Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 32 of 44)

14.03.2014, Holstenkamp, Hamburg: INBREEDING CLAN + KACKREIZ + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

inbreeding clan + kackreiz + disillusioned motherfuckers @holstenkamp, hamburg, 14.03.2014Theo feierte ihren Geburtstag und organisierte aus diesem Anlass ein Konzert auf dem Holstenkamp, wo sie zusammen mit x anderen Punks die ehemaligen Räumlichkeiten eines Pflegeheims bewohnt, die zu einer Art riesigen Punk-WG umfunktioniert wurden. Dafür liegt die ganze Chose aber auch ein bisschen dezentral, grob orientieren kann man sich am Rondenbarg, also Ecke Diebsteich da irgendwo. Pünktlich traf ich mich mit den anderen MOTHERFUCKERS am Proberaum, wo einer der Holstenkamper so nett war, unser Equipment mit einem alten Caddy abzuholen. Aufgrund der nur rudimentären Ausstattung vor Ort nahmen wir neben dem üblichen Kram Teile unserer Proberaum-P.A. mit. Bis dahin ließ sich alles ganz gut an. Einer fuhr beim Fahrer mit, wir anderen vier reisten in punk-typischer Dekadenz mit dem Taxi an. Keiner von uns Taxifahrern war schon einmal vor Ort und auch der Taxifahrer wusste nicht so ganz genau Bescheid, aber nach kurzem Fußmarsch war die „Hütte“ gefunden. Das Garagentor stand offen, das dort stehende sparsame Equipment und das vom Rondenbarg geliehene Schlagzeug zeigten an, dass hier der Gig stattfinden solle. Allerdings waren wir zunächst allein da unten und niemand gab sich uns als Ansprechpartner oder gar als Verantwortlich für das Technik-Gedöns zu erkennen. So kam es, dass den Aufbau kurzerhand wir übernahmen (dabei federführend: der sich damit glücklicherweise bestens auskennende Mike). Das hatte zur Folge, dass irgendjemand von uns immer wieder in den Wohnkomplex lief, um Kabel, wat zu trinken etc. ranzuschaffen. Dort stellte sich heraus, dass die Party bereits seit Tagen in Gang war und sich eine gewisse Katerstimmung breitgemacht hatte, die das Ganze nicht unbedingt vereinfachte. Irgendwie bekamen wir jedoch tatsächlich einen amtlichen Aufbau inkl. P.A. zusammenimprovisiert, hatten letztlich aber nur ein einziges – mein – Gesangsmikro für drei Bands. ZWECKENTFREMDUNG hatten im Vorfeld abgesagt, übrig blieben wir drei anderen, die auch allesamt vor Ort waren. An einen Beginn um 20:00 oder gar 19:00 Uhr war jedenfalls keinesfalls zu denken und bis alles stand, verstrich die eine oder andere Stunde. Langsam aber sich kamen einige Gäste zusammen, womit wir gar nicht unbedingt gerechnet hatten, da diverse Konkurrenzveranstaltungen um die Gunst des Publikums buhlten. Der Pöbel verteilte sich aber im Gebäude und lief wild durcheinander, bis wir irgendwann kurzerhand beschlossen, dass 21:30 Uhr eine gute Zeit zum Beginnen wäre und zehn Minuten vorher marktschreierisch diese Kunde durch die diversen Räumlichkeiten kolportierten. Glücklicherweise war’s auch möglich, die grelle Leuchtstoffröhre über der Bühne auszuschalten und so legten wir mit „Aktion Mutante“ los. Und siehe da, die Garage war amtlich gefüllt und der Mob sprang jauchzend und vergnügt über den Beton, hatte Bock und Spaß. Da es irgendwie außer Bier nichts zu trinken und zu essen schon gar nichts gab, hatte ich mittlerweile auch einen nicht von der Hand zu weisenden Pegel, der in Kombination mit dem Adrenalinausstoß zu einer von jeglicher Nervosität keinerlei Spur mehr aufweisenden Performance von mir führte, aber auch die Konzentration erschwerte und mich ein, zwei Mal die Texte versemmeln ließ. Vom zu großen Teilen noch volleren Publikum merkte das niemand und der Party tat’s keinen Abbruch. Seine Live-Premiere hatte unser jüngster Song „Nie der Plan“, der sich als echter Stimmbandzerfetzer herauskristallisiert, aber da muss ich ebenso durch wie das Publikum… Der geile Gig hatte für den ganzen Aufwand im Vorfeld entschädigt und nun gab ich mir richtig die Kante zu KACKREIZ, die sich als Kölner natürlich als waschechte Karnevalisten entpuppten und in abgefahrenen Kostümen schmutzige Lieder sangen, wobei es die Background-Sängerin nicht ganz leicht hatte, so ganz ohne Mikrofon. Beim geschmackvoll ausgewählten NORMAHL-Cover „Exhibitionist“ zog der Sänger/Gitarrist blank und es mich nach vorne zum Mitgrölen. Zumindest obenrum nackig machte ich mich nach diesem kurzweiligen und amüsanten Gig mit viel Asi-Charme aber erst bei INBREEDING CLAN, die ich für eine der interessantesten aktuellen Hamburger Bands halte. Wann immer die Band um Sänger Floh auftritt, kann ich nicht an mich halten, muss ich mich zwanghaft betrinken und durchdrehen. Norddeutscher Scum-Punk vom Feinsten, die beste „Ghostriders in the Sky“-Coverversion wo gibt und die Ausstrahlung atomar verstrahlter Höhlenbewohner machen die Band, die in ihrer Authentizität gar nicht auf irgendeine Theatralik setzen muss, zu etwas ganz Eigenem und Besonderem. Flohs kaputter Kloaken-Gesang, der treibende Bass und die Uffta-Drums gehen ohne Umwege direkt ins Bein und provozieren grobmotorische Eruptionen. Aus dem Konzept hab ich mich auch nicht bringen lassen, als, wie man mir erzählte, irgendeine volltrunkene Spaßbremse anscheinend der Meinung war, ich hätte ihn beim Pogo zu doll angerempelt, woraufhin er in meinem Rücken stets versuchte, mich umzustoßen – was ihm beim x-ten Anlauf schließlich gelang. Dafür hat er sich einen trotz meines Zustands gezielten Faustschlag eingefangen, woraufhin er sich nicht entblödete, mit einer Flasche auf mich losgehen zu wollen. Das unterbanden jedoch meine aufmerksamen Bandkollegen, woraufhin ich in Ruhe weiterfeiern konnte. Der Depp gab trotzdem keine Ruhe und versuchte, seinerseits Schläge zu platzieren, was ich allerdings nicht einmal wahrnahm und nach einem weiteren Einschreiten meiner Kollegen war dann auch Sense. Ab dem grandiosen INBREEDING-CLAN-Auftritt (wie schafft es Floh eigentlich, volltrunken noch so einen Auftritt abzuliefern?!) verschwimmt meine Erinnerung doch arg. Ich weiß noch, dass Leute der drei Bands miteinander jamten und damit auch zu mittlerweile weit fortgeschrittener Stunde die eigentlich so ruhige Gegend zwischen Pflegeheim und Friedhof beschallten (das Garagentor stand die gesamte Zeit weit offen – mich wundert, dass keine Bullen antrabten), ich anschließend noch den CLAN mit dummen Sprüchen nervte und irgendwann auf einem Bett sitzend einfach nach hinten umkippte und einschlief. Auch andere haben beim Gerangel bei INBREEDING CLAN leichte Blessuren davongetragen und bereits bei KACKREIZ gab es Ärger mit irgendeinem Typen, der ohne ersichtlichen Grund auf Kai losging. Überblick über irgendetwas hatte am Schluss auch niemand mehr, richtig ansprechbar war kaum noch jemand. Solche vermutlich schnapsbedingten Begleiterscheinungen werfen dann natürlich doch ihre Schatten auf einen Abend im tiefsten Untergrund, aus dem ansonsten das Beste gemacht und das Maximum herausgeholt wurde und der noch rustikaler eigentlich gar nicht hätte sein können. Dass mein altes Mikro am Ende auch noch seinen Geist aufgab, verbuche ich aber unter normalem Materialverschleiß – ebenso meine gefürchtete Kombination aus Alkohol- und Muskelkater am nächsten Tag. Das Geburtstagskind erwies sich im Nachhinein übrigens als sehr dankbar und weiß das Engagement aller Bands zu schätzen. Und gestorben ist meines Wissens auch niemand. 😉

08.03.2014, Villa, Wedel: DOGS ON SAIL + FIRM HAND + BOLANOW BRAWL

dogs on sail + firm hand + bolanow brawl @villa, wedel, 08.03.2014

Dass schon wieder ein Jahr rum ist, merkt man i.d.R. daran, dass die Wedeler Namensvettern Lars und Lars das Frühjahr mit ihrer Geburtstagsparty einläuten, einer festen Institution im Wedeler Veranstaltungskalender. Wie üblich findet die Sause in Form eines Punk/HC-Konzerts in der für solche Unterfangen prädestinierten Villa statt, die u.a. durch unmittelbare Bahnhofsnähe glänzt und dadurch auch zum attraktiven Ausflugsziel vieler Hamburger wird, denen man ja sonst gern eine gewisse Reisefaulheit selbst nur über Stadtteilgrenzen hinweg nachsagt. Zu meiner besonderen Freude durfte ich erneut nicht nur als Gast, sondern als Akteur mit von der Partie sein, diesmal in meiner Funktion als Sänger von BOLANOW BRAWL. Nach den ersten Freigetränken und der Verköstigung deliziösen Chili con Veggie-Carnes begannen wir ich glaube gegen 21:30 Uhr und, ja, in den vergangenen Jahren dürfte die Villa etwas voller gewesen sein. Doch auch so konnten wir uns über mangelnde Resonanz nicht beklagen. Die vielleicht 50, 60 Männ- und Weiblein sahen unseren ersten Wiedergutmach-Gig nach der alkoholbedingten Vollkatastrophe im Skorbut und damit eine Band, die sich nach eben jenen Erfahrungen ein klein wenig, naja, „seriöser“ darstellte und konzentrierter als zuletzt. Das resultierte in einem weitestgehend fehlerfreien Gig, der auf der Bühne genauso viel Spaß machte wie hoffentlich davor, wo manch einer Tanzbeine schwang, skandierte oder wenigstens grobmotorisch zuckte. Die Setlist wurde umgekrempelt, ganz bescheiden begannen wir mit Oxymorons „We Rule Ok“, das sich nun seinen festen Platz im Set gesichert hat, und präsentierten mit „Man on the Run“ ein brandneues Stück. Als eigentlich nicht geplante Zugabe gab’s noch einmal „Total Escalation“ und dann war der Drops gelutscht. Der fähige und sehr entgegenkommende Mischer dürfte uns einen guten Sound zurechtgefriemelt haben, denn der Soundcheck lief gut und auch die folgenden beiden Bands klangen klasse. Nun konnten auch wir also so richtig zu feiern beginnen und zogen uns FIRM HAND rein, eine Hamburger Nachwuchs-Hardcore-Combo mit sehr fitten Musikern, zwei zünftigen Gitarren und einem engagierten, aggressiven Shouter. Einer der Höhepunkte des Sets war die THIS-BELIEF-Coverversion „Justice“, dargeboten zusammen mit Ex-THIS-BELIEF-Frontmann Valentin. Ein absolut überzeugender Gig, wenn auch in manche Ohren so’n knochentrockener, schnörkelloser Hardcore-Sound nicht ganz so glatt reingeht wie melodischeres Zeug und das Publikum sich vermutlich deshalb in erster Linie in rhythmischem Kopfnicken und interessiertem Anschauen/Zuhören übte. Die famosen DOGS ON SAIL waren im Vorfeld eine meiner Wunschbands für das Konzert und ich hab mich sehr darauf gefreut, einmal mit ihnen zusammenspielen zu können. Die sympathischen Hamburger Streuner haben mittlerweile 2,5 geile Platten draußen und den Sängerwechsel unbeschadet überstanden. George ist ein charismatischer und sicherer Frontmann, der mit die Band mit Street-Credibility versieht und sich voll reinhängt, den hymnischen Punkrock-Songs seinen eigenen Stempel aufdrückt. Insofern ist es mir absolut unverständlich, weshalb offenbar ein Teil des Publikums nach FIRM HAND bereits gegangen war und die Verbliebenen überwiegend die von uns propagierte totale Eskalation verweigerten!? Mir jedenfalls war nach Party zumute und so feierte ich jeden Song gebührend ab, inkl. des KIM-WILDE-Covers „Kids in America“, das nun nicht mehr Drummer Flo, sondern ebenfalls George ins Mikro schmettert. Klasse Songs und klasse Gig einer Band, der ich etwas mehr Publikumsresonanz gewünscht hätte. Aber auch so war’s mal wieder ein überaus gelungener Abend, der wie üblich in einer feuchtfröhlichen Rückfahrt per S-Bahn mündete, während der der HVV-Knigge in mancherlei Hinsicht ignoriert wurde. Danke an Lars, Claudia, Lars und die Villa – bis nächstes Jahr!

24.02.2014, MarX, Hamburg: ENFORCER + SKULL FIST + VANDERBUYST + GENGIS KHAN

enforcer + skull fist + vanderbuyst + gengis khan @marx, hamburg, 20140224Ein Montagabend im Zeichen des Metals. Bandprobe abgesagt, pünktlich Feierabend gemacht und auf zur Markthalle (bzw. deren kleiner Schwester, dem MarX), leider allein – niemand in meinem Freundeskreis ist so irre, an einem Montagabend ein solches Konzert aufzusuchen. Egal, vorgenommen, nüchtern zu bleiben und den Bands, ähm, „interessiert zu folgen“, was bei Metal-Shows eigentlich immer ganz gut klappt. Kutten wohin das Auge blickt, entspannte Leute, und ein pünktlicher Start von GENGIS KHAN. CSU-Bonze Leslie Mandoki zu feuern war längst überfällig, die musikalisch etwas härtere Ausrichtung stand der Band auch nicht schlecht zu Gesicht und besonders der Drummer lieferte eine geile Show, ließ die Sticks kreisen, warf sie hoch, fing sie wieder auf und durfte die Chose durch ein gelungenes Drum-Solo auflockern. Das Songmaterial erschien mir trotz allem aber eher unspektakulär und auf den alten Smashhit „Dsching, Dsching, Dschingis Khaaan, hey Reiter, ho Reiter…“ musste ich ganz verzichten. Oder hab ich da was verwechselt? Im Ernst: Italo-Metal der okayen Sorte.

VANDERBUYST kannte ich schon live, spielen partytauglichen Hardrock/Metal mit ‘70s-Vibe. Machen live immer Laune, zumindest dann, wenn die Kaasköppe bischn härter zur Sache gehen. Die Bude war mittlerweile voll, die Band wurde sehr gut angenommen, aber mir gelüstete es nach mehr Speed.

Die Kanadier SKULL FIST scheinen voll und ganz für ihre Musik zu leben und veröffentlichen Platten mit geilen gezeichneten Covern mit so’nem Totenwasserkopp druff und spielen einen interessanten atmosphärischen Oldschool-(Speed-)Metal-Sound. Der Sänger agiert in den höheren Tonlagen und manch hochmelodische Akkordfolge schmeichelt sich zu hymnenartigen Refrains ein. Das kommt irgendwie gut und war ehrlich gesagt der Hauptgrund für mich, dieses Konzert zu besuchen. Da die als einzige aber keinen eigenen Banner dabei hatten, hielt nicht nur ich die Jungs auf der Bühne aufgrund der Ähnlichkeit des Sounds zunächst für ENFORCER, deren Banner von der Bühne prangte. Ließ sich aber auch schlecht heraushören, denn der Livesound war zunächst für den Allerwertesten: Gesang zu leise, die Tiefen haben alles überdröhnt – und zwar total verzerrt. Wurde später aber besser und die Band war supergeil! Grandiose Show, feinster Street Speed Metal mit Hymnencharakter. Die Band steigerte sich voll rein, setzte Unmengen Energie frei, sprang in den feiernden Mob, ließ sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Händen tragen. Auch das Publikum setzte immer wieder zum Crowdsurfen an, manch Brille wurde von der Nase gefegt, einer dürfte sich auch verletzt haben. Die Stimmung blieb aber positiv und friedlich. SKULL FIST mussten folgerichtig für ’ne Zugabe ran und haben mich vollends überzeugt!

skull fist live @marx, hamburg, 24.03.2014

Skull Fist live – da wird auch schon mal über den Kopf des Publikums hinweg soliert

Die Schweden von ENFORCER bildeten dann den krönenden Abschluss und waren ’ne glatte Eins, unfassbar intensiver Speed Metal, wahnsinnige Konditionsleistung der Band, viel geiler als auf Platte, Energie pur! Und dann coverten sie auch noch „Countess Bathory“ von VENOM… Gab zwei Zugaben und war der absolute Oberhammer! „Katana“, „Live for the Night“, „Satan“ ein energisch vorgetragener Kracher nach dem anderen, Adrenalin pur, 100%ig authentische Darbietung. Ich wusste, dass ENFORCER gut sein würden, ich kannte die ersten beiden Alben und war vertraut mit dem schnörkellosen, melodischen Oldschool-Speed-Ansatz der Truppe um den blonden Frontmann, aber einen solchen Orkan hatte ich nicht erwartet. Schwer beeindruckt und tatsächlich quasi-nüchtern ging’s ins Bett, während ich noch darüber grübelte, woher diese Band ihre Energie auf einer solchen Tour nehmen, während ich nach nur einem Gig mit einer meiner Combos eigentlich schon ein Fall für die Reha bin…

08.02.2014, Lobusch, Hamburg: OI POLLOI + HAMBURGER ABSCHAUM

oi polloi + hamburger abschaum @lobusch, hamburg, 08.02.2014Endlich mal wieder die schottischen Anarchos von OI POLLOI, und dann auch noch zusammen mit dem HAMBURGER ABSCHAUM, der nun endlich sein Album draußen hat – das klingt nach ‘ner geilen Party! Dank BOLANOW-BRAWL-Gesangsaufnahmen schon gut angeheitert, kam ich reichlich spät und hatte Glück, überhaupt noch in die rappelvolle Lobusch hineingelassen zu werden. Dort gab der ABSCHAUM gerade sein eigens für den Soli-Sampler für die Lampedusa-Flüchtlinge eingespielten Song zum Besten, der zum Fäusterecken und Mitgrölen einlädt und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, folgte das mittlerweile hinlänglich bekannte Programm mit all seinen Hits, das entsprechend gefeiert wurde. Die Lobusch glich allerdings mittlerweile einer Sauna, worunter meine Kondition litt. Ein paar Bieraufgüsse später standen OI POLLOI auf den Brettern und wie einen guten Wein hätte ich die altbekannte Show mit den längst zu Klassikern gewordenen Ansagen und Show-Elementen – wie immer vorgetragen in höchst respektablem Deutsch! – genießen können, wäre der raue, schnelle Hardcore-Punk der Band nicht derart aufpeitschend gewesen, dass ich mich wider alle Vernunft in den Pogo-Mob stürzte und angesichts meines desolaten Zustands vermutlich mehr herumstolperte, als, äh, tänzerische Akzente zu setzen. Ein nasser Sack wäre Fred Astaire dagegen gewesen. Ächzend und keuchend fand ich irgendwann in der Nacht dann glücklicherweise noch den Weg nach Hause. Irgendwie ganz schön anstrengend alles, aber manchmal siegt die Abenteuerlust eben doch noch vor der Altersweisheit.

17.12.2013, Bambi Galore, Hamburg: STRIKER + SCREAMER + EVIL INVADERS

striker + screamer + evil invaders @bambi galore, hamburg, 17.12.2013Auf eine positive Kritik im „Rock Hard“ hin hatte ich mal in das Mini-LP-Debüt der belgischen EVIL INVADERS hineingehört – und umgehend zum heißesten Oldschool-Speed-Metal-Scheiß überhaupt zurzeit erkoren. Klar war demnach, dass ich die sympathische Bambi Galore in Hamburg-Billstedt heimsuchen werde, um mir das Spektakel live nicht entgehen zu lassen. Der Laden füllte sich für einen Dienstagabend erstaunlich schnell und ansehnlich mit kuttentragenden Metalheads und atmete ordentliche ‘80er-Atmosphäre. EVIL INVADERS machten dann auch den Anfang des Dreier-Pakets und erfüllten all meine Erwartungen! Die Band gab alles, spielte ihre pfeilschnellen Stücke quasi fehlerfrei in einem wahren Rausch und Gitarrist und Sänger Jöe Anus malträtierte seine Stimme mit hohen Frequenzen und spitzen Schreien – genial! Als Extra-Bonbon gab’s das EXCITER-Cover „Violence and Force“, das wie die Faust aufs Auge passte. Der Sound war ebenfalls klasse und auch meine Freundin, in Sachen Speed-Metal-Konzerte (wie ich eigentlich auch) eher unbeleckt, fand Gefallen an der Sause, was mir den Abend zusätzlich versüßte. Für mich stand jetzt schon fest, den Höhepunkt des Konzerts bereits erlebt zu haben, hatte die folgenden Bands aber auch gar nicht so recht auf dem Zettel. Die Schweden SCREAMER forderten allerdings vehement Aufmerksamkeit ein, spielten ebenfalls ein superflinkes Brett, schreckten nicht vor Hochfrequenz-Tönen der Gitarre und der Stimme zurück und wurden entsprechend abgefeiert. Besonders gefallen haben mir die Songs „Demon Rider“ und „Screamer“ und auch der Rest war nicht von schlechten Eltern sowie höchst unterhaltsam und mit Nachdruck dargeboten. Eine ungekünstelte Band, übrigens mit einem Punk am Schlagzeug, die ihre Songs lebt und mit ehrlicher Inbrunst darbietet. Live ‘ne volle Kante – Respekt! Und siehe da, STRIKER aus Kanada schlugen in dieselbe Kerbe, spielten um ihr Leben und lieferten eine geile Show, an der es rein gar nichts zu mäkeln gab! Der Sound war noch immer 1a und der Mob feierte, das IRON-MAIDEN-Cover „Two Minutes to Midnight“ wurde aus hunderten Kehlen mitgesungen. Obwohl SCREAMER und STRIKER nominell gar nicht zwingend dem Speed-Subgenre zugerechnet werden, erschien mir der ganze Abend wie einziger Geschwindigkeitsrausch, der selbst dann permanent Adrenalin produzierte, wenn man nur dastand und sich von den Darbietungen an die Wand drücken ließ. Alle Bands waren wild, spieltechnisch bemerkenswert, energiegeladen und authentisch und sicherten mir ein beeindruckendes Konzerterlebnis mit viel Underground-Flair, das ich so schnell nicht vergessen werde – wenn auch das Pfeifen in den Ohren glücklicherweise schnell wieder nachließ. SO macht Metal verdammt viel fucking Spaß!

06.12.2013, Lobusch, Hamburg: WWK + ARGH FUCK KILL + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

wwk + argh fuck kill + disillusioned motherfuckers @lobusch, hamburg, 06.12.2013Nachdem wir mit den MOTHERFUCKERS seit einigen Wochen in der Lobusch unseren Proberaum gefunden haben, sollten wir am Nikolausabend endlich auch einmal dort vor Publikum auftreten – als Vorband von ARGH FUCK KILL, die wie wir aus Hamburg kommen, und den Franken von WWK. Ein Abend im Zeichen des Hardcore-Punks also. Mike kümmerte sich nicht nur um die zweite Klampfe von uns, sondern sorgte auch für den guten Ton des Abends, womit ich den Sound meine. Für uns wurd’s Dezember-Gig-typisch mal wieder alles andere als pannenarm, was damit begann, dass das getestete Intro von CD partout nicht lief, als wir wartend auf der Bühne standen und dumm aus der Wäsche guckten. Also ohne Intro ab dafür und durchs Set geprügelt. Das Publikum war absolut fantastisch: der Laden war voll und die Leute hatten richtig Bock aufs Konzert, gingen vom ersten Ton an ab und mit – besser kann man’s sich als erste Band nicht wünschen. Leider riss Kai bei „Victim of Socialisation“ eine Saite, also den Song mit nur einer Klampfe und Hängen + Würgen zu Ende gebracht. Der kluge Motherfucker sorgt vor und so hatte Kai bereits eine Ersatzklampfe bereitstehen. Dass er auch dort in einem Anfall unterbewussten Vandalismus‘ nur kurze Zeit später die nächste Saite schredderte, war jedoch nicht geplant. Die letzten beiden Songs zogen wir improvisiert durch, doch für die geforderte Zugabe langte es nicht mehr und wir mussten abbrechen. So oder so war’s aber vom Zuspruch her wohl unser bisher bester Gig, unsere Bühnenleistung hingegen holperte hier und da und die Pannen nervten, uns jedoch weit mehr als das Publikum, insofern können wir unterm Strich zufrieden sein. ARGH FUCK KILL stehen noch ganz am Anfang und hatten bisher erst eine Handvoll Gigs, lieferten jedoch einen sehr energetischen, kaltschnäuzig-souveränen und voll und ganz überzeugenden Auftritt auf die altehrwürdigen Lobuschbretter. Geradliniger, derber Hardcore-Punk, bei dem mir besonders das punktgenaue „supertighte“ Schlagzeugspiel auffiel. Shouter Sven versah manch Refrain mittels Effektgerät mit einem Hall, was ebenfalls angenehm an alte ‘80er-Genrekost erinnerte. Geiler Gig und die Band sollte man unbedingt im Auge behalten. WWK fanden dann ein bereits sehr gut aufgepeitschtes Publikum vor und schmetterten einen Hassbatzen nach dem anderen in die Meute. Nicht allein aufgrund der Bass/Gesang-Doppelbelastung rang mir die Kondition des Frontmanns Respekt ab. Auch hier die pure Spielfreude und am Ende eine Zugabe nach der anderen, als hätte der Abend noch ewig so weitergehen können. Spitzenstimmung, kein Ärger, alles bestens. Und trotzdem war ich nach etlichen Stunden im immer verqualmter werdenden und sich immer mehr aufheizenden Laden froh, irgendwann den Heimweg antreten zu können – wofür meine Lady und ich kurzerhand aus dem Fenster sprangen, statt uns elendig lange durch die Menschenmassen zur Tür zu drängeln, und frische Luft aufsogen, die in dieser arschkalten Post-Xaver-Nacht mitverantwortlich dafür sein könnte, das ich mir ‘ne fette Schnodder- und Röchelseuche zuzog. Aber irgendwas ist ja immer. Danke an die Lobusch-Crew für diese geile Auftrittsmöglichkeit und an den bestens aufgelegten Mob!

20.11.2013, Hafenklang, Hamburg: THE SLACKERS + JAMES & BLACK feat. DJ PHIL ROSS

slackers, the

Aus zeitgenössischem Ska mache ich mir nicht allzu viel, aber die SLACKERS aus New York haben sich über Jahre hinweg einen sehr guten Ruf erspielt und gelten nicht nur als sehr veröffentlichungsfreudige, sondern auch als gute Liveband. Manch Samplertrack der Band höre ich sehr gern und als meine Lady signalisierte, dass sie gern zum Hamburger Gastspiel im Hafenklang gehen würde, überlegte ich nicht lange und beschloss kurzerhand, mitzukommen. Die Karten bereits im Vorverkauf zu sichern, war wohlüberlegt, denn das Hafenklang war wieder einmal ausverkauft – und das an einem Mittwochabend! Das ist natürlich ein Indikator für die große Beliebtheit der Band, deren Publikum sich an diesem Abend aus allen möglichen Leuten, darunter vielen „Normalos“, zusammensetzte. Die Vorband „James & Black“ entpuppte sich als amerikanisches Soul-Duo – James an der Orgel, Black am Gesang, auch James sang, und für die Percussions etc. hatte man DJ Phil Ross dabei, der mit Plattenspieler und Notebook Beats und Samples einspielte, OHNE der Musik das Traditionelle zu nehmen. Nun kann ich mich nicht erinnern, jemals auf einem Soul-Konzert gewesen zu sein und war freudig überrascht von der Darbietung der drei Gestalten auf der Bühne. Black klang wie eine schwarze Soul-Diva und auch der hellhäutige James hatte eine Röhre, die man eher mit kaffeebraunen Gesangskünstlern in Verbindung bringen würde, würde man es nicht mit eigenen Augen sehen. Die gesamte Zeit über haute er verdammt gut in die Tasten und ergänzte sich, was die Instrumentierung betrifft, prima mit dem DJ. Das Wichtigste aber sind selbstverständlich die Songs an sich, und die waren über jeden Zweifel erhaben, gingen beim glasklaren Sound im Hafenklang unter die Haut und gefielen so sehr, dass ich nach dem Gig direkt das bisher erste (Live-)Album erstand. Eine sehr schöne Erfahrung, dieser Auftritt, und das nächste Soul-Konzert kann von mir aus kommen.

Nach kurzer Umbaupause dann die Slackers, bestehend aus stilvoll gekleideten Herren mittleren bis älteren Semesters, die den Laden ebenfalls bei Spitzensound von vornherein im Griff hatten. Die SLACKERS spielen keinesfalls Zirkusmucke, sondern mal mehr, mal weniger oldschooligen Ska- und Reggae-Sound mit immer wieder deutlichen Soul-Anleihen und hier und da diversen weiteren Einflüssen, der gut in Ohr und Bein geht und für brillante Stimmung im Publikum sorgte. Manch wirklicher Hit ist darunter und der Band zuzuschauen, wie sie absolut souverän, doch mit erkennbarer Leidenschaft und viel Spaß bei der Sache durch ihr Set führt, macht Laune, steckt an – tolle Entertainer. Sehr im Gedächtnis geblieben ist mir der schnauzbärtige ältere Bassist, der seinen E-Bass auf einem Hocker abgestützt nach Art eines Standbasses zupft – sieht man auch nicht alle Tage. Auf Dauer fehlten mir jedoch dann irgendwann doch etwas die Ecken und Kanten und der Dreck in der Musik und längst nicht jeder SLACKERS-Song verfügt über so verführerische Hooks, dass man immer weiter nach mehr lechzt. Die Band wollte jedoch gar nicht mehr aufhören und selbst nach der x-ten Zugabe spielte sie weiter und weiter, bis wir es fast schon ein wenig ermüdend fanden und ausnahmsweise noch vor Verhallen des letzten Akkords den Ort des Geschehens verließen, den Zeitdruck aufgrund der keinen ewigen Aufschub duldenden Rückreise im Nacken verspürend. Trotzdem: Schönes Konzert einer überaus spielfreudigen Band, Überraschung des Abends aber waren JAMES & BLACK für mich!

01.11.2013, Libertäres Zentrum, Magdeburg: PROJEKT PULVERTOASTMANN + DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS

projekt pulvertoastmann + disillusioned motherfuckers @libertäres zentrum, magdeburg, 01.11.2013Als die Pulvertoasties uns anboten, mit ihnen im Magdeburger Libertären Zentrum zu spielen, klärten wir die Frage nach der Spritkohle und sagten kurzerhand zu. Keiner kannte den Laden, aber das klang alles vielversprechend nach D.I.Y. und machte einen sympathischen Eindruck. Mit Tomczek erklärte sich sogar jemand bereit, uns zu chauffieren, und das auch noch in seinem für solche Vorhaben prädestinierten Minibus, in dem neun Personen Platz finden – die allesamt belegt wurden, denn Wurzel vom Gaußplatz, Katharina und ein Punk aus den USA, der Tomczek gerade besuchen war, begleiteten uns. Während der Hinfahrt musste ich erst mal die Arbeitswoche abschütteln, was ohne Alkohol gar nicht so einfach ist, aber schon auf der nachmittäglichen Hinfahrt das Trinken anzufangen, verbietet sich mir, wenn ich später auf der Bühne meine Texte noch kennen will. Tomczek erwies sich als absolut souveräner Fahrer, der uns sicher auch durch den einen oder anderen kleineren Stau geleitete und mit Musik und Comedy bestens zu unterhalten wusste. Die richtige Abfahrt gen Libertäres Zentrum genommen, erwischten wir einen verdammt dunklen Teil Magdeburgs, der Endzeit-Atmosphäre atmete, grau und trist. Genau das Richtige, um sich an diesem kalten Herbstabend aufs Konzert einzustimmen. Das Libertäre Zentrum entpuppte sich als großer besetzter Gebäudekomplex, der sich noch im Aufbau durch seine außerparlamentarisch politisch aktiven Bewohner befindet, jedoch bereits fließend Wasser, eine Kneipe und eine Bühne samt ordentlicher P.A. bietet – und einen schönen Hinterhof samt endzeit-futuristisch anmutender Konstruktionen und der klassischen Feuertonne. Ein Graffito besagte „Action Mutante“ und „No Fotos“ – ein passenderes Ambiente ist nur schwer möglich. Die Bewohner und Organisatoren vor Ort erwiesen sich als nette, unkomplizierte Leute, die uns ein leckeres Veggie-Burger-Buffet kredenzten, mit Astra und Sternburg Export zwei geile, ehrliche Arbeiterbiere anzubieten hatten und auch über genügend Schlafmöglichkeiten für unsere Neunerbande verfügten. Eigentlich alles gute Vorzeichen, doch nun kommt das große ABER: Leider hatte man wohl quasi null Werbung vor Ort gemacht und genösse unter den Punks einen eher schlechten Ruf (allein schon aufgrund des Rauchverbots im Saal aus Rücksicht auf Asthmatiker und Schwangere) und sowieso und überhaupt, jedenfalls zögerten wir den Beginn so weit wie möglich hinaus, da schlicht niemand zu einem Konzert zweier unbekannter Bands ohne nennenswerte Veröffentlichungen aus Hamburg kam (schon gar keine Asthmatiker, Schwangeren oder schwangeren Asthmatiker). Halt, das stimmt so nicht, eine Handvoll zahlender Gäste gab es, unter anderem Freunde von mir aus Halberstadt. Dän, seines Zeichens Bierbrauer, brachte uns sogar als besonderes Geschenk eine Riesenflasche unfiltrierten Bieres frisch aus dem Kessel mit, das wir uns nach dem Auftritt genüsslich einverleibten – danke, Dän! Apropos Auftritt: Den starteten wir dann irgendwann vor der Handvoll Gäste, den Pulvertoasties und den Leuten aus dem Libertären Zentrum, so dass die Fläche vor der Bühne nicht ratzekahl leer war. Der Auftritt dürfte unspektakulär, aber ok gewesen sein. Zwischen manch Songs ließen wir uns reichlich Zeit zum Anstoßen etc. – wenn man schon mal in solch gemütlicher Runde spielt, muss man sich auch nicht hetzen, wa? 😉 PROJEKT PULVERTOASTMANN im Anschluss ließen sich ebenfalls überhaupt nicht beirren und spielten absolut souverän ihren Stiefel herunter, wobei der Umstand, dass Bassist Holler um Punkt Mitternacht Geburtstag hatte, den Spaß noch deutlich erhöhte. Er bekam einen Meter Pfeffi, den er im Set zwischen zwei Songs komplett entleeren musste, was er mit erstaunlicher Unbeeindrucktheit erledigte und anschließend sogar noch astrein weiterspielen konnte – Prospekt, Aller! Der Abend nahm seinen Ausklang an der Bar, wobei Wurzel bereits Stunden vor dem Auftritt jenseits von Gut und Böse war und sich die Zahl der Trinkfreudigen nach und nach dezimierte. Irgendwann ging’s dann ab nach oben inne Penntüten, die die Aufgaben hatten, in den unbeheizten Räumen vor der Kälte zu schützen, die mittlerweile garstig durchs Gebäude kroch. Das war aber alles kein Problem und bereits saumäßig früh blies Tomczek schon wieder zur Rückfahrt, die diesmal superflott weil staulos vonstatten ging. Da man uns das Spritgeld, das wir zunächst nicht in kompletter Höhe annehmen wollten, förmlich aufgezwungen hatte, sind wir verlustfrei aus der Nummer rausgekommen und hatten einerseits unseren Spaß, haben andererseits ein interessantes Wohn- und Veranstaltungsprojekt kennengelernt und wurden gut umsorgt, so dass kein Grund zur Klage besteht; klassischer Fall von „das Beste draus gemacht“. Bleibt zu hoffen, dass das Libertäre Zentrum von den örtlichen Punks etc. besser angenommen wird bzw. man sich gegenseitig weiter einander annähert, damit aus der Bude über kurz oder lang ein Ort wird, an dem auch zwei unbekannte Nachwuchscombos auf Interesse stoßen. Mal ordentlich die lokale Werbetrommel zu rühren, kann generell aber auch nicht schaden. 😉 Besonderer Dank gilt Tomczek sowie den Pulvertoasties!

19.10.2013, Rondenbarg, Hamburg: HAMBURGER ABSCHAUM + LABSKAUS + KAOS KABELJAU

hamburger abschaum + labskaus + kaos kabeljau @rondenbarg, hamburg, 19.10.2013

„Endlich“ haben HAMBURGER ABSCHAUM ihr erstes Album fertig und auf dem Markt und passenderweise ist „Endlich“ auch der Titel des guten Stücks, anlässlich dessen Veröffentlichung man auf dem heimischen Rondenbarg in die große Halle lud, um zusammen mit den Herren von LABSKAUS und KAOS KABELJAU dieses Weltereignis feierlich zu begehen. In der großen Halle ist auch immer dann noch genügend Platz, wenn für ein Konzert auf einem etwas abgelegenen Bauwagenplatz eine beträchtliche Anzahl Besucher gekommen ist, so wie an besagtem Abend – wenn auch viele, die ihr Erscheinen avisiert hatten, dann doch nicht erschienen waren (typisches Hamburger Phänomen), dafür aber viele von außerhalb den Weg auf sich genommen hatten. Die Stimmung war prächtig und die zum Trio geschrumpften KAOS KABELJAU machten den Anfang. Der Sound in der Halle war vom Feinsten und hatte wie üblich ordentlich Wumms, während die Fischköppe mit ihrem deutschsprachigen Hardcore-Punk ein ordentliches Brett ablieferten. Nach der Umbauphase konnte ich endlich wieder einmal die Chaotentruppe LABSKAUS erleben, die mit einer äußerst engagiert vorgetragenen Mischung aus motörheadigem Schweinerock und aggressivem Hardcore-Punk das Gebrüll Matzes begleiteten, der oberkörperfrei eine Schimpftirade nach der anderen abließ, soweit man die Texte verstehen konnte. Holzhammer-Punk der sehr unterhaltsamen Sorte, der nicht wenige zum Tanzen animierte. Zitat aus dem Publikum: „Was’n das für’n Gedudel?“ – „Keine Ahnung, aber ich hab Bock auf Pogo!“ Als Band weiß man in solchen Momenten, dass man mehr richtig als falsch macht. Schönes Ding, zu dem sich auch sehr gut trinken lässt. Mein Kumpel Stulle, der zum ersten Mal auf dem Rondenbarg zu Gast war, quatschte und pöbelte seit seiner Ankunft unablässig sämtliche Leute voll, gab sich überrascht, wie viele Besucher noch fast alle Zähne im Mund hatte und ließ keine Gelegenheit aus, um bühnenreif aufzufallen. Der Rondenbarg und seine Gäste nahmen’s so, wie’s gemeint war, nämlich mit Humor und nicht nur ich hab mich königlich amüsiert. Zitat von unbekannt während einer Kicker-Partie Stulles: „Fußballerisch naja, aber gepöbelt wird hier auf Weltniveau!“ Weltniveau erreichte schließlich selbstverständlich auch der Auftritt des HAMBURGER ABSCHAUMS, der quasi alles bot, was man von der Band erwartet: Eingängige, textlich oft augenzwinkernde Hits noch und nöcher, eine exaltierte Bühnenshow, Kettensägeneinsatz und am Ende die eine oder andere Zugabe. Auch spieltechnisch gab’s diesmal nix zu mäkeln, das lief alles soweit rund und hat mal wieder Spaß gemacht, wenn ich persönlich diesmal auch nicht gut angetrunken in der ersten Reihe umhersprang, sondern beim genüsslichen Bierchennippen entspannt das Entertainment genoss. Feine Sache, das, und das Publikum sah’s genauso. Als unverlangte Zugabe setzte Stulle seine Show fort und während nicht nur der harte Kern tapfer weiter feierte und trank, kletterte dieser auf dem Tresen herum, versuchte sich in Fremdsprachen, stimmte HSV-Gesänge an und drohte „Ist voll geil hier, ich komm jetzt jedes Wochenende!“ …bevor nach einem letzten Absacker in seiner Kiezbude auch für mich der „Abend“ zu weit fortgeschrittener Stunde endete. War einmal mehr ‘ne gelungene Party, zu der alle Beteiligten ihren Teil spitzenmäßig beigetragen haben!

18.10.2013, Tippel 2, Hamburg: VIOLENT INSTINCT

violent instinct @tippel 2, hamburg, 18.10.2013Sängerin Aga verschlägt es für einige Zeit ins Ausland, bis zu ihrer Rückkehr liegt die Band VIOLENT INSTINCT auf Eis. Soweit die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautete, dass man aus diesem Anlass ein Gratis-Abschiedskonzert im „Tippel 2“ auf dem Kiez geben würde. Ich hatte keine Ahnung, was das für ein Laden sein sollte und tippte auf irgendeine Eckkneipe. Außerdem wusste ich von anderen Läden, dass man gern mal eine völlig unrealistische Anfangszeit auf die Flyer schreibt, damit der Mob möglichst früh antanzt und Getränkeumsatz beschert, bis es dann zwei Stunden später wirklich losgeht. „Eile mit Weile“, dachte ich mir insofern und schlug zusammen mit Kai erst recht spät vorm „Tippel 2“ auf – was sich als Fehler erweisen sollte, denn das Konzert war tatsächlich pünktlich gestartet, um 22:00 Uhr musste schon wieder Schluss sein! Während ich draußen hastig mein Bier austrank, vernahm ich die DIMPLE-MINDS-Coverversion „Durstige Männer“ und prompt trabte die Polizei an, um Geräuschlevel und geplantes Konzertende zu klären, weil sich bereits Anwohner über den „Krach“ beschwert hatten – zieht gefälligst woanders hin, ihr Spacken! Dat is Kiez, dat raffste nie! Jedenfalls gab es nichts zu beanstanden und so stürzten auch wir uns in Gewühl der engen Kneipe bzw. schlugen uns bis nach vorne durch. Die Band war bereits bei den Zugaben, bei „Solidarity“ durfte ich bischn mitträllern, die Stimmung war gut, an Pogo jedoch war im beengten Wohnzimmerkneipenambiente nicht zu denken. Einige bekannte Gesichter, einige unbekannte, Besuch von außerhalb (Moin Ätzer!) und eine spielfreudige Band, die sich noch die eine oder andere Zugabe aus den Rippen leiern ließ. Das Mikro von Gitarrero Dennis schien seinen Dienst nicht so recht zu verrichten, ansonsten war der Sound aber gut. Dat Schlachzeuchtier gab wieder mal alles und lieferte ‘ne astreine Show. Und als die Band längst mit ihrem Equipment über alle Berge war (teilweise musste gruseligerweise am nächsten Tag gearbeitet werden), machten wir uns es noch am Tresen gemütlich. Das „Tippel 2“ entpuppte sich als alter Szeneladen und guter Tipp für subkulturelle Kneipengänger: Arbeiterfreundliche Getränkepreise, nettes Personal und eine gemischte Musikbox, deren Repertoire von Oldies bis hin zu aktuellem Oi!-Punk reicht, machten den Aufenthalt bzw. Ausklang dieses freundschaftlichen Abends äußerst angenehm, wenn man (= ich) auch mit fortschreitender Uhrzeit immer mehr Blödsinn verzapfte. Ich hoffe, dass VIOLENT INSTINCT unmittelbar nach Agas Rückkehr wieder voll durchstarten mit ihren niveauvollen, klischeearmen Streetpunk mit Köpfchen und hab mir vorgenommen, dann auch mal pünktlich zu erscheinen, ähem.

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