcheinander, fanden sich dann nach und nach auf der Bühne ein; ein kurzer Soundcheck der Gitarren wurde absolviert und direkt zum Angriff geblasen. Es kam, wie es kommen musste: Mit Beginn des ersten Songs der unvernünftigerweise kurz vorm Konzert umgeschriebenen Setlist waren furchtbare Rückkopplungen auf der Bühne lauter als unser Sound. Abbruch, hier und da rumdrehen und nachjustieren und noch mal von vorn. Doch mit Einsatz meines Gesangs blieb dieser unhörbar, denn es gab massive Probleme mit den Mikros. Meines war schlichtweg aus, es wurden chaotisch Kabel und Mikros durchgetauscht, doch ohne Erfolg: Auch beim dritten Anlauf blieb ich stumm, obwohl ich mir die Kehle aus dem Leib grölte. Doch nach ein paar Versen wurde anscheinend endlich das Problem lokalisiert und war ich zu hören. Zu hören war auch die Leadgitarre bzw. das, was von ihr übrig war, und das war nicht viel: Im Endeffekt war sie ein alkoholbedingter Totalausfall, gegen den es auch nicht half, dass Gitarrero Ole sich nach jedem Song eine Nachstimmpause erbat. So etwas wie ein „Flow“ blieb völlig aus, doch den mittlerweile ebenfalls gnadenlos besoffenen Mob vor der Bühne interessierte das herzlich wenig, fleißig wurde getanzt, doch nicht nur das: Warum auch immer hatte man diverse Blumenvasen samt floristischer Inhalte in der Kellerpinte positioniert, mit der Folge, dass uns die Blumen um die Ohren flogen wie auf einem Klischee-Hippie-Konzert. Die Erste-Reihe-Tanzbären Kai (DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS) und Holli (HAMBURGER ABSCHAUM) entpuppten sich zudem als penetrante Groupies, die keine Gelegenheit ausließen, mich zu befummeln. Vom ganzen Kabelwirrwarr auf der besonders als Fünf-Mann-Kombo verdammt engen Bühne waren etliche offene Bierflaschen umgekippt und ergossen sich in riesigen Bier-Matsch-Dreck-Lachen auf den Brettern und im allgemeinen Chaos versuchte ich tapfer, mich auf die Texte zu konzentrieren und gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Zwischen den Songs schien sich das Chaos stets zu vergrößern, zwischendurch war Oles Gitarre ausgegangen und ich musste ihm helfen, sie wieder einzuschalten, während munter durcheinandergeplappert wurde und beinahe jeder längst eine Art Tunnelblick eingenommen zu haben schien, der verhinderte, die völlig aus den Fugen geratene Gesamtsituation als solche zu begreifen. Locker drei Fünftel der Band waren betrunkener, als es noch vertretbar gewesen wäre; auch mich verließ es irgendwann und eine Strophe von „All I Have To Give“ wurde zu einem simplen „La la la…“. Der Bühnensound war längst so verquer, dass man kaum noch etwas differenziert heraushören konnte und eigentlich hätte nur noch gefehlt, dass jemand ins Equipment stürzt und sich die Knochen bricht oder die Technik zerstört – soundmäßig hätte es vermutlich keinen Unterschied mehr gemacht. Ich war heilfroh, als ich diese zwar Bolanow-authentische, jedoch sämtliche Ironie des Bandnamens vermissen lassende Farce hinter mir hatte und wir schlichen ohne Zugabe von der Bühne. Das war unser schlechtester Gig ever, peinlich und daneben, aber wir haben draus gelernt, den einen oder anderen guten Vorsatz für die Zukunft gefasst und hoffen, dass man uns das nicht zu lange nachtragen wird. Teile des Publikums jedenfalls ganz bestimmt nicht, denn unglaublicherweise gab es im Anschluss tatsächlich nicht wenige Stimmen, die uns völlig ernstgemeint zu einem geilen Auftritt beglückwünschten… Ok, so einen Schlamassel legt wahrscheinlich jede Band irgendwann mal hin und ich bin froh, dass wir unseren nun hinter uns haben und in Zukunft beweisen können, dass das ein historisches, weil einzigartiges, einmaliges Ereignis war. 😉

09.10.2013, Hafenklang, Hamburg: D.O.A. + DRUGSTOP

d.o.a.D.O.A. auf Abschiedstour? Stimmt, da war ja was… Also spontan am Mittwochabend direkt nach der Maloche zum Hamburger Hafenklang, um Abschied zu nehmen von Joey Shithead und seinen beiden Mistreitern. Ich war ja nie so der große D.O.A.-Fan, hab das erste Album und ‘ne EP (zugegeben, beides zusammen auf einer CD) hier und das war’s. Diese Scheibe gefällt mir jedoch echt gut und natürlich weiß ich um den Status der Band, die immerhin eine der ersten Punkbands Kanadas war, die Entwicklung des Hardcore-Punks mit vorangetrieben hat und Joey Shithead unermüdlich der Szene treu blieb, satte 35 Jahre und 14 Studioalben lang. Was ich zwischendurch mal so auf Samplern an aktuellerem D.O.A.-Material gehört hatte, wusste durchaus zu gefallen und so machte ich mir um den musikalischen Aspekt des Abends wenig Sorgen. Angenehmerweise relativ pünktlich begann das deutsche Trio von DRUGSTOP, das ein überraschend arschtretendes Set auf die Bretter legte und eine originelle Mischung aus ’77- und Hardcore-Punk darbot, inkl. RAMONES-Cover. War richtig gut, kam auch gut an und würd ich irgendwann gern noch mal live sehen. D.O.A. schließlich haben das Hafenklang dann fast rappelvoll gemacht und starteten ihren energiegeladenen, bestens aufeinander eingespielten Auftritt, ebenfalls in Trio-Form und insbesondere vor dem Hintergrund des Alters ihres Frontmanns verdammt respekteinflößend. Der gute Joey war fit wie’n Turnschuh, agiler und ausdauernder als manch nur halb so Alter aus dem Publikum und trat wie zum Beweis seiner Form immer wieder derart hoch in die Luft, dass manch anderer Sehnenrisse erlitten hätte. Und man spielte wirklich lange! Mit einem ersten Zugabeblock hatte man ja ohnehin gerechnet, mit einem zweiten nicht mehr unbedingt und beide umfassten weit mehr als nur einen Song. D.O.A. wollten gar nicht mehr aufhören! Genau sagen, von welchen Veröffentlichungen nun welcher Song stammte, kann ich natürlich nicht, aber besonders die vielen kleinen Hits, die im Refrain zum Mitsingen einluden, liefen schon beim ersten Hören gut rein. Das Publikum brauchte etwas, um aufzutauen, aber gegen Ende schwang dann doch endlich der eine oder andere das Tanzbein. Nun ist das, was D.O.A. da spielen, aus heutiger Sicht sicherlich nur noch schwer als Hardcore-Punk mit Betonung auf den ersten beiden Silben erkennbar – heutzutage würde das eher als ruppiger Punkrock durchgehen. Geblieben sind aber in jedem Falle Attitüde und Authentizität auf eine völlig unpeinliche Weise und ich bin verdammt froh, die Band wenigstens auf ihrer Abschiedstour dann doch endlich einmal live gesehen zu haben. Alles Gute, Joey!

27.09.2013, Honigfabrik, Hamburg: HAMBURGER ABSCHAUM + LEFT CULTURE + MORBUS DOWN + CRASS DEFECTED CHARACTER + NEWS AT 11 + OHIPKO

hamburger abschaum + left culture + morbus down + crass defected character + news at 11 + ohipko @honigfabrik, hamburg, 27.09.2013Wieder ein superbilliges Punk-Konzert im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, bei drei lumpigen Euro für sechs Bands kann man nun wirklich mal so überhaupt nix sagen. Mit Kumpel Stulle war ich verabredet, um uns vorsätzlich zu betrinken und uns die Bands anzuschauen. In der noblen Honigfabrik, die natürlich viel mehr Platz bot, als wirklich genutzt wurde, machten CRASS DEFECTED CHARACTER den Anfang mit sympathischem, engagiertem Nachwuchs-Punk, sorgten LEFT CULTURE für eine zünftige Berliner Punk-Attacke und entpuppten sich als Hammer-Liveband und sorgte der HAMBURGER ABSCHAUM einmal mehr für hanseatisches Bühnen-Entertainment mit reichlich Asi-Charme, wenn auch der Alkohol seinen Tribut zollte und gegen Ende des Sets nicht mehr alles wie geplant lief. Aufgrund jener Substanz muss auch ich einige Abstriche machen und kann mich an die korrekte Reihenfolge der Bands nicht mehr wirklich erinnern. Ich weiß aber noch, dass MORBUS DOWN mit ihrem aggressiven Hard-/Grindcore es mir an diesem Abend ganz besonders angetan hatten, eine der zwei noch übrigen Bands (fragt nicht, welche…) allerdings weniger, denn da kam seltsamer Post-HC mit ‘ner Mischung aus Schrei- und Clean-Gesang, mit dem man mich jagen kann. Aufgrund einiger bekannter Gesichter im Publikum und der MOTÖRHEAD-Beschallung im Barbereich konnte man sich die Zeit jedoch auch prima anders vertreiben. Von der letzten Band hab ich glaub ich nichts mehr mitbekommen, dafür jedoch manch merkwürdiger Konversation gelauscht und mit dem einen oder anderen fragwürdigen Zeitgenossen nicht nur freundliche Gespräche geführt. Wie bei meinem letzten Besuch waren hier doch wieder ein paar komische Leute anwesend, aber der Alkohol floss halt auch wieder in Strömen – besonders bei einem Konzert, das locker über fünf, sechs Stunden ging, und da sinkt das Niveau halt irgendwann zwangsläufig so’n bischn. Alles in allem wieder ‘ne ganz feine Sache, die da auf der Elbinsel geboten wurde, und ich wünsche den Veranstaltern, dass sie kein demotivierendes Minus gemacht haben.

07.09.2013, Höllerhof, Bielefeld: HAMBURGER ABSCHAUM + 5 DOSEN GUTE LAUNE + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

hillewood sommerfest 2013, bielefeldOptimistisch zeigte man sich in Bielefeld, als man das Sommerfest des Höllerhof-Wohnprojekts mit seinem zur Punk-WG umfunktionierten alten Bauernhaus und den Bauwagen auf dem opulenten Gelände auf das erste September-Wochenende datierte. Doch man befand sich eindeutig auf der Siegerseite, denn tatsächlich handelte es sich um das letzte pottenwarme Wochenende des Jahres, das mit spätsommerlichen Temperaturen zu diesem eigentlich zweitägigen Open Air einlud. Am Tag zuvor spielten bereits satte fünf Bands, u.a. PROPAGANDA NETWORK, die ich sehr gerne einmal live gesehen hätte, doch waren wir mit den MOTHERFUCKERS für den zweiten Tag eingeladen und war es uns am Freitag schlicht nicht möglich, bereits zu party-zipieren. Die Hinfahrt erwies sich als ebenso unkompliziert wie unspektakulär, mit der Bahn ging’s in die Hauptstadt der Bielefeld-Verschwörung. Dort angekommen lernte man während einer Bierrast direkt weitere Festivalbesucher kennen und wir waren schließlich sogar in der Lage, uns per Straßenbahn ein gutes Stück zu nähern, bevor es per Bus die letzten Meter zum am Stadtrand gelegenen Gelände zurückzulegen galt. Zwischenzeitlich sprangen dann Bewohner des Höllerhofs auf und geleiteten uns sicher zum Ziel. Dort angekommen war dann erst einmal alles so, wie man es sich als Band wünscht: Sofort wurde uns das Geld für Hin- und Rückfahrt in voller Höhe in die Hand gedrückt, es gab Speis und Trank und sehr ordentliche Pennplätze – besten Dank! Zu meiner Überraschung befand sich bereits einiges an berüchtigtem Hamburger Pöbel vor Ort, so dass es zudem noch ein halbes Heimspiel werden sollte. Wir machten dann schließlich den Anfang, der sich jedoch etwas verzögerte, da offensichtlich bislang unbemerkt am Tag zuvor die Bassdrum so sehr durchgeprügelt wurde, dass es das Fell komplett zerschossen hatte. Das Beschaffen von Ersatz hat leider nicht funktioniert und so galt es, das Fell notdürftig mit Gaffa zu flicken. Auch der Basssound wollte ein wenig improvisieren werden, dessen Umleitung über die Gesangsanlage erwies sich aber als einwandfreie Lösung. Mike, der seinen ersten Gig an der zweiten Gitarre bei uns spielen sollte, fachsimpelte viel mit dem gut aufgelegten Soundmann vor Ort und so bekam man mit vereinten Kräften das Kind geschaukelt. Der Gig selbst ging dann nach bester MOTHERFUCKERS-Manier über die Bühne, kam anscheinend ganz gut an und bis auf einen völlig versemmelten „Montag, der 13.“-Anfang gab’s auch keine gröberen Aussetzer zu vermelden. 5 DOSEN GUTE LAUNE anschließend war ’ne noch sehr junge Schrammelband, die sichtlich Spaß an dem hatte, was sie tat, wozu auch eine sehr eigenwillige, doch originelle Coverversion von „The Lions Sleeps Tonight“, anscheinend umgetextet auf einen örtlichen Neonazi, gehörte. Andererseits lud dieser Gig aber auch dazu ein, sich thematisch passend der Trash-Tomboloa zu widmen und sich dabei einen frisch gemixten Cocktail ins Resthirn zu schrauben. Ich gewann erfreulicherweise ein Lustiges Taschenbuch, während DMF-Bassist Stef eine Art Esoterik-Lektüre mit einer Vielzahl von Lebensweisheiten abstaubte, aus der er den restlichen Abend unablässig zitieren sollte – sehr zum Leidwesen aller anderen. Für DMF-Drummer Chrischan alias Dr. Tentakel wurde die Sause wieder zu einer Doppelbelastung, sitzt er doch auch beim HAMBURGER ABSCHAUM hinter der Schießbude und hatte mit ihm sogar am Tag zuvor schon einen Gig in Hannover. Doch wie üblich merkte man ihm davon überhaupt nichts an, generell präsentierte sich der vereinte ABSCHAUM frisch und frivol und trug Hamburger Lokalkolorit und Asitum in die weite Welt hinaus – mitsamt Kettensäge und Bierbauch-Show. Die Stimmung war auf ihrem Höhepunkt angelangt, mich sah man nur noch fröhlich vor der Bühne rumspringen und Hamburger Weisen skandieren, bis man anschließend am Lagerfeuer den Abend bei mehr oder weniger gehaltvollen Gesprächen ausklingen ließ. Astreine Party, handverlesenes, sympathisches Publikum und 1a-Gastfreundschaft – da kommt man doch gerne mal wieder, dann auch mit zwei, drei Songs mehr im Gepäck! Über die Rückfahrt am nächsten Tag mit Stinkor alias Lord Stinkeschuh schweige ich mich an dieser Stelle besser aus…

31.08.2013, Skorbut, Hamburg: DOGS ON SAIL

dogs on sailNach langer Zeit mal wieder die seit dem Sängerwechsel doch recht umtriebigen Segelhunde anschauen – das war ein guter Plan für den Samstagabend. Ein Kneipenkonzert im Skorbut, wo ich sie auch zuletzt zur Release-Party ihres noch immer aktuellen Albums sah. Auch zur Überraschung der Band war der Laden zum für meinen Geschmack etwas späten Beginn gegen 22:50 Uhr fast komplett gefüllt und von Anfang an ging’s – diesmal mit zweiter Gitarre verstärkt – gut ab: George ist in seiner Rolle als DOGS-ON-SAIL-Frontmann mittlerweile voll aufgegangen und führt absolut souverän und ohne Nervosität durch den Set. Unter ihm wirken die alten Songs rauer und aggressiver, die leiseren, zurückhaltenderen Parts versieht er mit einem originellen Flüstergesang und bei den dominanten, wütenden Refrains – gerade des neueren Materials – zeigt sich ein sich voll mit seiner Rolle und seinen Texten identifizierender Mensch, der sehr viel ehrliches Gefühl in die Songs legt. Kein Wunder, dass da der Funke aufs Publikum sofort überspringt, die ersten Bierspritzereien nicht lange auf sich warten lassen mussten und die eingängigen Refrains der englischsprachigen Punkrock-Songs mit Orange-County-Melodic-Schlagseite aus vielen heiseren Kehlen mitskandiert wurden. Ansonsten präsentierte man sich völlig schnörkellos, verzichtete weitestgehend auf Ansagen und setzte auch bei der Wahl der Coverversionen auf Altbekanntes: Immer noch die unverwüstliche KIM WILDE mit „Kids in America“ und die Guilty Pleasures PENNYWISE mit ihrer „Bro Hymn“. Auch ‘ne Zugabe musste sein (oder war das schon die „Bro Hymn“?) und nach schätzungsweise einer guten Dreiviertelstunde entließ man die Köter zurück in ihre Körbchen, jedoch nicht, ohne ihnen ein paar Leckerlis zuzuwerfen. Geile Scheiße für so Chappi-Fresser! 😉

16.08.2013, JUZ Reinbek: VIOLENT INSTINCT + THE MORTIS + YACØPSAE + BOLANOW BRAWL + KAOS KABELJAU

violent instinct + the mortis + yacøpsae + bolanow brawl + kaos kabeljau @juz reinbek, 16.08.2013Heidi und Christian haben geheiratet! Und direkt vom Standesamt ging’s ins Reinbeker Jugendzentrum, um dieses einschneidende Ereignis zünftig zu feiern. Schon früh wurden wir gefragt, ob wir mit BOLANOW BRAWL dort aufspielen wollten und sagten selbstverständlich zu. Zusammen mit drei oder vier anderen Bands sollte der Gig über die Bühne gehen, doch je näher der Termin rückte, desto stärker wurde das geplante Line-up durchgeschüttelt, rotierte munter das Band-Karussell: Die Oi!-Punks und -Skins von IN VINO VERITAS sahen sich gezwungen, ihren Auftritt wegen Querelen mit dem VIOLENT-INSTINCT-Drummer abzusagen. Evtl. sollten die Kolumbianer von INFESTO, die gerade in Deutschland weilten, noch vor ihrem Gig in der Lobusch spontan für ein paar Songs einspringen, was letztlich leider nicht klappte. KAOS KABELJAU kamen ins Gespräch, was jedoch bis zuletzt auf der Kippe stand, allein schon, weil man sich kurz zuvor von seinem Sänger getrennt hatte. Usw. usf. – die Zeichen standen auf Überraschungs-Line-up und selbst unser Gig auf der Kippe, da Lead-Gitarrist Ole auf Montage in Brasilien festhing und aufgrund eines Helikopterpiloten-Streiks nicht rechtzeitig nach Deutschland zurückkam. Kurzerhand hatten wir aber beschlossen, einfach auf die zweite Gitarre zu verzichten und schneller, lauter und dreckiger unser Set durchzuziehen – allerdings auch noch ungeprobt, weil die Urlaubssaison ausgebrochen war… Am Juz angekommen wurde, nachdem der zickige und unterkühlte Grill endlich lief, nicht nur für reichlich Freibier, sondern auch für Speisen gesorgt und nach gar nicht allzu langer Zeit betraten dann auch KAOS KABELJAU die Bretter, tatsächlich ohne ihren Sänger, also nur noch als Trio, wobei man sich den Gesang aufteilte. Dem deutschsprachigen Hardcore-Punk der Kiemenkaoten schadete das nicht unbedingt, allgemein wirkten die Songs etwas kompakter als zuletzt und war ein Fortschritt erkennbar, der der Band gut zu Gesicht stand. Das Fehlen des Sängers geht allerdings zu Ungunsten des Charismas der Band – mal schauen, wie sich das weiterentwickeln wird. Der Opener zu recht früher Stunde zu sein, ist natürlich immer eine etwas undankbare Aufgabe, aber man erntete Applaus und zog sich sehr achtbar aus der Affäre!
Dann schlug die Stunde der Wahrheit und wir fanden uns zum Soundcheck auf der Bühne ein. Ein paar technische Probleme wurden schnell gelöst und uns ein glaube ich ganz guter Sound zurechtgezimmert. Der Alkoholisierungsgrad unserer Band hatte jedoch einen neuen Rekord aufgestellt, zumindest, was die Zeit auf der Bühne betrifft. Bis auf einen neuen Coversong zogen wir das komplette Set durch, das dann doch recht dankbar aufgenommen wurde, da kam was vom Publikum zurück (und es war kein faules Obst!). Die Luft war noch gut und unverbraucht, meine Texte saßen souverän und dass Oles Gitarre fehlte, hörten wir natürlich an allen Ecken und Enden, störte das in Ermangelung von erhältlichen Aufnahmen nicht sonderlich mit dem Material vertraute Publikum aber natürlich weitaus weniger als uns. Wir machten schlicht das Beste aus der Situation und hatten viel Spaß dabei, laberten so viel Mist wie nie zuvor auf der Bühne und überspielten die etwas widrigen Umstände mit Grottenhumor. Christian an der einzig verbliebenen Gitarre sang zwischenzeitlich sogar ein Solo – hört man auch nicht alle Tage. Wie gesagt war der Funke übergesprungen und führte dazu, dass Heirats-Christian die Bühne besetzte und eine Zugabe forderte, als wir schon längst wieder am Einpacken waren. Also doch noch einmal „Total Escalation“ herausgepeitscht und Schluss!
Die Herren YACØPSAE, seit Jahr und Tag eine Hamburger Legende, wenn es um Klangerruptionen der heftigsten Sorte geht, waren nun an der Reihe und die orakelige Ansage, gleich den Laden leerzuspielen, sollte sich unverständlicherweise ein Stück weit bewahrheiten. Tatsächlich war das folgende Soundgewitter dem einen oder anderen anscheinend zu derbe, so dass sie sich lieber bei bestem Wetter vor der Tür tummelten. Auch unser Drummer Raoul versicherte mir noch mit Bolanow-geschwängertem Blick, dass Power Violence sein „Lieblings-Violence“ wäre – und ward anschließend nicht mehr gesehen. YACØPSAE begannen mit einem schleppenden Stück und ließen die tiefstgestimmten Instrumente röhren, beim pfeilschnellen Grindgedonner hatte ich dann durchaus meine Freude. Zugegeben, so richtig tanzbar ist das dann weniger, aber nach relativ kurzer Zeit (20 Minuten?) hatte der Spuk (?) auch schon wieder ein Ende und THE MORTIS aus Meppen, die mir nun so gar nichts sagten, legten los – und wie! Die Band machte einen sehr erfahrenen Eindruck und begann mit einigen Songs, die mich ein wenig an die flotteren älteren BACK-SABBATH-Songs mit ’ner Punknote erinnerten, was schon sehr ohrenschmeichelnd klang. Doch man hatte glatt noch ein Ass im Ärmel, tauschte kurzerhand die Bassgitarre gegen einen Kontrabass aus und änderte den Stil zugunsten hymnischen Punk’n’Rolls mit gewisser MISFITS-Horrorpunk-Kante, ohne Glenn Danzig & Co. stumpf zu kopieren. Das überraschte, denn manch einer hätte sicherlich eher mit Rocka- oder Psychobilly gerechnet. Mir hat der Stil außerordentlich gut gemundet und dem Rest der Anwesenden ebenfalls, wodurch der Abend seinen ersten echten Höhepunkt erreichte.
Währenddessen flossen auch die Erfrischungsgetränke in Strömen und VIOLENT INSTINCT um die charismatische Sängerin Aga und mit einem neuen Bassisten für die ausgeschiedene Viersaiterin hatten leichtes Spiel, den Ball aufzunehmen und zu verwandeln. 1A-Streetpunk mit intelligenten deutschen Texten, Genre-Klischees weitestgehend außen vor lassend und ebenso druckvoll wie leidenschaftlich vorgetragen. Der Sound war auch klasse und eingestreute Oi!-Klassiker wie „Watch Your Back“ und „Solidarity“ luden zum kollektiven Mitgrölen ein, während Aga immer wieder das Mikro ins Publikum reichte. BOLANOW-BRAWL-Bassist Stulle und ich feierten die Band gnadenlos ab und gaben uns den Rest. In meiner Erinnerung verließen wir nach dem Schlussakkord brav den Ort des Geschehens und traten die Heimreise an, doch Pustekuchen, wie mir meine glücklicherweise stets die Übersicht bewahrende Perle von Freundin am nächsten Tag eröffnete: Nach VIOLENT INSTINCT wurde noch fleißig weitergefeiert, bis Stulle und ich uns sogar noch einen waschechten Bolanow-Brawl lieferten – Authentizität ist eben alles!
Alles in allem war’s ’ne überaus gelungene Party bei und mit fitten Leuten in einem coolen Laden und mir bleibt nur, mich bei den Roses zu bedanken! Klar, ein paar mehr Leute hätten von mir aus ruhig noch reingepasst, aber dafür war’s eben ’ne Privatparty, die im Vorfeld nicht an die große Glocke gehängt wurde. Dass wir auch auf deren nächster Hochzeit spielen würden, verkneif ich mir an dieser Stelle aber aus gutem Grunde. 😉

01.08.2013, Hafenklang, Hamburg: LEFTÖVER CRACK + ANTI-VIGILANTE

leftöver crack + anti-vigilante @hafenklang, hamburg, 01.08.2013Am ersten August-Tag des Jahres ergab sich endlich einmal wieder die Gelegenheit, die grandiosen LEFTÖVER CRACK live zu beäugen und zu belauschen, jene US-Skacore-/Anarcho-Punk-Band, die seinerzeit aus den nicht minder genialen CHOKING VICTIM hervorging und meines Erachtens mal locker zu den besten derzeit existierenden Punkbands zählt! Ihr ureigener Sound, der so meilenweit entfernt ist von locker-flockigem Neo-Ska wie nur irgendwas und sich stattdessen als messerscharfe Mixtur aus aggressivem Hardcore-Punk mit Offbeat-Einlagen, nihilistischer Anarcho-Attitüde und wuchtigen, beinahe blackmetallischen Riffs mit entsprechendem Kreischgesang entpuppt, spielt in der obersten Liga und fischt dank seiner Eingängigkeit trotz der gebotenen Urgewalt in breitgefächerten Fan-Kreisen. Kein Wunder, dass das Hafenklang mal wieder rappelvoll war, als zunächst die Briten von ANTI-VIGILANTE den musikalischen Teil des Abends eröffneten und eher klassischen Skacore (sofern es so etwas gibt) mit trompetespielendem Sänger boten. Das war als Opener vollkommen ok, zumal sich der Sänger äußerst aktiv zeigte und die Band einen sehr spielfreudigen Eindruck machte. Jedoch kein Vergleich zu LEFTÖVER CRACK, die in der aktuellen Besetzung ohne den ausgeschiedenen Gitarristen Ezra die Bühne betraten, als das Klima im Hafenklang bereits so aufgeheizt war, dass einem nur vom friedfertigen Stehen am Rand schon der Schweiß den Körper heruntertriefte. Stza hockte sich zunächst mit Rücken zum Publikum hin, mischte sich in aller Ruhe ein alkoholisches Getränk zusammen, während die Band bereits spielte und das Publikum steilging. Nach einiger Zeit wandte auch er sich dem Publikum zu und schrie ganz in alter Form in hasserfüllten Songs seine Wut über all die Scheiße auf der Welt heraus, woraufhin es natürlich gar kein Halten mehr gab. Es ging tierisch rund und die bestens aufeinander abgestimmte Band peitschte eine Anti-Hymne nach der anderen in den gierigen Mob. Stza kümmerte sich zwischenzeitlich immer wieder um seine Drinks, erzählte auch mal ein paar humorvolle Anekdoten – LöC sind eben keinesfalls eine verbissene, ernsthafte Polit-Band – und ärgerte einen der beiden Gitarristen, der derweil so lange unter einem der vielen Leuchtstrahler an der Decke ächzte, bis das Ding irgendwann kurzerhand weggedreht wurde. Die Jungs kamen sehr sympathisch rüber, überhaupt nicht wie drogensüchtige Vollfreaks, als die sie nicht selten offensichtlich angesehen werden, und lieferten eine 1A-Darbietung, an der es nun wirklich so überhaupt gar nichts zu mäkeln gab. Gut, ein Thema für sich ist natürlich die Setlist, doch da hat man es als Band, die ungelogen fast NUR Hits vorzuweisen hat, naturgemäß nicht leicht. Ich war mit der Songauswahl hochzufrieden und freute mich besonders, dass auch relativ viel altes CHOKING-VICTIM-Material berücksichtigt wurde. Gänsehaut verursachte z.B. „Infested“, das sich seinerzeit nicht einmal auf dem einzigen regulären Album der Vorgängerband befand. Stza war offensichtlich auch sehr angetan von den Publikumsreaktionen und stürzte sich mitsamt Mikro während eines Songs in bzw. auf die Meute zum Crowdsurfen und sang dabei unbeirrt weiter – find ich ja ehrlich gesagt immer beeindruckend, so was. Mit Zugaben wurde auch nicht gegeizt, der „Crack Rock Steady“ fand mit Unterstützung vom ANTI-VIGILANTE-Sänger statt, was verdammt gut kam. Und ich glaube, hinterher waren sich ausnahmslos alle einig, dass das ein verdammt geiler Gig einer verdammt geilen Band war! Die könnte ich mir locker alle paar Wochen angucken, der apokalyptische und doch voller Ohrwürmer steckende, verdammt abwechslungsreiche Sound der Straßen- und Häuserkampf-erprobten, Zensur- und Auftrittsverbot-geplagten nihilistischen Freidenker macht süchtig – wie Crack!

Etwas unglücklich: Trotz voller Hütte blieb die Garderobe des Hafenklangs geschlossen, was besonders nervig für diejenigen war, die im Getümmel auf ihre Rucksäcke etc. achtgeben mussten und letztlich durch Sack und Pack den Laden noch voller machten, als er ohnehin schon war. Tut nicht not.

20.07.2013, Café Flop, Hamburg-Bergedorf: BOLANOW BRAWL + IN VINO VERITAS

Das Café Flop in Hamburg-Bergedorf ist ein sympathisches Jugendzentrum am Hamburger Stadtrand, in dem ich früher so manch launigen Abend verbracht hatte. Nachdem ich im vergangenen Jahr nach langer Abstinenz mal wieder vor Ort war und Zeuge eines hammergeiles Konzerts wurde, hatte ich den Laden wieder auf dem Schirm und freute mich umso mehr, als die Spinal Tap des Oi!-Punks, die Hamburger Lokalheroen IN VINO VERITAS um Frontsau Ladde anfragten, ob wir nicht Bock hätten, mit ihnen dort zu spielen. Ein ungeschriebenes Gesetz jedoch besagt, dass kein IVV-Gig reibungslos über die Bühne geht, schon gar nicht in Hamburg. So trug es sich an jenem extrem heißen Tag anscheinend zu, dass die verdammt früh schon vor Ort eingetroffene Band mit den Aufbauarbeiten quasi allein gelassen wurde, zu denen nicht nur der Bühnenaufbau inkl. Soundanlage und Abmischung zählte, sondern auch Gerüstbau für Fortgeschrittene, um den sich mitten vor der Bühne befindenden Kellereingang (!) den Anforderungen der Berufsgenossenschaft gerecht werdend zu versiegeln. Das Equipment vor Ort war dann wohl auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, die Gesangsanlage musste erst mal repariert werden, eine Gitarrenbox fehlte etc. Glücklicherweise hatte man im kleinen Bruder von IVV-Gitarrero Simon einen verdammt fitten Techniktüftler dabei, der Verantwortung übernahm und den Durchblick behielt. Was wir an vor Ort fehlendem Equipment noch zusammenkratzen konnten, packten wir kurzerhand in die Karre und auf ging’s nach Bergedorf, um beim Rest des Aufbaus zu helfen und irgendwann schließlich einen Soundcheck absolvieren zu können. Das alles war noch recht früh am Tage, denn in Bergedorf hatte man zudem wohl verpeilt, dass am Tag, der IVV fürs Konzert zugesagt worden war, wohl eigentlich ein Ska-/Reggae-Nighter stattfinden sollte, weshalb man den Beginn des Gigs auf 19:00 Uhr vorverlegte. Optimale Voraussetzungen also, da konnte doch nix mehr schief gehen (Vorsicht, Ironie). Dass sich bei Temperaturen oberhalb 30°C keine Menschenmassen um 19:00 Uhr an den Arsch von Hamburg verirren würden, um sich zwei selbst lokal noch nicht allzu bekannte Bands anzusehen, war von vornherein klar, also galt es, das Beste draus zu machen. Leider ließ man uns aufgrund des Jugendzentrums-Status der Lokalität nicht mit unserem zuvor in örtlichen Supermärkten händeringend gesuchten Bolanow-Ersatzliquiden passieren, sprich: Statt Erdbeermulle als Bolanow-Ersatz gab’s gar nix fürs Publikum, dafür schüttete sich meine Band das Zeug aber einfach fast komplett selbst in die Rübe. Nachdem wir den Beginn erfolgreich bis um 19:30 Uhr herausgezögert hatten, begannen wir wie üblich unser Set mit „Crossed Your Plans“, doch statt eines nahtlosen Übergangs in „Total Escalation“ gab’s direkt eine kleine Zwangspause, denn fast zeitgleich löste sich mein Mikrokabel, riss Christian eine Saite und ging Raoul eine Trommel flöten. Unfassbar!? Welch Pannenserie gleich beim ersten Song! Aber Augen zu und durch, alles halb so wild, Mikrokabel gegen ein wenn auch nur wenig besseres Exemplar getauscht, Gitarre gewechselt und schnellgestimmt und die olle Tom wurde eh nicht benötigt. Den vielleicht 25 Interessierten bot sich im Anschluss eine pannen- und weitestgehend fehlerfreie Show, die uns auf der Bühne Spaß machte und augenscheinlich manch Gast ebenfalls. Bassist Stulle nutzte die Zeit zwischen den Songs für zahlreiche Verweise auf IN VINO VERITAS, die den Ball wiederum später wieder zurückspielten. Eine Zugabe wurde gefordert, woraufhin wir uns erstmals an der OXYMORON-Coverversion „We Rule Ok“ versuchten – ja, das geht noch besser… Die Pflicht lag hinter uns, es folgte die Kür, die darin bestand, uns vom Café Flop mit Kaltgetränken verwöhnen zu lassen und uns IN VINO VERITAS anzuschauen, noch immer einer der ersten Gigs in der neuen Besetzung. Während unser Sound wohl aufgrund der etwas schwachbrüstigen Anlage besonders in Hinblick auf den Gesang recht matschig unten ankam, hatten IN VINO VERITAS zunächst etwas mit dem Gitarrensound zu kämpfen. Als der aber erst einmal bestmöglich justiert war, hagelte es eine ungestüme Brachial-Oi!-Kelle nach der anderen, verbale Ohrfeigen, Tritte in den Allerwertesten aller Besserwisser, Doppelmoralisten und Spießer. Die Band erschien mir schon sicherer und besser aufeinander abgestimmt als vor ein paar Monaten während des ersten Gigs dieser Besetzung. Gossenpoetische deutsche Texte und hymnische Refrains luden zum Mitgrölen ein, der engagierte Background-Gesang trug sein Übriges dazu bei. Rabiater Sound für rabiate Zeiten, energisch und nicht ohne Charme überzeugend vorgetragen. Mir gefiel’s und damit war ich nicht alleine. Und während IVV zu Ska- und Reggae-Klängen noch Gerüste abbauten, befanden wir uns schon wieder auf dem Rückweg und wurden Zeuge eines mitteilungsfreudigen Busfahrers, der uns auf spaßige Weise über die möglichen Folgen übermäßigen Alkoholkonsums während der Fahrt zum Bergedorfer Bahnhof aufklärte. Danke an alle, die der Sause beigewohnt haben, besonders denjenigen, die sämtliche inneren Schweinehunde überwanden und von etwas weiter anreisten – was der Großteil gewesen sein dürfte, denn wirklich lokales Publikum war bis auf die Flop-Crew kaum vertreten. Trotz aller organisatorischer Ungereimtheiten ein gelungener Abend und auch die Flopper erwiesen sich als nette, umgängliche Leute, weshalb wir gerne wiederkommen – vielleicht mit ein paar mehr im Vorfeld geklärten Details. 😉

17.07.2013, Skorbut, Hamburg: SWINGIN’ UTTERS

swingin' utters @skorbut, 17.07.2013Ca. zweieinhalb Jahre nach meinem letzten Besuch eines Konzerts der schwingenden Euter (wie die Zeit vergeht…) hatte ich wieder richtig Bock auf diese doch recht eigenständige US-Streetpunk-Band, vor allem dann, wenn sie in meiner Stammkneipe, dem Hamburger Skorbut an der Reeperbahn, zocken. Wie üblich verzögerte sich der Beginn etwas, doch als es losging, war reichlich Publikum anwesend – eine Band wie die UTTERS zieht eben auch mitten in der Woche genug interessiertes Volk an. Die sich gerade auf Tour befindende Band, genauer: ihr Sänger machte zunächst einen etwas bocklosen Eindruck, aber das ist wohl schlicht die zur Show gehörende, gespielt uninteressierte, arrogante Art, der man nicht zu viel Bedeutung beimessen sollte, wenngleich er mit seinem Pennerbart durchaus bischn abgewrackt aussah. Zu Beginn gab’s dann auch gleich gröbere Probleme mit den Mikros, doch man kümmerte sich jeweils sofort darum und die Band ließ sich davon nicht beeindrucken, dafür ist sie mittlerweile viel zu abgewichst. Nach wenigen Songs zum Warmwerden gab’s dann auch für manch einen inkl. meiner kein Halten mehr und man legte eine kesse Sohle aufs Parkett der engen Kneipe. Zugegeben, die letzten beiden Alben habe ich noch gar nicht gehört, besonders übers letzte Werk hört man nicht nur Gutes. Ich bin ja sogar der Meinung, dass sich auch auf den älteren Alben manch „Filler“ befand und es davon auch welche in die Live-Sets schafften, was mich nie zu einem bedingungslosen Abfeierer der UTTERS machte. Und so erklang auch diesmal manch eher lahmer Song vermutlich von der aktuellen Platte, den ich zumindest beim erstmaligen Livehören nicht allzu prickelnd fand. Dafür war bei den über jeden Zweifel erhabenen Klassikern aber umso mehr los und das ganze Ding machte richtig Laune! Der Sänger sang sich bisweilen herrlich in Rage und zeterte seine Texte mit geballter Faust und auf der Stelle stehend ins Mikro. Auf die Songs mit starken Folkeinflüssen verzichtete man leider komplett, was vermutlich einer dafür benötigten anderen Instrumentierung geschuldet war. Am Ende gab’s noch einen zünftigen Zugabenblock und das war’s dann – ein sehr unterhaltsames, gut gespieltes und vor allem freucht-fröhliches Konzert vor sympathischem Publikum war vorbei, das sich in jedem Fall gelohnt hat, ob nur für beinharte Fans der Band oder für diejenigen, die einfach Bock auf bischn authentischen Streetpunk hatten. Die anschließende Reise gen Schleswig-Holstein in verschwitztem, verschmutztem und angetrunkenem Zustand mit öffentlichen Verkehrsmitteln erwies sich hingegen als kleine Odyssee und nach eigentlich zu wenigen Stunden Schlaf saß ich schon wieder auf Arbeit, aber that’s Working Class Rock’n’Roll – fuck you! (ächz…)

06.07.2013, Juki 42, Ahrensburg: ARRESTED DENIAL + GANG CONTROL + BOLANOW BRAWL

arrested denial + gang control + bolanow brawl @juki 42, ahrensburg, 06.07.2013An einem verdammt heißen Juli-Tag stieg das alljährliche antirassistische Fußballturnier auf dem Sportplatz vorm Ahrensburger Jugendzentrum Juki 42, im Anschluss daran sollte wie üblich ein Konzert im Inneren des Juz stattfinden. GANG CONTROL aus Schweden sowie die aktuellen Hamburger Streetpunk-Senkrechtstarter ARRESTED DENIAL standen schon länger als Bands fest und als True-Rebel-Alex im Juni fragte, ob wir mit BOLANOW BRAWL nicht ebenfalls dort spielen wollten, zögerten wir nicht lange und sagten zu. Was hatte ich nicht früher, als Alex noch vornehmlich in Ahrensburg seine Konzerte veranstaltete, für geile Partys dort gefeiert, welch geniale Bands dort erleben dürfen! Auch das letztjährige Antira-Konzert war mir noch in sehr guter Erinnerung und so freute ich mich derbe darauf, auch selbst einmal jene legendäre Bühne beackern zu dürfen! Am späteren Nachmittag trafen wir ein, sahen eine Menge bekannter Gesichter und bekamen noch den Schluss des Turniers mit. Um das Juki 42 waren Getränke- und Essensstände aufgebaut worden, zu geringen Preisen war für das leibliche Wohl gesorgt. Bühnenaufbau sowie Sound- und Linecheck gingen angenehm flott über die Bühne und unsere Ansprechpartner vor Ort zauberten uns rasch einen amtlichen Bühnensound zurecht. Die Schweden waren für nur zwei Gigs in Deutschland, am Tag zuvor bereits in Flensburg gewesen und mussten direkt nach ihrem Auftritt die Heimreise antreten. So ergab sich, dass wir zuerst, dann GANG CONTROL und am Schluss ARRESTED DENIAL spielen sollten. Damit alle problemlos noch eine Bahn in die Stadt bekommen können und um möglichst viele Leute vom Turnier noch zum Konzert zu locken, sollte der Gig recht früh beginnen. Doch als wir gegen ich glaube 19:30 Uhr die Bühne betraten, kann man nun nicht sagen, dass sich sonderlich viele Sportsfreunde für uns interessiert hätten. Gut 20 Leute werden es gewesen sein, die mit Anwesenheit glänzten, als wir unser zehn Songs umfassendes Set zum Besten gaben, das sich ziemlich gut anfühlte, spieltechnisch war alles im Lot und auch textlich/gesanglich zeigten sich bei mir keine Unsicherheiten. Der Beginn einer positiven Art von Routine? Jedenfalls machte der Auftritt Laune, den Anwesenden gefiel’s, es wurden sogar Mitsingversuche unternommen und mit Bier gespritzt. Alright! Doch anstatt dass nach uns als Nachzügler-Vorband nun ein paar mehr Leute die lumpigen 5 Taler löhnen und sich die schwedischen Gäste reinziehen, tat sich diesbzgl. nichts und GANG CONTROL spielten vor dem selben versprengten Haufen. Tja, wer sich die aus welchen Gründen auch immer hat entgehen lassen, hat definitiv etwas verpasst, denn GANG CONTROL spielten eine wilde Mischung aus Hardcore-Punk mit Offbeat-Einlagen, hart und schäbbig, immer wieder an Bands wie CHOKING VICTIM bzw. LEFTÖVER CRACK erinnernd. Die zotteligen Skandinavier kamen zudem sehr sympathisch rüber, das Gesamtpaket stimmte und wir hatten unseren Spaß. Einziger Wermutstropfen war der Sound VOR der Bühne, der nicht sonderlich differenziert klang… Was sich nach der Abreise der Schweden während des ARRESTED-DENIAL-Gigs allerdings für ein Bild bot, spottet eigentlich jeder Beschreibung: Nahezu JEDER zahlende Gast, der nicht mit einer der Bands gekommen war, war mittlerweile verschwunden, obwohl es noch immer für ein Punk-Konzert verhältnismäßig früh am Abend war. Da steht nun also eine Band auf der Bühne, die bereits zwei Alben draußen, überall positive Kritiken eingefahren und gerade erfolgreich eine Serbien-Tour absolviert hat, und niemanden interessiert’s?! Was war da los? Kann es einen größeren Beweis für eine offensichtliche Übersättigung eines verwöhnten Publikums geben, das Gigs wie diesen einer Band diesen Kalibers einfach links liegen lässt? Ich bin entsetzt! Tapfer spielten sich ARRESTED DENIAL durch ihr Set und ließen sich von weniger als einer Handvoll Leute, die mit dem Material recht gut vertraut waren, feiern, machten souverän gute Miene zum seltsamen Spiel. Der Sound war mittlerweile leider nur noch ein einziger Matsch, aber das änderte jetzt auch nicht mehr viel. Fazit: Ein schöner Abend unter fitten Leuten, aber vom Ahrensburger Publikum bin ich enttäuscht.

P.S.: Dafür gestaltete sich die nächtliche Rückfahrt in die Stadt per Regionalbahn, in der immerhin das Saufen noch erlaubt ist, noch sehr spaßig, inkl. Pimmelshow und genervter Schaffner. Man muss die Feste einfach feiern, wie sie fallen – merk dir das, Ahrensburg! 😉

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