Günnis Reviews

Kategorie: Konzertberichte (page 22 of 44)

21.05.2016, Schießsportanlage, Neu Wulmstorf: METAL BASH 2016

metal bash 2016

Das eintägige Metal-Bash-Open-Air-Festival im ansonsten eher überflüssigen Nest Neu Wulmstorf vor den südlichen Toren Hamburgs gibt’s nun auch schon ‘ne ganze Weile. Für vergleichsweise kleines Geld lassen sich dort 1x jährlich vergleichsweise kleine Metal-Bands vor vergleichsweise kleiner Kulisse betrachten. Bisher war jedoch selten etwas für mich dabei, außerdem hab‘ ich für gewöhnlich wenig Bock auf die KNEIPENTERRORISTEN/Remedy-Records-Connection, die der Organisation durch Jörn Rüter geschuldet ist – diesen ganzen ONKELZ-Cover-/Rip-Off-Zinnober braucht meines Erachtens kein Mensch.

Nun war ich auch gerade erst vom Rock-Hard-Festival zurück und dennoch kribbelte es schon wieder: Wenn VENOM INC. als Headliner nur ein Dorf weiter das Tor zur Hölle aufstoßen, kann ich schlecht einfach zum Alltag übergehen. Andererseits dafür ein ganzes Festival mitnehmen müssen…? Außerdem spielten EAT THE BITCH im Gängeviertel und das wäre meine Chance gewesen, die endlich mal live zu begutachten. Aber die britischen Satansbraten und Black-Metal-Hooligans von VENOM zählen seit jeher zu meinen absoluten Leib-und-Magen-Bands und nachdem mir letztes Jahr erstmals das Privileg zuteilwurde, Original-VENOM-Shouter und -Bassist Cronos mit seiner aktuellen Auslegung der Band live zu sehen, boten sich nun die konkurrierenden VENOM INC. mit den beiden anderen Originalmitgliedern Abaddon und Mantas an, verstärkt um Demolition Man Tony Dolan. Dieser war Ende der ‘80er von ATOMKRAFT zu VENOM gekommen, um Cronos nach dessen damaligen Ausstieg zu ersetzen und drei Alben aufzunehmen, von denen zumindest das erste, „Prime Evil“, wirklich geil ist. Dolan hatte sich vor einigen Jahren wieder mit Mantas zusammengetan und die Band PRIME EVIL gegründet, die kurze Zeit später in M:PIRE OF EVIL umbenannt wurde und live vor allem damit begeisterte, alte VENOM-Klassiker zu zocken, während CRONOS unter dem VENOM-Banner diverse neue Alben veröffentlichte und live seitdem sowohl neue als auch alte Gassenhauer gut durchmischt interpretiert. Während des M:PIRE-OF-EVIL-Auftritts auf dem „Keep It True“-Festival 2015 wurde der Drummer durch Abaddon ersetzt und VENOM INC. waren geboren.

Hätte ich diese Gelegenheit nicht wahrgenommen, hätte sich vermutlich mein VENOM-Tattoo entzündet und so bin ich relativ spontan ab aufs Dorf zum Schützengelände, habe 35 Taler an der Tageskasse gelatzt – und hatte durch mein „spätes“ Erscheinen gegen 14:30 Uhr bereits eine nicht geringe Anzahl Bands verpasst (ging wahnsinnigerweise schon zu nachtschlafender Zeit um 11:00 Uhr los), darunter leider SHADOWBANE, Hamburgs von mir live einst in der Bambi Galore für hörenswert befundene Power-Metal-Hoffnung. Auf der Bühne lärmte gerade die Black-Metal-Combo THE COMMITTEE, doch ich holte mir erst mal ‘n Bierchen und gesellte mich abseits der Wiese zu einer kleinen Sabbelrunde. Dort verweilte ich auch während des Auftritts der DRUNKEN SWALLOWS, die ihren Stil selbst gern als Punkrock bezeichnen, für mich aber nach lupenreinem Deutschrock-Krempel klingen und offenbar auch keinerlei Berührungsängste mit jener Szene haben. Das RAMONES-Cover „Pet Sematary“ klang aber zugegebenermaßen ganz amtlich. Während der Umbaupausen spielten im Bierzelt die Deutschrocker EXISTENT und die erwähnten Proll-ONKELZ-Nacheiferer KNEIPENTERRORISTEN Akustik-Sets… Prinzipiell ja sogar eine nette Idee, die Pausen mit solchen Unplugged-Geschichten aufzulockern, auf beide Bands verzichte aber dankend.

Zu SPACE CHASER ging’s dann aber kollektiv vor die Bühne. Der Thrash Metal der jungen Berliner Band erfreut sich szeneintern größerer Beliebtheit, mit ihrem hohen Gesang erinnern sie mich stark an eine Mischung aus AGENT STEEL und OVERKILL. Für ihr Alien-Paranoia-Image scheinen sie sich auch recht ungeniert bei erstgenannten bedient zu haben, dürften aber die John Cyrus seinerzeit anscheinend abgegangene ironische Distanz mitbringen. Der Gig machte schon Spaß, was mir jedoch live wie auf Platte fehlt, sind die wirklich zwingenden, im Gedächtnis bleibenden Songs. Am ehesten blieb noch ein Song über Chemtrails hängen; leider weiß ich nicht, wie der heißt. Die Festival-Besucher hatten ihren Spaß und bildeten ‘nen Circle- und einen kleinen Mosh-Pit. Als Besonderheiten sind mir ein Instrumentalstück und das IRON-MAIDEN-Cover „Aces High“, gar nicht schlecht gespielt, in Erinnerung geblieben.

Die Schweinerocker NITROGODS ignorierte ich weitestgehend und bald stießen auch weitere lokale Bekannte hinzu, was erst mal begossen werden musste. Der persönliche Austausch gestaltete sich für beide Seiten dann auch interessanter als das, was SYNDEMIC da gerade auf der Bühne fabrizierten. Dann galt es auch noch MOTÖRMENT zu überstehen, Rüters Metal-Band TORMENT mit einem reinen MOTÖRHEAD-Coverset – und genauso wenig wie ich ihn ONKELZ-Songs singen hören will, brauche ich, dass er sich an Lemmy & Co. vergreift. Langsam aber sicher wurd’s wirklich ein hartes Brot und mir fiel auch kaum noch etwas anderes ein, als mir das Spektakel schönzusaufen – bzw. es zumindest zu versuchen. Dafür boten sich übrigens das erwähnte Bierzelt mit Tresen des Kiez-Metalschuppen „Night Light“, wo es Astra und Holsten gab oder einzelnen Bierstände, an denen überall Astra dranstand, aber stattdessen Carlsberg ausschenkten ebenso an wie der viel zu spät entdeckte Weizenbierstand. Ein 0,3-Liter-Becher Pils schlug mit 2,50 EUR (plus 1,- EUR Pfand) zu Buche und war aber mal so was von schnell ausgeschluckt… Leider musste man für die Dinger erst Bierbons am Einlass erstehen und ich hab‘ doch tatsächlich die Meisterleistung vollbracht, einen frisch gekauften Zehnerbogen auf den wenigen Metern von dort zum Tresen zu verlieren. Naja, dumm fickt gut.

PARAGON, hieß es, seien dann wieder wesentlich erträglicher, so dass ich zarte Hoffnungen hegte, doch mehr als reichlich bemüht klingender, ausgelutschter Power Metal der nervigeren Sorte hatten mir die Hamburger auch nicht zu bieten. Not my cup of pee. Apropos, bei allem Gemeckere Daumen hoch für die Klos: Von reichlichen Dixies über Pissoir-Rondells bis hin zum richtigen WC-Toilettenwagen inkl. Seife und Papierhandtüchern war für jeden was dabei. Ich erwähne so etwas immer, weil ich gerade von vor noch gar nicht allzu langer Zeit weiß, dass das nicht unbedingt selbstverständlich auf Open-Air-Veranstaltungen ist.

Bei übrigens klasse Wetter setzte nun die Abenddämmerung ein und es galt, nur noch einmal Bierzelt-Deutsch-Schmock zu überstehen, bis endlich der verdiente Headliner die Bühne erklimmen und original fucking old school Black Metal in seiner pursten Form durch meine Membranen prügeln würde. Ich sicherte mir ‘nen Platz ganz vorn an der Absperrung und direkt mit dem ersten Song schoss meine Laune von 0 auf 666! Die Drei hatten offenbar heimlich geübt, sahen trotz ihres Alters topfit aus und gebärdeten sich auch so. Dolans grummelige, raue Stimme passt nach wie vor bestens zu dieser Mucke, Mantas ohne Schnurri, dafür mit Tattoos und zusammengebundenen Haaren post noch immer was das Zeug hält und Abaddon an den „Nuclear Warheads“, wie es früher auf den Platten stand, sorgt für den verfickt originalen VENOM-Beat! Scheiße, ja, hier war ich dann doch verdammt noch mal richtig! Ich weiß nicht, wie viele kühle Blonde ich mir als Tribut an den „Gods‘ Rock’n’Roll“ noch reinpfiff, jedenfalls fand‘ ich immer wieder nach vorn zurück und krakeelte, skandierte und bangte, was das Zeug hielt (und schoss schiefe Fotos). Auch ‘ne Pyroshow hatte man auf der kleinen Bühne aufgefahren, die zu ‘nem VENOM-Gig einfach dazugehört. Einen Klassiker nach den anderen blies man in den mittlerweile schwarzen Nachthimmel und ließ sich auch in Sachen Zugaben – eröffnet mit dem genredefinierenden „Black Metal – nicht lumpen. Aufgrund des irgendwann nicht mehr ganz kontrollierten Bierkonsums in praller Sonne, dem Höchstgrad meiner Euphorisierung und dem Adrenalin, das mir dank VENOM INC. aus allen Poren schoss, muss ich zugeben, „Details“ wie die Setlist nicht mehr löschresistent auf meiner Hirnfestplatte gespeichert zu haben. Ich weiß, dass der Titeltrack des „Prime Evil“-Albums dabei war. Aber wurden noch weitere Songs der eigentlichen Dolan-Ära gespielt, evtl. „Blackened are the Priest“? Irgendetwas klingelt da bei mir, oder verwechsle ich das mit dem „Live ‘90“-Video? Und warum in Dreiteufels Namen brüllte ich (zwischendurch? am Ende?) plötzlich „ATOMKRAFT! ATOMKRAFT!“? Ich weiß es nicht mehr…

Verbrieft ist jedoch, dass ich mir anschließend einen Bekannten schnappte, mit ihm ein Taxi kaperte und wir unsere private After-Show-Party in meiner Höhle bei Musik-DVDs zelebrierten. Wir fingen ganz stilvoll mit IRON MAIDEN an und landeten über D.R.I. schließlich bei GG ALLIN & THE MURDER JUNKIES, was den Niveauverlauf ganz gut dokumentiert. Wir sind eben „evil – in league with Satan!“

13.-15.05.2016, Amphitheater, Gelsenkirchen: ROCK-HARD-FESTIVAL 2016

rock-hard-festival_2016

Nachdem ich letztes Jahr erstmals dem Rock-Hard-Festival in Gelsenkirchen beigewohnt hatte und doch ziemlich begeistert gewesen war, stand mein diesjähriges Erscheinen im Prinzip ab dem Moment fest, in dem das Teutonen-Thrash-Triple aus TANKARD, DESTRUCTION und SODOM bestätigt wurde. Und da Pfingsten dieses Jahr auf einen früheren Termin fiel, war noch nicht mal ein Jahr vergangen, seit ich zuletzt meine erste Urlaubswoche genommen hatte, zu deren Auftakt ich mich vom Arbeitsstress und Alltagstrott erholte, indem ich mir den Schädel von einer Überdosis Metal freiblasen ließ. Auf Zelten habe ich dekadenter Spießer immer noch keinen Bock und lasse mich immer noch gern chauffieren, also hab’ ich mir wieder ein einfaches Zimmer genommen und Blablacar für ’ne Mitfahrgelegenheit konsultiert – und los ging’s ausgerechnet am Freitag, dem 13. in aller Herrteufelsfrühe. Mein Aberglaube musste also zurückstecken und tatsächlich hatte mein Fahrer einen Bleifuß drauf, der mich eigentlich viel zu früh in Schalke-City ablieferte. Die Zeit bis zur Schlüsselübergabe vertrieb ich mir bei bestem Wetter mit ’nem Spaziergang durch die herrlich abgerissene Gegend voller Pottcharme, bezog schließlich mein Zimmer mit Pferdebild an der Wand und Blümchenbettwäsche und machte mich rechtzeitig auf den zwischen vier und fünf Kilometer langen Weg zum Festivalgelände, den ich bewusst zu Fuß antrat – führt er doch die meiste Zeit einen idyllischen Wanderweg den Rhein-Herne-Kanal entlang. Wann hab’ ich sonst mal Zeit für so etwas?

Am Amphitheater, nicht zu Unrecht als eine von Deutschlands schönsten Open-Air-Festival-Örtlichkeiten bezeichnet, angekommen, reihte ich mich zur Bändchenausgabe ein und wie üblich ging’s angenehm flott, so dass ich pünktlich zum lokalen Opener SULPHUR AEON das Halbrund betreten konnte. Diese zockten atmosphärischen Black Death oder so mit der Extraportion Hall und obwohl eigentlich auf Triogröße reduziert, standen da ein, zwei Leute mehr auf der Bühne. Zellteilung oder Mietmusiker?

Im direkten Anschluss traf ich Bekannte aus Hamburg und so gesellte man sich auf die noch reichlich Platz bietenden Stufen, um entspannt die Schweden YEAR OF THE GOAT über sich ergehen zu lassen. Deren Okkult-Rock war mir dann aber zu entspannt und lahmarschig – vielleicht sind die Qualitäten der Band einfach zu okkult (im Sinne von „verborgen“) für mich…

Trotz ihres ebenso schlichten wie ergreifenden Bandnamens haben die Briten SATAN mit Okkultrock nichts an den Matten, sondern zocken seit ihrer Gründung 1979 astreinen NWOBHM. Die Bandgeschichte indes liest sich etwas chaotisch, auf Umbesetzungen an entscheidenden Positionen wie dem Gesang folgten Umbenennungen in BLIND FURY und PARIAH und irgendwann die komplette Auflösung. 2013 meldete man sich jedoch mit dem starken Comeback-Album „Life Sentence“ zurück, eine Liveplatte und das jüngste Album „Atom by Atom“ folgten, Liveauftritte wurden umjubelt. Insbesondere das Debütalbum „Court in the Act“ aus dem Jahre 1983 hat einen dicken Stein bei mir im Brett und auch das neuere Material lohnt einer intensiveren Betrachtung, knüpft es doch genau dort an. Ich war sehr gespannt auf den Gig, wurde jedoch zunächst Ohrenzeuge eines typischen Festivalproblems: Die Band startet mit einem Hammersong in ihr Set, doch der Sound ist noch gar nicht vernünftig abgemischt, so dass der Effekt irgendwie verpufft. In diesem Falle erwischte es „Trial by Fire“, der jedoch glücklicherweise vor meinem geistigen Ohr so abspulte, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Im weiteren Verlauf des Songs von allen drei Studioalben mit Sänger Brian Ross umfassenden Auftritts besserte sich der Sound deutlich und „Twenty Twenty Five“, „Break Free“ und „Atom by Atom“ klangen über jeden Zweifel erhaben, abgesehen von der schlimm klirrenden Hi-Hat und unterbrochen von angenehm ungekünstelten, nachdenklichen Ansagen Ross’. Mit „Oppression“ packte man sogar einen echten Demo-Klassiker aus, der sich nahtlos in den großartigen Auftritt der sympathischen Briten einfügte. Interessant auch, den Drummer dabei zu beobachten, wie lässig er das Zeug wegtrommelt. Gerade die schnelleren Songs klingen nach mehr, als er eigentlich tut, was natürlich für seine Technik spricht.

Setlist SATAN:

Trial By Fire
Blades Of Steel
The Devil’s Infantry
Twenty Twenty Five
Break Free
Atom By Atom
Siege Mentality
Oppression
Testimony

Von nun an war die grobe Kelle angesagt, die Hessen TANKARD eröffneten den Thrash-Reigen. Auch dieser Gig sollte zu einer Premiere für mich werden, denn Gerre, Frank & Co. machen sich in Hamburg reichlich rar. Nichtsdestotrotz habe ich mir mehrere Live-DVDs zugelegt, dementsprechend hoch waren meine Erwartungen an eine feucht-fröhliche, chaotische Alcoholic-Metal-Show. Mit dem Klassiker „Zombie Attack“ starteten TANKARD in ihr Set und, oh Graus, der Sound war zumindest halbvorn links schon wieder für den Allerwertesten, Gerres Gesang ging völlig unter. Das bekam man jedoch auch hier bald in den Griff und so konnte ich problemlos lauschen, wie die Band versuchte, sowohl ihren alten Klassikern als auch den in regelmäßigen Abständen veröffentlichen neuen Alben gerecht zu werden. Das mündete in einem Setlist-Spagat, der mir ehrlich gesagt ein paar alte Kracher zu viel vermissen ließ; andererseits klang z.B. ein „Rules For Fools“ hier richtig gut. Ein Song wie „Chemical Invasion“ übrigens erscheint mir nach den jüngsten besorgniserregenden Meldungen über Gift im Bier bei allem TANKARD-Spaßfaktor aktueller denn je. Der auch noch an diesem Tag seinen Geburtstag feiernde Gerre war wie üblich schön aufgekratzt, tobte über die Bühne, holte eine WDR-Kamerafrau auf dieselbe, um sie zu herzen und lobte immer wieder das Publikum: „Das sieht geil aus!“ Ehrlich gesagt hatte ich aber erwartet, dass der Mob weitaus mehr durchdreht – aber es war ja erst Nachmittag und manch einer wird noch seine Kräfte geschont haben.

Setlist TANKARD:

Zombie Attack
The Morning After
Fooled By Your Guts
Rapid Fire (A Tyrant’s Elegy)
Rules For Fools
R.I.B. (Rest In Beer)
Metal To Metal
Not One Day Dead (But One Day Mad)
Chemical Invasion
A Girl Called Cerveza
Rectifier
(Empty) Tankard

Z.B. für DESTRUCTION, die nächste deutsche Thrash-Legende, die ich nun auch schon verdammt lange nicht mehr live gesehen hatte. Angekündigt hatte das Trio ein spezielles Oldschool-Mad-Butcher-Set, was mir den Gig erst recht schmackhaft machte, denn die jüngsten Studioalben fand’ ich ehrlich gesagt nicht mehr so richtig überzeugend und denke mir hier, ähnlich wie bei TANKARD, dass weniger mehr wäre. Los ging’s mit „Curse the Gods“ vom „Eternal Devastation“-Album, gefolgt von „Mad Butcher“, zu dem der dem Cover der damaligen Mini-LP nachempfundene Schauspieler in blutiger Schürze und mit Hackebeil bewaffnet auf die Bühne stürmte. Die Setlist konzentrierte sich erwartungsgemäß auf die Klassiker aus den ’80ern, angereichert mit den Post-Reunion-Hits „Nailed to the Cross“ und „The Butcher Strikes Back“ sowie „Second to None“ vom an diesem Tag veröffentlichten neuen Album. Zwischenzeitlich befanden sich gleich drei Drummer (inkl. Drumkits) auf der Bühne, denn die ehemaligen Kesselrührer Tommy und Olli (mit WIZO-Shirt) hatten sich zu Gastauftritten eingefunden. Zusammen leitete man „The Antichrist“ ein, das Tommy durchtrommelte, bei „Reject Emotions“ durfte Olli ran. Der Song ging in „Sign of Fear“ über, den einzigen gespielten Song des „Release From Agony“-Albums. Eine weitere gelungene Überraschung war, dass man den alten „Tormentor“ entstaubt und durchs Amphitheater geprügelt hat. Und es ging noch weiter: Bei „Total Desaster“ sprang plötzlich Ex-SODOM-Klampfer Andy Brings im WODOS-Hemd auf die Bühne und spielte die zweite Geige Gitarre, wobei ihm das Adrenalin aus allem Poren schoss. Seines Leibchens entledigte er sich anschließend durch einen Wurf ins Publikum. Als vorletzten Song coverte man VENOMs „Black Metal“, mit gesanglicher Unterstützung von niemand Geringeren als TANKARD-Gerre und SODOM-Angelripper, leider war Gerres Mikro zunächst aus. Den Schlusspunkte bildete „Bestial Invasion“, von Schmier als „unser ‚Smoke on the Water’“ angekündigt. Fazit: Viel Show und Brimborium. Der „Mad Butcher“ hatte mehrere Auftritte: Mal zerhackte er blutiges Fleisch und warf es in die Menge, mal jagte er eine rothaarige Schauspielerin in Fetisch-Klamotten, mal schwang er die Kettensäge. Aus für meinen Geschmack etwas zu vielen Songs machte Schmier Hey-hey-Mitgrölnummern, dazu die ganzen Gastauftritte, einige Pyroeffekte und leider auch Schmiers gekünstelte evil Ansagen, die’s nun echt nicht gebraucht hätte. Doch egal, was man davon halten mag, die Songauswahl war schon ein ordentliches Brett und wie der arme Mike als einziger Gitarrist (klar, außer bei „Total Desaster“) sich da einen abriffte und -fiedelte, ist schon aller Ehren wert. Gerade während dieses Gigs dachte ich mir aber des Öfteren, ob ein zweiter Gitarrist nicht einerseits Entlastung und andererseits Garant für noch mehr Druck sein könnte…? Ich hatte meinen Spaß und gönne ihn auch DESTRUCTION, die ein nicht wegzudenkendes deutsches Thrash-Urgestein sind und nicht umsonst meine Wade in Tattoo-Form schmücken.

Setlist DESTRUCTION:

Curse The Gods
Mad Butcher
Eternal Ban
Life Without Sense
Nailed To The Cross
Invincible Force
Antichrist
Reject Emotions
Sign Of Fear
Tormentor
The Butcher Strikes Back
Second To None
Death Trap
Total Desaster
Black Metal
Bestial Invasion

Reichlich euphorisiert und mittlerweile angenehm angeschossen erwartete ich nun nicht weniger als den totalen Abriss vom Headliner des Tages: SODOM! Wahrscheinlich so etwas wie meine deutschen Lieblings-Thrasher, Ruhrpott-Metal-Urgesteine, Kultband für Kenner und meines Erachtens immer noch mit der besten deutschen Thrash-Stimme gesegnet. Längst war es dunkel geworden und Tom Angelripper, Bernemann und Makka (bei deren Einstieg in die Band leider die „bösen“ Pseudonyme ausgegangen waren) ließen die Bühne in nuklearen Grüntönen sparsam ausleuchten. „In War and Pieces“ erwies sich einmal mehr als perfekter Opener, der überraschend in den vom ausgeschiedenen Drummer Bobby geschriebenen „The Vice of Killing“ überging, bevor „Outbreak of Evil“ erstmals Kultklassiker-Alarm auslöste. Ziemlich gut durchmischte man alte Kamellen mit Stoff der Neuzeit. Eine fies rausgerotzte „Surfin’ Bird“-Version läutete „The Saw is the Law“ ein und bei „Nuclear Winter“ warf ich endgültig meinen Verstand weg. Völlig sodomisiert freute ich mich darüber, erstmals den Titeltrack der jüngsten Veröffentlichung, der „Sacred Warpath“-10“, live serviert zu bekommen, „City of God“ ist eh einer meiner Nicht-’80er-Favoriten, ebenso „Stigmatized“ und das „Agent Orange“-Chartbreaker-Album wurde mit gleich drei Songs berücksichtigt. Höhepunkt: „Blasphemer“ vom Debüt, wobei das charakteristische Gelächter diesmal nicht vom Band, sondern aus Toms Kehle kam und Grave Violator alias Peppi (ich liebe den Kontrast dieser Kosenamen) die zweite Axt schwang. Legendär, aber leider musste ich ausgerechnet während dieser Nummer pissen wie ein Elch und befand mich somit nicht mehr vor der Bühne. Womit ich allerdings fest gerechnet hatte, war „Bombenhagel“ zu hören zu bekommen, doch stattdessen beendete man den Gig mit der deutschen Version von „Ausgebombt“. So geil und vor allem heutzutage wieder einmal passend der Song auch ist, fühlte ich mich doch erst mal vor den Kopf gestoßen und dachte, man habe der Band evtl. vorzeitig den Strom aus Zeitgründen o.ä. abgedreht. Zeit genug wäre meines Wissens noch gewesen, aber, gut, will ich das mal als Statement verstehen und akzeptieren. Letztlich handelte es sich beim SODOM-Auftritt um den erwarteten Höhepunkt des Abends, der zwischendurch mit Toms berüchtigten ungekünstelten Liebesbekundungen dem Publikum gegenüber weitere Sympathiepunkte sammelte und auch in Sachen Pyroshow einiges auffuhr. Dass ich z.B. statt „M-16“ lieber „Among the Weirdcong“ gehört hätte und man von mir aus auch gerne „Remember the Fallen“ mal gegen was Flotteres austauschen könnte, sind da nur Randnotizen. Leider habe ich es vor lauter Euphorie versäumt, vernünftige Fotos zu schießen…

Setlist SODOM:

Intro
In War And Pieces
The Vice Of Killing
Outbreak Of Evil
Surfin‘ Bird
The Saw Is The Law
Nuclear Winter
M-16
Sacred Warpath
Proselytism Real
City Of God
Sodomy And Lust
Blasphemer
Agent Orange
Stigmatized
Tired & Red
Remember The Fallen
Ausgebombt

Damit war der erste Festivaltag an seinem Ende angelangt und da mir dieser nun doch etwas in den Knochen lag, wollte ich mir kurzerhand ein Taxi gönnen. Der Massenandrang auf die gelben Luxuskarossen ließ mich mich allerdings bald umentscheiden und so trat ich den Rückweg so an, wie ich gekommen war: per pedes. Dass das kein Problem war, sprach für meine immer noch überraschend gute Verfassung und wurde mit einem katerfreien Erwachen in Blümchenbettzeug belohnt.

Am nächsten Mittag war ich frohen Mutes, nach meinem Käsebrötchen-Cola-Frühstück erneut den Weg zu Fuß anzutreten, doch kurz nach meinem vernunftbetonten Obstkauf beim auf dem Weg liegenden Netto-Markt hielten zwei Festivalbesucher und baten mir an, mich im Auto mitzunehmen. Top-Service – danke, Jungs! Die Siegener Thrasher ACCU§ER eröffneten den musikalischen Teil des zweiten Tags und hatten von Beginn an einen brutalen Spitzensound. Die Alben, in die ich bisher reingehört hatte, waren nie so ganz mein Ding, der Auftritt hatte aber Eier und Wumms. Ein Schreihals forderte ständig „Cannibal Insanity“ und da der nicht gespielt wurde, muss ich mir den wohl anderweitig mal anhören. Zum Ende des Sets durfte die Band sogar noch eine Zugabe bringen, was ich vom linken oberen Rand des Geländes verfolgte, weil ich mich spaßeshalber einfach mal zum Meet & Greet mit SODOM angestellt hatte und mir, obwohl ich mir eigentlich nichts aus so etwas mache, einfach mal Autogramme mitnahm.

Makkas Frage, wer denn als nächstes spielen würde, konnte ich mit SORCERER beantworten. Obwohl bereits 1988 gegründet, haben die Schweden erst im letzten Jahr ihr Debütalbum „In the Shadow of the Inverted Cross“ veröffentlicht und mit „Black“ gleich noch ‘ne EP nachgeschoben. Mir sagte die Band erst mal überhaupt nichts, den Sound würde ich mit Doom trifft auf klassischen Heavy Metal beschreiben, ein bisschen wie BLACK SABBATH zur Tony-Martin-Ära. Sonderlich viel hängen blieb so erst mal nix, was aber nichts heißen muss, hat sich mir doch z.B. ein Götteralbum wie „Headless Cross“, um beim SABBATH-Vergleich zu bleiben, auch erst nach mehrmaligem Hören erschlossen. SORCERER wurden sehr gut vom Publikum angenommen, evtl. höre ich mir das Zeug noch mal in Ruhe an.

TRIBULATION sagten mir auch rein gar nichts, die ebenfalls aus Schweden stammende Band entpuppte sich als Mischung aus Gothic-Metal und atmosphärischem Melodic-Black-Death (oder so). Könnte man das Horror-Metal nennen? Die tuntig zurechtgemachten und angepinselten Bandmitglieder tänzelten über die Bühne und posten, was das Zeug hielt. Nach ca. drei Songs bin ich los und habe mich anderen Eindrücken gewidmet.

Es stand nämlich noch der letzte Spieltag der Fußball-Bundesliga an und für den einen oder anderen Verein ging es noch um so einiges, weshalb ich mich in den Biergarten gesellte und zu meiner positiven Überraschung feststellte, dass man (sicherlich nicht nur) meine Bitte aus dem letzten Jahr erhört und anstelle eines für die Menschenmenge viel zu kleinen Fernsehers einen Bigscreen für die Sky-Konferenzschaltung installiert hatte – offenbar gesponsert von Marshall. Danke! Bei ‘ner ersten Pilsette verfolgte ich entspannt den Abstiegskampf, Schalkes Sieg (zum Unmut der anwesenden Dortmunder) etc. und verzichtete komplett auf die dritten Schweden nacheinander, die Epic-Metaller GRAND MAGUS. Auch wenn die in den letzten Jahren in der Metal-Presse allgemein abgefeiert wurden, fiel mir das nicht sonderlich schwer, denn dieses ganze Epic-Metal-Zeug ist nicht so mein Ding. Ich finde, wahre Epik geht irgendwie anders, beispielsweise wie bei diversen IRON-MAIDEN-Großtaten.

Eine schwere Entscheidung galt es jedoch um 17:00 Uhr zu treffen: Den Fußball-Bums zu Ende glotzen oder mir THE EXPLOITED reinziehen? Ich entschied mich für letzteres, habe ich die schottischen HC-Punks doch schon ewig nicht mehr live gesehen und war neugierig, wie sie heutzutage klingen und vom Metal-Publikum aufgenommen werden würden. Leider musste ich feststellen, dass die Spielzeiten von den im Programmheft angegebenen abwichen und anscheinend alles eine Viertelstunde vorgezogen wurde, so dass ich den Anfang versäumte und erst zu „Dead Cities“ hinzustieß. Der umstrittene Shouter Wattie pöbelte sich hektisch durch eine Art Best-Of-Set, aus dem jeder Song sicherlich schon mal besser klang, seien es die HC-Punk-Knaller früher Tage, seien es die Metal-Crossover-lastigeren jüngeren Stücke. Seine vernuschelten Ansagen im schottischen Akzent waren kaum zu verstehen, aber dafür machte die ruppige Darbietung durchaus irgendwie Laune – besonders als Kontrastprogramm zum filigraneren Metal-Gedöns, das zuvor von der Bühne schallte. Das sah ein großer Teil der Anwesenden offenbar ähnlich und feierte das Geballer ordentlich ab. Meine Lieblingsband wird THE EXPLOITED sicherlich nicht mehr – dafür sorgt auch völlig überflüssiger Bullshit wie die neben tatsächlichen „Wankers“ auch Jello Biafra gewidmete Ansage zu „Fuck the USA“ – und für wirklich relevant halte ich sie heutzutage auch nicht mehr (aber welche Band ist das schon?). Dass er irgendwelche alten Privatfehden wie mit Biafra gerade für einen Song wie diesen auf die Bühne trägt, ist peinlich. Dass dieser dann mit DESTRUCTION-Schmier zusammen geschmettert wurde, war wiederum cool, immerhin haben die Schwaben vor einigen Jahren eine Coverversion des Stücks aufgenommen. Für das unvermeidliche „Sex & Violence“ wurde zur Bühneninvasion aufgerufen, zahlreiche Headbanger erklommen mithilfe der Security die Bühne, feierten und grölten mit. Anschließender Kommentar des Bassisten: Das sei die harmloseste Stage-Invasion ever gewesen, sogar sein Bier sei noch da… Alles in allem finde ich, dass die EXPLOITED-Kritiker gern mal übers Ziel hinausschießen; gönnen wir’s dem zurzeit reichlich aufgedunsenen Wattie mit seinem knallroten Iro nach Herzinfarkten und Bypass-OP doch, wieder über die Bühne fegen zu können. Der Gesamtsound war gewöhnungsbedürftig, klang aber besser als seinerzeit um die Jahrtausendwende, als die Songs unter lauter Double-Bassdrum-Gewitter kaum noch voneinander zu unterscheiden waren. Und Alben wie „Troops of Tomorrow“ und „Let’s Start a War“ halte ich nach wie vor in Ehren – da gab’s nämlich gerade im Punk-Bereich sehr viel Schlechteres.

Setlist THE EXPLOITED:

Let’s Start A War (Said Maggie One Day)
Fightback
Dogs Of War
Massacre
UK 82
Chaos Is My Life
Dead Cities
Alternative
Noize Annoys
Never Sell Out
Rival Leaders
Troops Of Tomorrow
I Believe In Anarchy
Holiday In The Sun
Cop Cars
Beat The Bastards
Fuck The System
Porno Slut
Army Life
Fuck The USA
Sex & Violence
Was It Me

Mit KADAVAR aus Berlin stand nun Retro-Rock auf dem Programm, ein Genre, das polarisiert: Seit dem Revival dieses Stils versuchen sich unzählige Bands darin, Sound und Ästhetik der ’70er nachzuempfinden. Manche Bands tendieren dabei stärker in den Doom-Bereich, andere haben eine starke Bluesrock-Schlagseite. Zumindest 2/3 von KADAVAR sahen typischerweise aus wie mit der Zeitmaschine direkt aus dem Schlaghosen-Jahrzehnt hergebeamt und man spielte Hardrock/’70s-Proto-Metal mit ordentlich Drive, vom an Muppet-Animal erinnernden Drummer hinter seinem aufs Nötigste reduzierten und publikumswirksam auf einem Raiser in der Mitte platzierten Kit mit einem kräftigen Punch und beachtlicher Show versehen und bisweilen entfesselten Jam-Charakter aufweisend. Ich hab’s mir nicht komplett gegeben, wozu auch der nervige Regen an diesem deutlich abgekühlten Tag – die sog. Eisheiligen hatten sich angekündigt – beitrug, der mich in die Merchandise-Zelte trieb. KADAVAR dürften aber an diesem Tag manch Zweifler überzeugt und sich einigen Respekt erspielt haben.

Am gespanntesen war ich an diesem Tag auf die US-Amerikaner von METAL CHURCH. Nach einigen nicht mehr ganz überzeugenden Alben war für die jüngste Platte „XI“ Mike Howe zurück ans Mikro gekehrt, der damals die Alben Nummer drei bis fünf im Zeitraum ’89 bis ’93 eingesungen hatte, die eine hervorragende Reputation genießen – wenn meines Erachtens auch das Debüt-Album mit dem tragischerweise verstorbenen Original-Sänger David Wayne unerreicht bleibt. Doch der schlanke, drahtige Howe, mittlerweile ohne lange Matte, kam, sang und siegte! Welch eine unfassbare Talentverschwendung, dass der Kerl derart lange gesangsabstinent geblieben war, denn er war topfit und lieferte eine fantastische Gesangsleistung. Der klassische US-No-Bullshit-Power-Metal des Quintetts deckte alle Erfolgsalben mit Schwerpunkt auf der Howe-Ära ab, Howe hüpfte gern auch mal auf nur einem Bein breit grinsend über die Bühne und der Band sah man die Spielfreude ebenfalls an, allen voran Urgestein Kurdt Vanderhoof. Es war eine gute Entscheidung, mir ganz vorne ein Plätzchen zu suchen, denn dort war ich nicht nur möglichst nah an der Bühne, sondern auch regengeschützt. METAL CHURCH wurden vollkommen zu Recht gebührend gefeiert, machten Lust, sich mal wieder stärker mit ihrer Diskographie zu beschäftigen und wirkten zudem überaus sympathisch. Einziger Wermutstropfen: Ein überflüssiges Gitarrensolo anstelle eines weiteren Songs. Für mich die Gewinner des Tages.

Setlist METAL CHURCH:

Fake Healer
In Mourning
Start The Fire
Reset
Gods Of Second Chance
Date Witch Poverty
No Tomorrow
Watch The Children Pray
No Friend Of Mine
Killing Your Time
Beyond The Black
Badlands
The Human Factor

Die Norweger „Deathpunks“ von TURBONEGRO bildeten etwas überraschend den Headliner dieses Festivaltags und nicht nur ich war sehr skeptisch. Gegen Ende der ’90er muss es gewesen sein, als sich auf irgendeiner Mix-CD der Song „Are You Ready (For Some Darkness)“ befand, den ich eigentlich ganz töfte fand. Schnell allerdings ging mir der Hype um die Band auf den Sack und mit ihrem Schwulen-Image schien sie mir weniger zu provozieren als vielmehr Everybody’s Darlings geworden zu sein. Zudem nervte mich ihr Mittelschicht-Fanclub „Turbojugend“ und ich hatte das Gefühl, dass sich viel zu viele Deppen plötzlich dazu berufen fanden, in den Hype einzusteigen und sich in überteuerte Denim-Jacken zu hüllen. Das Hickhack um einen Gig auf dem Lausitzring anlässlich des 2004er Abschiedskonzerts der BÖHSEN ONKELZ, den man erst zu- und dann die Schwänze einzog und ihn wieder absagte, besorgte den Rest. Und als 2011 der Originalsänger Hank van Helvete durch einen gewissen Tony Sylvester ersetzt wurde, schien der Drops endgültig gelutscht, denn auch viele Fans der Band attestierten ihr nun, nicht mehr an alte Qualitäten anknüpfen zu können. Überfliegt man die Biographie der Band, scheint diese allerdings für eine modernere Version von „This is Spinal Tap“ prädestiniert: Im Zuge der allgemeinen Alterung des Rockzirkus hört man ja immer wieder von geläuterten Rockstars, die nach jahrelangem „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“-Exzess und diversen Entzugsklinikaufenthalten Drogen und Alkohol abschworen und „zu Gott fanden“, also religiös wurden und plötzlich vermehrt mit reaktionären Äußerungen auffielen, von denen man eigentlich glaubte, sie hätten im Rock’n’Roll nichts zu suchen. So auch Hank van Helvete, der ehemals so exaltierte Frontmann, der plötzlich Scientology-Mitglied wurde und sich abschätzig über Homosexuelle äußerte. Als ich erstmals davon erfuhr, hielt ich das noch für einen Gag und wartete darauf, dass die Band ihn irgendwann auflösen und sich über die schockierten Fans lustig machen würde, doch dieser Schritt blieb aus – offenbar war all das kein Spaß mehr.

Wie dem auch sei, an diesem Abend hatte ich nichts Besseres zu tun, erwartete absolut nichts, gab der Band nach den ersten verpassten Songs aber eine Chance und sah mir den Auftritt an. Die Band war noch in beklopptere Outfits gewandet, als ich es mir ausgemalt hatte, Sänger Tony Sylvester rief zum kollektiven Selbstmord auf und geizte nicht mit langen, individuell auf das Festival und die Metal-Fans zugeschnittenen Ansagen, von denen locker die Hälfte tatsächlich witzig war – und spätestens, als man „City of Satan“ spielte und zwischen zwei Zeilen den Hinweis „Not the band Satan!“ unterbrachte, hatte sie mich und ich amüsierte mich köstlich. „Are You Ready (For Some Darkness)“ avancierte zu einem der Höhepunkte des Sets, das nach einer punkigen, frechen, ironischen Variante von ’80er-Stadion- und Schweinerock klang, „Blow Me (Like the Wind)“ wurde um ein bescheuertes Keyboard-Solo ergänzt und als Tony mutmaßte, sie seien die einzige Band des Festivals, deren Logo man tatsächlich lesen könne, irrte er – wir befanden uns schließlich nicht auf dem Party.San! Er formte eine „Berlin Wall of Death“ und berichtete von EXPLOITED-Watties Zusammentreffen mit Angela Merkel, während die meisten Songs bei fettem Sound und geiler Lightshow zumindest mitwippen ließen und sich als kurzweilig und unterhaltsam erwiesen. Rund 20 Jahre meiner Ignoranz den Norwegern gegenüber endeten also an diesem Abend und, ja, verdammt: Sylvester hat schon eine ziemlich geile Stimme – das muss man ihm lassen. Immerhin schafften sie’s auch, das mittlerweile wirklich unangenehme Klima vergessen zumachen, denn ich hatte dann doch die eine Regendusche zuviel abbekommen, so dass sich alles nur noch nasskalt und klamm anfühlte. Gut bespaßt trotz heute nur zwei Bierchen in der Blutbahn machte ich mich auf den Heimweg und zappte im Zimmer noch durchs Pfingstwochenend-TV-Programm, das allerdings derart öde war, dass ich mich erst recht auf den dritten und letzten Festivaltag freute.

Setlist TURBONEGRO:

Hot For Nietzsche
We’re A Norwegian Band
You Give Me Worms
All My Friends Are Dead
Are You Ready (For Some Darkness)
City Of Satan
Blow Me (Like The Wind)
Dude Without A Face
I Wanna Come
Back To Dungaree High
Special Education
Drenched In Blood (D.I.B.)
Sell Your Body (To The Night)
Wasted Again
Fuck The World (F.T.W.)
Get It On
The Age Of Pamparius
Don’t Say Motherfucker, Motherfucker
Dirty Deeds Done Dirt Cheap
I Got Erection

Aufgrund der Erfahrungen des Vortags entschied ich nach ausgiebigem Ausschlafen zu bereits vorgerückter Stunde nicht nur, ’ne langer Hose überzuziehen, sondern mir auch wegen der wenig vertrauenserweckend wirkenden Witterung ein Taxi zu bestellen. Taxi-Zentrale GE gegoogelt, angerufen – und niemand nahm ab. Also stiefelte ich doch wieder zu Fuß los und war noch nicht weit gekommen, als ich mich vor üblem Prasselregen Schutz suchend unter einen Hauseingang rettete. Da fiel mir auch prompt ein, dass ich noch ein altes Regencape aus Wacken im Koffer hatte, also wartete ich ab, bis es wieder etwas trockener wurde und machte auf dem Absatz kehrt, um das Ding einzusacken und überzuziehen. Müßig zu erwähnen, dass seitdem kein Tropfen mehr herunterkam und ich es bald wieder zusammenfalten und in die Arschtasche stecken konnte, aber das ist eben Murphy’s Law: Wer weiß, was da noch alles runtergekommen wäre, hätte ich aufs Cape verzichtet… Den Hinweg konnte ich dann also doch wieder bei Sonnenschein wandern, kam aber zu spät für die Hessen DISCREATION, die offenbar mit einem amtlichen Death-Metal-Brett den letzten Tag eröffneten, das selbst mir als Death-Metal-Muffel bestimmt auch ganz gut getan hätte.

Aber auch die (schon wieder) Schweden von BLACK TRIP um die beiden ENFORCER-Mitglieder Joseph Tholl und Jonas Wikstrand wurden zu einem prima Einstieg in den Tag. Die bisher zwei Alben veröffentlicht habende Band überzeugten mit rock’n’rolligem, melodischem Heavy Metal mit leichter Punk-Kante und spielten mit „Shadowline“ einen meiner Lieblinge – welch ein Song!

Nun galt es allerdings, eine lange Durststrecke durchzustehen. NIGHTINGALE um den umtriebigen Schweden Dan Swanö spielten Gothic-Metal mit Keyboard-Samples aus der Konserve und hatten anfänglich mit Sound-Problemen zu kämpfen, konnten mich aber auch ohne diese nicht überzeugen. Einzig der letzte Song, der EDGE-OF-SANITY-Klassiker „Black Tears“, u.a. formidabel von HEAVEN SHALL BURN gecovert, ließ mich aufhorchen. Zwischendurch erwähnte Dan bezeichnenderweise, dass es normalerweise immer so leise zwischen ihren Songs sei und erbat sich 30 Sekunden „Noise“ vom Publikum – das er auch bekam. Trotz sympathischer Ausstrahlung nichts für Vadder sein‘ Sohn.

Unerträglich wurde es dann bei den Deutschen ORDEN OGAN: Kitsch-Metal mit permanentem überlautem Double-Bass-Durchgetrete – ihr seid keine Death-Metal-Band! – und Chören vom Band. Das ging gar nicht und ich musste fliehen.

Auch die Portugiesen MOONSPELL verschafften im Anschluss keine Abhilfe: Noch mehr Gothic-Metal, diesmal mit sehr dominanten Keyboards – und leider langweilig wie Sau. Der Sänger verließ zwischendurch kurz die Bühne, doch wer gehofft hatte, das wäre es jetzt gewesen, sah sich getäuscht: Er kehrte mit einem albernen Umhang zurück und trällerte ein Lied über Vampire… Auch im Publikum machte sich deutlich vernehmbar erster Unmut breit. Ich wusste nicht mehr so wirklich etwas mit meiner Zeit anzufangen, von meinen Hamburger Bekannten keine Spur, im Biergarten, wo letztes Jahr noch Interviews und Lesungen stattfanden, flimmerte lediglich der Bigscreen, auf dem ich mir wenigstens den coolen neuen DESTRUCTION-Clip zu „Under Attack“ und ein paar wild-things.de-Videos vom Festival anschauen konnte, ansonsten aber vor allem die immer gleichen Werbespots der Sponsoren liefen. Auf Saufen hatte ich auch keine Lust und sah mir so zum zehnten Mal die Aufnäherstände an…

Mit RIOT V, der fünften Inkarnation der US-Power-/Speed-Metaller RIOT, erschien dann endlich wieder Licht am Horizont und die von Schicksalsschlägen gebeutelten Amis – u.a. hatte man Gitarrist und Urgestein Mark Reale 2012 durch dessen tragischen Tod verloren – öffneten einen Sack voller Melodien, Hymnen und herausragender klassischer Metal-Gitarrenarbeit. Der aktuelle Sänger Todd Michael Hall erwies sich als echter Glücksgriff und agiles Goldkehlchen, auch Gitarrist Nick Lee blieb ein ständiger Aktivposten, selbst der Drummer war permanent am Headbangen. Wie erfrischend wirkte dieser Auftritt gegen fast alles an diesem Tag Vorausgegangene?! Mein persönlicher Höhepunkt war das grandiose „Flight of the Warrior“ und der einzige Wermutstropfen, dass es „Outlaw“ nicht in die Setlist geschafft hatte. „Swords and Tequila“ widmete man Mark Reale, dessen Gitarrenkoffer sie hochhielten, Bassist Don Van Stavern nahm einen Schluck aus der Tequila-Pulle auf ihn. „Thundersteel“ setzte den Schlusspunkt unter einen begeisternden Auftritt einer Band, die man noch lange nicht abschreiben sollte und mit deren Diskographie ich mich mal eingehender befassen werden müssen.

Setlist RIOT V:

Narita
Ride Hard Live Free
Fight Or Fall
Fire Down Under
Angel Eyes
Flight Of The Warrior
Bloodstreets
Take Me Back
Road Racin´
Warrior
Swords And Tequila
Thundersteel

Ein Fan, der unbedingt die nun mit den Hufen scharenden US-Deather CANNIBAL CORPSE sehen wollte, ist traurigerweise direkt nach RIOT V umgeknickt und wurde mit anscheinend herausgesprungener Kniescheibe von den Sanitätern auf einer Tragbahre abtransportiert. Gute Besserung, Junge! Zu Beginn meiner Pubertät hielt ich die subgenredefinierende Band für so ziemlich das Härteste und Krasseste, was es an Metal geben konnte, war jedoch in erster Linie von den Zensurmaßnahmen gegen die Band und den, äh, geschmackssicheren Plattencovern fasziniert. Als ich merkte, dass mir Death Metal allgemein weniger liegt, ließ mein Interesse schnell nach und als ich sie 2010 in Wacken erstmals live zu sehen bekam, floh ich vor der mich eher langweilenden Monotonie. Statt mir ein elftes Mal die Aufnäherstände anzuschauen, positionierte ich mich diesmal jedoch auf den untersten Stufen genau mittig zur Bühne und beschloss, mein Durchhaltevermögen auf eine Probe zu stellen. Es war drückend, es war laut (hart an der Grenze für meine Ohren, die noch lange Zeit danach klingelten) und es war brutal. George „Corpsegrinder“ Fisher grunzte, röchelte und ließ hin und wieder markerschütternde Schreie ertönen, wenn er nicht gerade seinen Nacken durch beeindruckendes Propeller-Banging trainierte. Musikalisch war’s wie erwartet fast permanentes Geballer, jedoch technisch fit und stets präzise auf den Punkt gespielt. Schon irgendwie faszinierend, wie die Band da den Überblick behält und auch Fisher stets weiß, wann welches Drumfill kommt, wann welcher Break ansteht, wer wann wo und wie einsetzen muss – Hooks oder sonstige Wiedererkennungsmerkmale, Unterscheidungsmöglichkeiten etc. sind hier zumindest für meine Lauscher nämlich äußerst rar gesät. Schon eine beeindruckende Leistung und ich hielt tapfer durch, bis der letzte Akkord verklungen war, ja, hatte mit der Zeit sogar irgendwie einen seltsamen Gefallen an diesem Abrisskommando gefunden. Musikalischer Extremismus ohne jegliche Kompromisse.

Setlist CANNIBAL CORPSE:

Evisceration Plague
Time To Kill Is Now
Scourge Of Iron
Death Walking Terror
Stripped, Raped And Strangled
The Wretched Spawn
Pit Of Zombies
Kill Or Become
Sadistic Embodiment
Icepick Lobotomy
Covered With Sores
Born In A Casket
I Cum Blood
Unleashing The Bloodthirsty
Make Them Suffer
Hammer Smashed Face
Devoured By Vermin

Wesentlich filigraner gehen da die Krefelder BLIND GUARDIAN zu Werke, die nach langer Zeit erstmals wieder das Rock-Hard-Festival beehrten, natürlich als Headliner. Die Band um Frontmann Hansi Kürsch erfreut sich seit Jahrzehnten ungebrochener Beliebtheit und dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass an diesem Tag selbst die letzten Tagestickets verkauft wurden und der entsprechende Schalter geschlossen werden und „Sold Out“ vermelden konnte. Ich muss jedoch zugeben, lediglich mit den ersten drei Alben, auf denen man noch Speed Metal zockte, wirklich etwas anfangen zu können. Mit dem Tolkien-Fantasy-inspirierten Power Metal, für den die Band seit Abschluss jener Anfangsphase steht, wurde ich nie so richtig warm, wenn er auch sicherlich hier und da seine Momente hat. Besonders der durchaus kreative Umgang mit Coverversionen ist mir noch in wohliger Erinnerung, doch in erster Linie regieren Bombast, Pathos und Prätentiöse, konterkariert von Hansis bodenständigen Ansagen „mit dem Charme eines Finanzbuchhalters“, wie ich irgendwo las. BLIND GUARDIAN verwandelten zum Abschluss das Festival in eine bunte Fantasy-Welt und bemühten sich um viel Atmosphäre, was auf viel, viel Gegenliebe seitens der Anwesenden stieß. Ich schaute mir das Treiben aus sicherer Entfernung an und schlürfte mein Bierchen, vernahm ausufernde Mitsingparts und eine von der Publikumsresonanz sehr angetane Band – und freute mich, wenn mal ein Speed-Klassiker wie „Valhalla“ erklang oder man sich mit „Majesty“ vom allerersten Album schließlich verabschiedete. BLIND-GUARDIAN-Fans dürften voll auf ihre Kosten gekommen sein; ich nahm immerhin ein paar frische Eindrücke der Band mit, mit der ich wohl nie mehr so richtig warm werden werde.

Setlist BLIND GUARDIAN:

The Ninth Wave
The Script For My Requiem
Nightfall
Fly
Tanelorn (Into The Void)
Prophecies
The Last Candle
Lord Of The Rings
Time Stands Still (At The Iron Hill)
Journey Through The Dark
Imaginations From The Other Side
Sacred Worlds
Valhalla
The Bard’s Song – In The Forest
Mirror Mirror
Majesty

An diesem letzten Abend trat ich natürlich nicht gleich den Heimweg an, sondern suchte das große Aftershow-Party-Zelt auf, in dem tagsüber der Metal-Markt stattgefunden hatte. Mit Teilen der Hamburger wurden noch ein paar Bierchen geschlürft und die Beschallung erfolgte diesmal übrigens nicht von einem DJ im Zelt, sondern vom direkt draußen davor platzierten Truck der Firma „Teufel“. Da auch das Wetter noch immer weitaus angenehmer war als am Tag davor und der DJ nun einen Klassiker nach dem anderen auflegte, feierte ich erstmals seit Freitag noch mal ’ne ganze Weile so, wie es leider bei zu vielen Live-Bands für mich nicht möglich gewesen war. Rechtzeitig erinnerte ich mich diesmal daran, noch einen nicht ganz unbeträchtlichen Weg zurück zur Unterkunft vor mir zu haben und nahm irgendwann Abschied vom Rock-Hard-Festival 2016. Ich konnte noch mal ausschlafen, bevor mich ein neuer Chauffeur mittags direkt am Zimmer abholte und zurück nach Hamburg fuhr.

Zeit für ein kleines Resümee: Ein keinem speziellen Subgenre verpflichteten, abwechslungsreiches Bandaufgebot gehört zum Konzept des Rock-Hard-Festivals, es jedem Recht machen kann und will man nicht. Ich weiß gar nicht, ob 2015 mehr für mich dabei war, gleich drei meiner Favoriten gab’s diesmal ja in geballter Form schon am Freitag. Letztes Jahr war natürlich alles noch allein schon deshalb aufregender, weil’s für mich neu war und es mehr zu entdecken gab. Wenn das Wetter nicht wie gewünscht mitspielt und drei langweilige Bands hintereinander spielen, kann das schon mal einen Stimmungsabfall zur Folge haben, zumal ich als Nicht-Camper auch keinen Zutritt zum Camping-Gelände habe. Auf einem kleinen Festival wie diesem mit seinen 7.000 bis 8.000 Gästen hat man vom Drumherum dann auch recht schnell alles gesehen, zumal wenn das Parallelprogramm zusammengeschrumpft wurde. Nichtsdestotrotz war es auch dieses Jahr eine größtenteils angenehm horizonterweiternde, entspannte Angelegenheit, deren Teilnahme ich zu keiner Sekunde bereut habe – eine zu willkommene Abwechslung auch zu meiner sonstigen Freizeitgestaltung stellt sie dar. Mit den Leuten vor Ort, egal ob von offizieller Seite oder als Gast, gab’s zu keinem Zeitpunkt auch nur irgendein Problem, die ganze Stimmung habe ich erneut als sehr relaxt empfunden. Nach wie vor nicht nachvollziehen kann ich allerdings, dass sich manch einer seine mehr oder weniger geschmackvoll gestalteten Kutte mit BURZUM-Dreck verziert und dieser auch noch an fast jedem Stand verkauft wird. Der Festivalsport Crowdsurfing erfreute sich auch auf diesem Festival großer Beliebtheit, wobei ich mich schon frage, was manche antreibt, sich während eines einzelnes Auftritts zehn Mal nach vorn tragen und von der Security in Empfang nehmen zu lassen… Kompliment an die Sicherheitskräfte, dass die das tatsächlich dauerhaft mit einem Lächeln quittieren.

Als nervig erwies sich der „Hauptverkehrsknotenpunkt“, an dem jeweils nach Ende eines Gigs sich die Menschenmengen stauten, die entweder am offiziellen Merchandise-Stand gucken oder kaufen, zum Klo abbiegen, geradeaus weiter oder rechts herum wollten und sich manches Mal gegenseitig auf die Füße trampelten. Vor allem die Kloschlange versperrte nämlich den reibungslosen Besucherabfluss. Genauso viele, wie die Toiletten aufsuchten, kamen nämlich auch wieder zurück und der Weg wurde zusätzlich durch große Mülltonnen verengt. Hier etwas mehr Platz zu schaffen, wäre wünschenswert. Dass es überhaupt vernünftige Toiletten-Container mit fließend Wasser, Seife und Papierhandtüchern gibt, ist natürlich äußerst erfreulich. Als jemand, der kein Fleisch mehr isst, ist natürlich das Essensangebot stets auch von besonderem Interesse. Positiv tat sich, und das sage selbst ich als Küstenkind, wieder der Fischstand hervor, der sättigenden, wohlschmeckenden Fisch (fangfrisch aus dem Rhein-Herne-Kanal!) in verschiedenen Variationen zu vertretbaren Preisen anbot. Pommes gehen auch klar; 50 Cent lassen sich sparen, wenn man statt Ketchup oder Mayo zum Senf greift (einfach mal probieren, schmeckt klasse). Die etwas lieblos erscheinende Pizza gehört eher ins Mittelfeld, eine kleine Portion Asia-Nudeln mit Gemüse, die selbst am Hamburger Hauptbahnhof nur zweifuffzsch kostet und dort sogar noch gebratenen Tofu enthält, wird für satte 5,- EUR ebenso boykottiert wie die Falafel zum ich glaube selben Preis: Generell habe ich beschlossen, diese Kichererbsenbällchen so lange links liegen zu lassen, bis man statt ihrer endlich Veggie-Döner aus Seitan anbietet. Im Vorfeld meine ich gelesen zu haben, dass man sich für Vegetarier & Co. diesmal noch etwas Besonderes habe einfallen, aber ich weiß nicht, was damit gewesen sein könnte. Ach ja, drei frittierte Reibekuchen mit Apfelmus o.ä. für 4,- EUR schien mir auch zu teuer, soll aber ein ziemlicher Gaumenschmaus gewesen sein. Vielleicht nächstes Jahr. Wie auch bei den Bierpreisen (Veltins vom Fass) gilt fast generell: 50 Cent runter wäre wünschenswert… Wat war noch? Ach ja, die Festival-Shirts waren leider nicht so schick wie 2015, den Zwanziger habe ich gespart.

Fürs nächste Jahr wurden bereits CANDLEMASS, SECRETS OF THE MOON und D-A-D angekündigt, wovon mich erst mal nichts vom Hocker reißt. Obwohl, einmal „Sleeping My Day Away“ live…? Ich sag’ mal so: Ich würde mir wünschen, dass das Line-Up 2017 wieder in ausreichendem Maße nach meiner Kragenweite gerät, denn ich würde eigentlich schon gern wiederkommen…

P.S.: Danke an www.the-pit.de, wo ich die Setlists vergleichen bzw. mopsen konnte!

07.05.2016: Hafengeburtstag Hamburg

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Der Hamburger Hafengeburtstag mit seinen zahlreichen Bühnen wurde dieses Jahr feiertagsbedingt gleich vier Tage lang gefeiert, von Donnerstag bis Sonntag. Ich hatte erst ab Samstagnachmittag wirklich Zeit dafür, weshalb ich viele sehens- und hörenswerte Gigs von z.B. FAST SLUTS, S.O.S., PLASTIC PROPAGANDA und VIOLENT INSTINCT verpasste, aber auch den ersten Abend des alternativ „Affengeburtstag“ getauften Programms auf der Onkel-Otto-Bühne am Störtebeker außerhalb des städtisch abgesegneten Teils ohne mich stattfinden lassen musste. Samstag aber sollte ich dort selbst mit BOLANOW BRAWL auf der Bühne stehen und freute mich auf mein erstes Open Air überhaupt mit dieser Band! Der ursprüngliche Plan, zwischen 16:00 und 18:00 Uhr Soundchecks mit allen Bands durchzuführen, wurde über Bord geworfen, so dass wir noch reichlich Zeit bis zum Beginn um 19:00 Uhr hatten, dem Bühnenaufbau beiwohnen, die ersten Bierchen pitschen und uns schließlich übers Buffet hermachen konnten (oder auch vergeblich zu versuchen, Bolanow zu besorgen oder, wie Stulle, einen Parkplatz zu finden…). Das Wetter lud zum gemütlichen Rumgammeln ein, denn es dürfte der bisher heißeste Tag des Jahres gewesen sein – keine Spur vom Schmuddelwetter manch vergangenen Hafengeburtstags. Viele Freunde und Bekannte waren auch längst vor Ort, was neben dem starken Besucherandrang meine Nervosität beflügelte. Die Spielreihenfolge die Bands untereinander ausmachen zu lassen, fiel dem sich als gut funktionierend herausstellenden Konzept der Organisatoren zum Opfer, die lokale Band – in diesem Falle uns – jeweils als zweite zocken zu lassen. Pünktlich, nachdem ich mir die schmackhafte Nudelpfanne mit Seitan, Salat und Brot reingepfiffen (und nur dafür auf den weltbesten Veggie-Döner, den es stets zum Hafengeburtstag an der Hafenstraße gibt, verzichtet) hatte, begannen LUCKY MALICE aus Norwegen. Das Riot-Grrrl-Trio machte mit seinem vornehmlich englisch gesungenen, rauen und doch melodischen, ziemlich eigenständigen Punk gut Alarm und überzeugte mit viel Spielfreude und Gesang, der dann und wann in überraschend hohe Regionen vorstieß. Eine der Damen sprang zwischenzeitlich von der Bühne ins Publikum; gegen Ende schraubte die Bassistin ihr Mikro hoch und schmetterte eine klasse Version von MOTÖRHEADs „Ace of Spades“. Klasse Bühnenshow eines ebensolchen Gigs, der die Stimmung gut anheizte. Die Mädels haben gerade ihre Split-LP mit DANGER!MAN herausgebracht und beehren Hamburg bereits zum Gaußfest am 11.06. wieder!

Nun waren wir an der Reihe. Zum Umbau auf der Bühne gesellte sich Janas und Kais kleine Rampensau und Stuntgirl Pia, die zuvor bereits diversen Zuschauern eine Seifenblasendusche verpasst hatte und nun Mikros und Drums auf ihre Funktionstüchtigkeit hin testete. Die recht hohe Bühne bot einen prima Überblick über die Meute und, ja, die war wirklich zahlreich erschienen. Mit unserer in Rotenburg erfolgreich erprobten neuen Setlist sorgten wir als einzige Streetpunk-Band des Abends dann für weiteren melodischen Stoff, der offenbar gut ankam, das Publikum zeigte sich begeisterungsfähig, in Teilen auch bewegungsfreudig und so wurd’s auch für uns ’ne äußerst angenehme Nummer, meines Wissens ohne großartige Verspieler oder sonstige Ausfälle. Ich genoss sehr den Umstand, endlich mal wieder ’ne Monitorbox zu haben, statt versuchen zu müssen, über die P.A. irgendetwas mitzuhören. Zwischen den Songs allerdings das übliche Chaos; wann immer ich ’ne Idee für ’ne Ansage hatte, brüllten die mitteilungsfreudigen Kollegen dazwischen oder zählten schon die nächste Nummer an und wenn ich mir gewünscht hätte, dass sie ihrem etwas eigenen Humor freien Lauf lassen, blieben sie stumm wie ein Fisch zwischen zwei Brötchenhälften. Das machen die mit Absicht und ich werde mich irgendwann grausam rächen! Obwohl einige sie gefordert hatten, gab’s keine Zugaben, denn der Zeitplan hing eh schon wieder hinterher, davon abgesehen hatten wir unser Pulver komplett verschossen und keine „Hits“ aufbewahrt, um die wir uns erst lange bitten hätten lassen.

Nach der Pflicht kam die Kür, was bedeutete, unaufgeregt die weiteren Bands verfolgen oder sich weiter auf dem Hafengeburtstag umsehen zu können. Die Holländer FLEAS AND LICE besorgten es der Hardcore-Punk-Fraktion nun mit ebensolchem, wie gehabt ordentlich scheppernd und mit männlich-weiblichem Wechselgesang. Die sind mittlerweile schon so lange dabei, dass sie niemandem mehr etwas beweisen müssen und wüteten sich gewohnt souverän durch ihr Set. Das hab’ ich allerdings nicht komplett verfolgt, sondern bin zwischendurch runter zur Jolly-Roger-Bühne, um genau in die wenig spannende Umbaupause einer Ska-Punk-Band zu geraten. Als ich das nächste Bier weg hatte und der Trompeter noch immer sein Instrument stimmte, bin ich wieder hoch, Shakehands hier, Klönschnack da und schon standen JUNTA aus Dänemark auf der Bühne. Das Trio hat bisher ein Demotape und ’ne EP-MC draußen und zockt ungezügelten, energischen Hardcore-Punk, der mich ein bisschen an alten Finnen-Punk erinnert. Die in Landessprache vorgetragenen Songs duldeten kein Durchatmen und auf Dauer war’s mir dann ehrlich gesagt zu monoton. Der Gitarrist und Sänger in Personalunion war aber mit vollem Enthusiasmus bei der Sache und seine Energie wirkte anscheinend auf Teile des Publikums durchaus ansteckend.

Mit HOMBRE MALO als letzter Band war dann noch einmal Norwegen vertreten. Tiefergestimmten Sludge vernahmen meine Ohren und das ist nun leider so gar nicht meins, da kann der Shouter noch so viel herumbrüllen. Ich befürchtete das Schlimmste, doch plötzlich gab die Band Gas und war dazu arschtight, so dass es doch noch durchaus hörbar wurde. Der Stil entpuppte sich als Bastard aus Sludge, brutalem Geknüppel und bisweilen noisigen Einlagen, der nicht gerade eingängig, aber in seiner Härte und Konsequenz durchaus beeindruckend war. Groovigere Parts lockerten die Songs auf und ich glaube, in dem, was HOMBRE MALO machen, sind sie ziemlich gut. Der Shouter brüllte um sein Leben und die wuchtigen Drums sorgten für den passenden Beat zum musikalischen Massaker. In all seiner völligen Übertreibung irgendwie faszinierend und noch mal ein derbes Brett zum Abschluss, wenn auch in Sachen Songstruktur schwer nachvollziehbar und nicht gerade tanzbar.

affengeburtstag 2016 flyer 2Danke an Coyote und Co. für diese geile Gelegenheit, den Hafengeburtstag zu beschallen, an die nette Crew, die ’nen klasse Job gemacht hat und natürlich alle, die dem Spektakel beigewohnt haben! Hat arschviel Spaß gemacht und uns sehr gefreut! Ein kleiner Wermutstropfen sind lediglich die anscheinend vermehrten Taschendiebstähle, die diesmal auch vor den Besuchern der Onkel-Otto-Bühne keinen Halt gemacht haben, von denen wir aber glücklicherweise nicht betroffen waren. Die Nacht hielt noch so manches Kuriosum für uns bereit und wurde von mir kurzerhand durchgemacht, weshalb ich am Sonntag leider viel zu erledigt war, um doch noch der Jolly-Roger-Bühne einen Besuch abzustatten und mir beispielsweise SLIME zu geben, deren Gig die Pfeifen von der Alternative für Deppen (AfD) noch zu verhindern versucht hatten. Aber das ist ein anderes Thema…

P.S.: Danke auch an Katharina G. und Frank Obersheimer für die Fotos unseres Auftritts!

30.04.2016, Menschenzoo, Hamburg: SHEEP ON A TREE + CHANNEL RATS + C³I

sheep on a tree + channel rats + c³i @menschenzoo, hamburg, 20160430

Dass der Menschenzoo gleich drei Bands an einem Abend zocken lässt, dürfte anlässlich der Walpurgisnacht ein Novum gewesen sein. Obwohl ich zwischendurch und anschließend „auflegen“ (ich setze es in Anführungszeichen, da ich mich lediglich als Filejockey betätige, die guten Platten bleiben in den Schränken) sollte, hatte ich auch gar nicht geschnallt, dass das „C³I“ im Veranstaltungstitel eine weitere Band sein soll. So begann man dementsprechend früh; als ich wie üblich ca. 22:00 Uhr eintraf, lief gerade der vorletzte Song der Band mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen. Das klang nach töftem Punk mit deutschen Texte und wenn die sich nicht spontan aufgelöst haben (ein verbreitetes Hamburger Phänomen), wird sich sicherlich bald noch mal die Gelegenheit ergeben. Der Laden war bereits sehr gut gefüllt und C³I schienen allgemein sehr gut aufgenommen worden zu sein.

Die Hamburger CHANNEL RATS kannte ich bisher nur vom ’80er-WATERKANT-HITS-Sampler; neben weiteren Sampler-Beiträgen hatten sie 1984 ein Split-Album mit R.A.F.GIER aufgenommen, das ich nie gehört habe. Seit einiger Zeit spielt die Band wieder Gigs und hat sich einen verdammt jungen Drummer geangelt. Die schnörkellosen, vom Sänger mit Psychobilly-Flat auf der Murmel mal auf Deutsch, mal englisch vorgetragenen Songs irgendwo zwischen HC- und Streetpunk zündeten schnell und verdienen vielleicht nicht unbedingt den Status „vergessene Klassiker“, aber machten Laune, die Spielfreude der Band war durchaus ansteckend. Ihr einziger mir bekannter Song „A Night on the Graveyard“ erklang gleich zweimal, am Schluss nämlich noch mal in einer coolen Punkabilly-Version. Auch ein neuer, unveröffentlichter Song erwies sich als ziemlich hörenswert. Hat mir gefallen.

SHEEP ON A TREE sind ebenfalls HH-Altpunks, die bisher allerdings völlig an mir vorübergegangen waren. Gegründet 1989, veröffentlichte man 1990 mit „In Tune“ das bis dato einzige Album. Seit sie sich wieder zusammengetan haben, gehen sie wieder recht regen Konzertaktivitäten nach, doch bisher hatte es zeitlich bei mir nie gepasst. Für mich also, wie bei den CHANNEL RATS, ’ne Premiere beim Tanz in den Mai nach Hamburger Punkmanier. Sänger Hake sieht aus wie ein alter Seebär, singt ebenfalls zweisprachig und hat immer wieder ein bisschen MISFITS-Vibe in der Stimme. Unterbrochen wurde er von einem arschtighten Instrumentalstück, währenddessen der topfitte Drummer auch mal so richtig aufkacken konnte. Ansonsten war’s mehr so die Oldschool-Punk-Nummer mit einigen klasse melodischen Songs, die direkt ins Ohr gingen. Ins für mein Empfinden ungewöhnliche lange Set hatten sich aber auch ein paar unspektakulärere Stücke eingeschlichen, was das den Laden nun vollends ausfüllende (größtenteils Ü40-)Publikum nicht daran hinderte, Zugaben einzufordern – die es auch bekam. Am Ende verbeugte sich die Band höflich vor dem Pöbel, was ich im Menschenzoo auch noch nie gesehen habe. Veröffentlichungstechnisch soll sich wohl in Bälde noch etwas tun, also Augen und Ohren offen halten.

Soundmann Norman hatte die gesamte Zeit über alles prima im Griff, die Stimmung war gut und das Pils kühl und so war’s mir ein Vergnügen, dem Zoo anschließend noch meinen Musikgeschmack aus der Konserve aufzuzwängen – bis in die frühen Morgenstunden. Und dann war auch schon Mai und der Hafengeburtstag stand vor der Tür…

22.04.2016, Bambi Galore, Hamburg: VIOLATOR + NUCLEAR DEVASTATION + REVOLT + HYDROPHOBIC

violator + nuclear devastation + revolt + hydrophobic @bambi galore, hamburg, 20160422Das sog. Thrash-Revival hat mittlerweile ja auch schon mehr Jährchen auf dem Buckel, als die Hochzeit des Thrashs in den seligen Achtzigern überhaupt andauerte. Und es ist nicht frei von Kritik; viele bemängeln fehlende Eigenständigkeit aktueller Bands, das Unvermögen, echte Songs mit Widerhaken zu schreiben und inhaltliche Belanglosigkeit. So viel Spaß es mir bereitet, dass wieder so viele Oldschool-Thrash-Bands unterwegs sind, so kann ich angesichts vieler Veröffentlichungen diese Kritik zumindest im Ansatz auch nachvollziehen. In jedem Falle aber gibt es einige Bands, die dieser absolut erhaben sind; eine davon sind definitiv die Brasilianer Violator, die Headliner dieses denkwürdigen Abends in Hamburgs bester Metal-Adresse, der ruhmreichen Bambi Galore.

Vor Ort angekommen, hatte sich schon reichlich bekuttetes Volk vor der Tür versammelt, ein moderner „Ghettoblaster“ im handlichen Format dudelte geschmackvolle Klassiker von Toxik über Kreator bis Crucifixion (!) und das erste Bierchen lief die Kehle herunter. Satte vier Bands umfasste das Billing, den Anfang machte der fast-lokale Support HYDROPHOBIC aus Uelzen – die an diesem Abend sicher nicht ihr Publikum hatten. Für einen Oldschool-Abend verflixt moderner Deathcore bollerte aus der P.A. und wie so oft bei solcher und ähnlicher Mucke war’s technisch mitunter durchaus beeindruckend, musikalisch aber so gar nicht meins. Vor der Bühne hatte man sich nur spärlich versammelt und einige warfen den Musikern entgeisterte Blicke zu, als wären sie Außerirdische.

Schon ein anderer Schnack waren dann REVOLT (heißen wirklich genauso wie die Metal-Veranstaltungsreihe im Bambi, daher also prädestiniert) aus Wolfsburg, die mit ihrem nicht 100% oldschooligen, aber deutlich stärker den Musikgeschmack des Publikums bedienenden Thrash Metal auf ehrliches Interesse stießen. Aufputschendes, wenn auch nicht immer wahnsinnig originelles Riffing und heiserer, kehliger Gesang, aufgelockert durch ein paar spitze Araya-Tribut-Screams. REVOLT spielten mehrere neue Songs, die im Juni veröffentlicht werden sollen und überrascht bei einem von ihnen mit einer Offbeat-Einlage. Hat mir gut gefallen und war dann auch der eigentliche Anheizer des Abends.

Nun gab’s nämlich die ganz grobe Kelle in Form der Niederländer NUCLEAR DEVASTATION, die den Geschwindigkeitsrekord des Abends aufstellten. Räudiger Speedster-Thrash traf hier auf Hardcore-/Crust-Punk-Chaos und -Attitüde und trotzdem blieb hier und da Gelegenheit zu einem melodischen Gitarrensolo. Unablässig und vollkommen kompromisslos watschte sich die junge, hungrige Band musikalisch durch das nun langsam aber sicher durchdrehende Publikum. Herrlich gottloses Geprügel von der Bühne, vor ihr mittlerweile ein anständiger Pit. Für mich die Überraschung des Abends und ich hab‘ mir gleich mal ‘ne Split-7“ mitgenommen. Vernünftige Fotos hab‘ ich leider keine hinbekommen…

Gar nicht mehr so viel mitzunehmen dabei hatten VIOLATOR, denen man während ihrer Tour anscheinend (verständlicherweise) das Vinyl und die Leibchen nur so aus den Händen riss, so dass sie ohne Vinyl ihres aktuellen Albums und mit T-Shirts vornehmlich nur noch in Kindergröße hinterm Merch-Stand verweilten. Nachdem sie die Bühne betreten hatten, luden sie freundlich alle Anwesenden auf dieselbe ein („Our stage is your stage!“) – ein Angebot, das gern angenommen wurde, als VIOLATOR den Laden endgültig zum Überkochen brachten. Der Mob eskalierte quasi kollektiv, Stagediver stürzten sich immer wieder von der Bühne, Mikros wurden okkupiert (ein gewisser Niko H. aus S. erwies sich als begnadeter Metal-Sänger), durch die adrenalingeschwängerte Luft bzw. das, was von ihr übrig war, flog kiloweise wallendes Haupthaar (ein echter Gang-Bang sozusagen), Bierduschen verdampften sofort. VIOLATOR zelebrieren nicht nur ihren zeitlosen Oldschool-Sound, sondern haben auch etwas zu sagen, kotzen sich über diverse Missstände aus und begeistern mit ihrer punkigen Attitüde, runden so das Gesamtpaket perfekt ab. Die Band beschwor immer wieder genau diesen Spirit, der auf offene Ohren in verzückten Gesichtern überall in der rappelvollen Bude stieß und ich hatte im Vorfeld nicht geglaubt, dass ein Thrash-Konzert mit solchen Publikumsreaktionen 2016 in Norddeutschland noch möglich wäre. Zwischendurch riss einem der Gitarristen übrigens der Gurt, der unkompliziert und schnell von jemandem aus dem Publikum geflickt wurde. Trotz zahlreicher Zugabe-Ovationen war irgendwann Schluss und die Band zog sich mit der alten POISON-IDEA-Taktik aus der Affäre, dass man generell keine Zugabe gäbe, sondern sein gesamtes Pulver während des regulären Sets verschieße. Schon jetzt auf jeden Fall eines der Konzerte des Jahres, zu dem auch einige eigens von weiter her angereist gekommen waren (zwei von ihnen wurden im Anschluss unglücklicherweise in der U-Bahn ohne Fahrkarte erwischt, schöne Scheiße).

Danke ans Bambi und allen, die zu diesem Abend beigetragen haben! So muss Thrash.

16.04.2016, Villa Rotenburg, Rotenburg (Wümme): COCK-UPS + BOLANOW BRAWL + KOUKOULOFORI

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Endlich mal wieder ein Auswärtsgig – natürlich einer mit Hindernissen. Aufgrund diverser Umstände fuhren wir tatsächlich mit drei verschiedenen Autos, ein Teil sogar per Bahn, die Strecke in Richtung Bremen, um nach und nach in der Villa im beschaulichen Rotenburg an der Wümme einzutingeln. Christian z.B. war eigentlich auf dem Punk & Disorderly in Berlin unterwegs, fuhr eigens für den Gig nach Rotenburg und direkt nach dem Auftritt wieder zurück. Zuvor allerdings verfuhr er sich im Ort des Geschehens, woraufhin man mit vereinten Kräften versuchte, ihm den Weg zu weisen und ihn schließlich am Bahnhof abholte. Als die Rasselbande endlich vereint war, wurde aus Zeitgründen auch der Plan über Bord geworfen, in der Mitte zu spielen und überließ diese Aufgabe KOUKOULOFORI, an deren Stelle wir nun den Abend musikalisch eröffneten.

Ich war zum ersten Mal in der Villa, die sich als überaus gemütlich eingerichteter selbstverwalteter Veranstaltungsort entpuppte, mit viel D.I.Y.-Geist und Liebe zum Detail. Oben ein zünftiger Tresen, Sofaecke und Küche, unten Konzertraum, kleine Bar und Getränkeausgabe. Faire Preise, Eintritt gegen Spende und zu futtern gab’s leckeres Chili mit Reis und Brot satt. Kompliment an die Köchinnen! Der Mischer kümmerte sich um die Soundchecks und warnte schon mal vor, dass es nicht immer ganz einfach sei, den Gesang voll zur Geltung zu bringen. Als wir uns auf der ebenerdigen „Bühne“ einfanden, um das gut aufgelegte Publikum in die Geheimnisse eines Bolanow Brawls einzuweihen, erzählte Stulle ein paar schlechte Witze und animierte zwei Einheimische damit, nach vorne zu kommen und folkloristisches rotenburgsches Liedgut zu schmettern. Einen besseren Einstieg kann man sich kaum wünschen und mit nahezu revolutionär umarrangierter Setlist, genauer: „Brigitte Bordeaux“ antworteten wir mit Bolanow-style Streetpunk und zockten uns anschließend durch all unsere Weisen. Zwar machte mir meine Erkältung etwas zu schaffen, ganz zu schweigen vom ungelüfteten, verqualmten Keller, aber Fenchelhonig und Bier halfen und mit sinnfreien Publikumsdialogen à la „Wer kommt alles aus Rotenburg… an der Tauber?“ etc. ließ sich prima Zeit zum Luftholen schinden. Nachdem ich in der Vergangenheit durchaus mal den falschen Song angesagt hatte, verrutschte diesmal meine Kapelle kollektiv in der Setlist, ansonsten blieb auch dieser Gig weitestgehend pannenfrei. Das dankbare Publikum forderte im Anschluss sogar mit Nachdruck eine Zugabe, worauf wir fast schon anfängermäßig unvorbereitet waren und schlicht nix mehr in petto hatten. Die coolste Antwort „Zugaben sind für Poser!“ fiel uns leider gerade nicht ein. Und auch, wenn sich bewahrheitete, was ich befürchtet hatte, nämlich dass meine Stimme doch wieder etwas untergegangen war, hat der Gig Lust auf mehr gemacht!

KOUKOULOFORI, die am Tag zuvor in Oldenburg gezockt hatten und Rotenburg quasi auf dem Rückweg mitnahmen, stammen wie alle Bands dieses Abends aus Hamburg. Der eigenständige Sound erinnert Stulle an PROPAGANDHI, womit man vielleicht ‘nen stilistischen Anhaltspunkt hat. Engagierte, kritische deutsche Texte, sowohl ruppigere als auch melancholisch-melodische Songs, sogar ‘ne Offbeat-Nummer – das weiß stets zu gefallen, zumal das Trio über einen der besten Hamburger Punk-Drummer verfügt, dem zuzusehen der reinste Drum-Porno ist. Kam auch allgemein gut an und mindestens ein Rotenburger Altpunk dankte es gar, indem er sich vor der Band auf dem Boden herumrollte und seine Sympathiebekundungen durchs ausgeschaltete Mikro, das noch von unserem Gig dastand, mit dem ganzen Publikum zu teilen versuchte.

Apropos, so ganz die Jüngsten sind zwei Viertel der COCK-UPS auch nicht mehr, wollen’s dafür umso stärker noch mal wissen. Das Quartett um Nietenkaiser und Shouter Sven hat ex-IN-VINO-VERITAS, jetzt-ARRESTED-DENIAL-Gitarrero Sascha in seinen Reihen und war damit neben KOUKOULOFORI die zweite Band des Abends, die sich ein Bandmitglied mit den Hamburger Streetpunks teilt. Sven stellte sich zwischenzeitlich als Cyndi Lauper vor und Sascha trat mit (gern auch mal übers Gesicht gezogener) Wollmütze und ein paar Kilo weniger auf den Rippen, dafür ein paar atü mehr auf dem Kessel auf. Musikalisch klang das für mich wie ’77-Punk meets THE EXPLOITED und damit durchaus reizvoll, schön schnörkellos und frontal. Beim ein oder anderen Song wütete sich Sven durchs Publikum, die kompetente Version von ANGELIC UPSTARTS‘ „Teenage Warning“ widmete man kurzerhand uns und auch das „Now I Wanna Be Your Dog“-Cover ging gut in Bein und Hüfte. Sascha verarschte permanent KOUKOULOFORI und bezichtigte sie des Studentenpunks; diese wiederum sind gut eskaliert und haben versucht, sich mit Sabotage-Akten wie dem Überkleben der Setlist zu rächen. Sehr unterhaltsame Showeinlage. Leider reichte die Aufmerksamkeitsspanne manch Villa-Besuchers nicht für drei Bands, so dass unverständlicherweise der Zuspruch abgenommen hatte, statt auf seinem Höhepunkt anzulangen. Der Band war’s glücklicherweise egal und hatte ebenfalls sichtlich Spaß an ihrem schweißtreibenden, angenehm dreckigen Gig.

Trotz zur Verfügung gestellter Pennplätze und avisierten Frühstücks machten sich nach und nach alle aus dem Staub, meine sonst so trinkfreudigen und feierwütigen Bandkollegen waren aus diversen Gründen sogar schon direkt nach unserem Gig kollektiv abgehauen. Mich und meine persönliche kleine Reisegruppe um Bleifuß-Chaffeur Dave zog es zurück nach Hamburg, als doch tatsächlich das Bier alle war (!), jedoch nicht, ohne mich herzlich für die die Einladung und die Gastfreund zu bedanken. Tolle Arbeit, die da (hoffentlich noch lange!) in der Villa geleistet wird und wir kommen beizeiten sehr gern wieder! Dann wird die „Total Escalation“ auch wieder wörtlich genommen…

P.S.: Danke an Katharina für unsere und die KOUKOULOFORI-Fotos.

01.04.2016, Menschenzoo, Hamburg: BARETTA LOVE + BOLANOW BRAWL

Kein Aprilscherz war’s, als man uns am 01.04. im Menschenzoo als Support für BARETTA LOVE auf die Bretter holte. Ich plaudere mal ein bisschen aus’m Nähkästchen unseres Bandbetriebs: Wenn man an so’nem Freitag erst noch arbeiten muss, sich diverser Feierabendverkehr mal wieder nach allen Regeln der Kunst staut und sich anschließend die Parkplatzsuche gefühlt stundenlang hinzieht, schafft man’s nun nicht unbedingt überpünktlich zum Veranstaltungsort. Irgendwann war man dann aber doch komplett und als das Equipment stand und wir mit dem Soundcheck dran waren, trat wieder das mysteriöse Phänomen der extrafiesen Pfeiftöne auf, die uns bereits bei unserem Gig zur Menschenzoo-Eröffnung das Leben schwer gemacht hatten. Aus irgendeinem Grund tritt es nur dort auf und scheint irgendwie mit Christians Gitarren-Tonabnehmern zusammenzuhängen. Diesmal allerdings waren wir darauf gefasst und mit viel Rumprobieren gelang es Ole und Christian irgendwie, des Problems Herr zu werden – wenn auch quasi erst nach dem eigentlichen Soundcheck, denn irgendwann war schlicht keine Zeit mehr. Wir hatten die Woche entgegen unserer Gewohnheiten gleich 2x geprobt und mit meiner anderen Krachcombo fand nach längerer Zeit auch endlich mal wieder ‘ne zünftige Probe statt, auf der ich mir nur einen Tag vorher die Kehle aus dem Leib gebrüllt hatte – so dass ich reichlich heiser war und mit Fenchelhonig gegen an kämpfte. Als hilfreich erwies sich auch der mordsgesunde frische Eintopf, mit dem die Zoo-Wärterinnen uns freundlicherweise fütterten. Nachdem unser Gig in der erfreulich gut gefüllten Spelunke begonnen hatte, wird Tontechniker Norman hier und da noch mal nachgeregelt haben, so dass der Sound weitestgehend gepasst haben sollte, wenngleich der eine oder andere sich im Anschluss meinen Gesang etwas lauter gewünscht hätte. Anstatt mich zu den anderen auf die kleine Bühne zu drängeln, sprang ich diesmal vor selbiger herum, was den Vorteil mit sich brachte, dass ich die P.A.-Boxen ein Stück weit als Monitorersatz nutzen konnte. Der Gig machte dann auch Laune, die Songs flutschten und ließen Oles lässige Soli ebenso wenig vermissen wie ’ne ordentliche Portion Rotz, was durch die nicht immer ganz harmonischen Backgrounds verstärkt wurde, haha. Die Resonanz des teilweise vollkommen neuen Publikums war gut und der eine oder andere Bandkollege hatte so viel Sabbelwasser getrunken, dass er die Gäste des Öfteren an seinem Humor teilhaben ließ. Ein überwiegend pannenfreier Gig trotz reichlichen Pfeffi-Konsums, wenngleich Stulle im Nachhinein darum bat, die Flasche nicht mehr so sehr in seine Nähe zu stellen – zumindest nicht während eines Auftritts.

BARETTA LOVE aus Berlin (aber anscheinend ursprünglich aus Magdeburg stammend…?) befanden sich gerade auf Tour und hatten schon einige Male in diesem Laden gezockt, schon zu Skorbut- und Kraken-Zeiten. Ihr Menschenzoo-Debüt war auch gleichzeitig das Live-Debüt für mich und das konnte sich hören lassen! Das Trio spielt hochmelodiösen Stoff, mal poppig, mal mit melancholischerer Note, aber immer verdammt eingängig und gern auch mal den Punk-Bereich schrittweise in Richtung Alternative/Indie-Rock verlassend. Hin und wieder erinnerten sie mich an THE GASLIGHT ANTHEM oder auch andere gern mal weniger auf Druck und fette Gitarren als mehr auf Hooks und das Unprätentiöse setzende Bands, die relativ entspannt um die Ecke biegen und einen bunten Melodienreigen mit nur halbverzerrter Klampfe vor dem Hörer ausbreiten. Dennoch gibt die Band live alles, schwitzt sich den Arsch ab und geht voll in ihrer Musik auf, die trotzdem oder gerade deswegen kräftig kickt. Weniger spannend fand’ ich das TOTE-HOSEN-Cover „1000 gute Gründe“, womit BARETTA LOVE jedoch den Überraschungseffekt auf ihrer Seite hatten. Alles in allem ein geiler Gig, der ohne aufgesetzte Attitüde o.ä. auskam und „schlicht“ durch seine ausgefeilten Songs überzeugte. Im Übrigen waren das auch sympathische, völlig unkomplizierte Jungs, so dass eigentlich alle Voraussetzungen gegeben sind, dass man zukünftig hoffentlich noch einiges von ihnen hören wird. Wer sie trotz ihrer Spielfreudigkeit und der allgemein guten Plattenkritiken noch nicht kennt, aber neugierig geworden ist, sollte sie mal hier anchecken.

Danke an BARETTA LOVE, den Menschenzoo und natürlich das Publikum für den geilen Abend sowie an Jana für die BOLANOW-BRAWL-Fotos!

Hier noch ein kleiner Livemitschnitt (danke an den Dubliner!):

12.03.2016, Monkeys Music Club, Hamburg: Ein Jahr Monkeys mit ARTHUR & THE SPOONERS + DIE JOHNNY BELINDA SHOW + CASHBAR CLUB

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Kinder, wie die Zeit vergeht! Ein Jahr ist der sympathische, Hamburgs subkulturell ausgerichtete Musikszene bereichernde Monkeys Music Club jetzt schon jung und hatte damit allen Anlass, es mit einer zünftigen Feier kräftig krachen zu lassen! So geschehen am 12. März, als man sich zwei Bands und einen Überraschungs-Act lud, den Gästen lediglich ‘nen Fünfer abknöpfte und zudem eine Menge cooler Preise unter ihnen verloste. Los ging’s mit den fälschlicherweise als THE-CLASH-Coverband angekündigten Düsseldorfern CASHBAR CLUB, die tatsächlich coverten, jedoch nur zwei, drei Stücke meiner erklärten Lieblings-UK-Punkband, dafür neben viel weiterem ’77-Gelöt aber auch THE GASLIGHT ANTHEMs Song über CLASH-Frontmann Joe Strummer und quasi die CLASH-Version des Reggae-Oldies „Police & Thieves“, auch an RANCIDs „Time Bomb“ meine ich mich zu erinnern. Die UK-Oi!-Sparte wurde ebenfalls berücksichtigt und ein paar wenige eigene Stücke hatten sich auch dazugesellt. Als Anheizer für die Party war das ‘ne runde Sache, die älteren Herren waren musikalisch auch zweifelsohne versiert, gerade einen CLASH-Klassiker wie „Safe European Home“ hätte ich mir aber dann doch etwas intensiver und dreckiger gewünscht.

Unter DIE JOHNNY BELINDA SHOW konnten sich wohl die wenigsten etwas vorstellen. Johnny im Rüschenhemd und sein Kompagnon coverten sich durch ein humoristisches Ska-, Schlager- und Country-Set zu Musik vom Band, fingen mit Schluckauf-Lauten an, gaben einen Bluebeat zum Besten und hielten sinnbefreit Schilder mit entsprechender Aufschrift hoch, übten sich in ironischen Liebesliedern und endeten irgendwann bei „Country Roads“ in einer auf Johnnys Heimat Lübeck textlich umgemünzten Version. Klasse Humor, witzig und kurzweilig . Den beiden wurde dann auch die ehrenvolle Aufgabe zuteil, dem Monkeys-Team hochoffiziell zu gratulieren und im Anschluss an die Performance die Verlosung zu moderieren, bei der manch hochprozentige Buddel den Besitzer wechselte und die ihren Höhepunkt im Hauptgewinn fand, dem goldenen Ticket, das ein Jahr lang freien Eintritt zu allen Monkeys-Veranstaltungen gewährt. Na dann Prost und herzlichen Glückwunsch!

Die Berliner ARTHUR & THE SPOONERS waren dann der Haupt-Act. Im – bis auf den Sänger – Paketboten-Outfit coverte man sich vornehmlich im Offbeat inkl. Orgel/Keyboard durch die Oi!- und (Street-)Punk-Historie und streute anscheinend auch immer mal wieder eigene Stücke ein. „The Ballad Of Jimmy & Johnny“ von RANCID, „New England“, „G.L.C.“, 4-SKINS‘ „A.C.A.B.“ als langsame Ska-/Reggae-Nummer, THE CLASHs „Guns of Brixton“, „Saturdays Heroes“ und „Hooligans Heaven“, sogar Bruce Springsteens „I’m Going Down“ und – wie zuvor schon CASHBAR CLUB – noch mal „We’re Coming Back“ etc. pp. Manch Klassiker gewann durch diese Art eine interessante neue Note, bei anderen klang’s etwas bemüht auf Party getrimmt, insgesamt aber natürlich durchweg tanzbar, so dass sich vor der Bühne auch fleißig bewegt wurde. Ging gut uns Bein, der Gig und war die passende Beschallung für diese Geburtstagsparty, auf die sich quasi alle einigen konnten. Nur an „Gotta Go“ hätte man sich nicht unbedingt vergreifen müssen – ich kann’s echt nicht mehr hören. Die Band war hochmotiviert und mit viel Spielfreude dabei (und ließ sich immer mal wieder von ihrem Sänger anbaggern), der Sound war über jeden Zweifel erhaben und so wurde auch dieser Gig zu ‘ner vergnüglichen, kurzweiligen Schose.

Zwischendurch verteilten die Club-Betreiber immer wieder Gratis-Mexikaner und-Pfeffis und als der letzte Akkord verklungen war, lud der Pub-Bereich noch zu zwei, drei Bierchen in geselliger Runde , bis die Vernunft siegte und ich den Ort des Geschehens verließ. Danke an die three Monkeys & Co. für bereits im ersten Jahr viele grandiose Konzertabende im Allgemeinen sowie diese feine Sause im Speziellen und auch von mir an dieser Stelle noch einmal meinen herzlichen Glückwunsch zu einem Jahr verdammt guter Arbeit!

Auf die nächsten Jahre und PROST!

11.03.2016: Menschenzoo, Hamburg: SELFISH HATE + FIRM HAND

two-days-of-hardcore-@menschenzoo,-2016

Eigentlich sollte ich an diesem Abend mit DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS auf der Bambi-Galore-Bühne stehen, doch die noch immer akute Verletzung/Erkrankung unseres Drummers verhinderte dies. Als man mir anbot, den „DJ“ im Menschenzoo an diesem ersten von zwei aufeinanderfolgenden Hardcore-Abenden zu machen, hab‘ ich daher zugesagt und konnte mir so auch Hamburgs aktuelle Oldschool-HC-Hoffnung FIRM HAND endlich mal wieder ansehen und -hören. Die sind mit ihrem schnörkellosen Upperspeed-Sound richtig tight geworden und strahlen auf der Bühne mittlerweile zu Recht ein Selbstbewusstsein aus, das ihnen gut steht. Der Shouter tobt in der Menge und zwei Gitarren sorgen dafür, dass erst gar keine Lücke im Sound entsteht. Gecovert wurde irgendwas von SLAPSHOT, mit denen ich nun wiederum nie so richtig warm geworden bin und ich glaube, von THIS BELIEF war auch etwas dabei. Norman an den Reglern regelte einen gewohnt knackigen Sound, das war alles in allem ‘ne wirklich runde Sache. Einer von beiden Klampfern ist übrigens Tim H., der im unmittelbaren Anschluss an den Gig mit einer Junggesellenabschiedsparty im El Brujito überrascht wurde, was einer der Gründe dafür war, weshalb sich die Reihen im zuvor proppevollen Zoo nun etwas lichteten.

SELFISH HATE aus dem südlichen Freiburg hatten ihren eigenen Soundmann dabei, korrekte Ansagen und vermutlich ebensolche Textinhalte und kamen menschlich sympathisch rüber, aber der Sound… das war dann leider nix so recht für mich: Permanentes Dicke-Eier-Gebrülle, dazu ein Bassdrum-Sound, unter dem die Gitarren untergingen. Wie schon bei FIRM HAND feierten das aber doch einige vor der Bühne kräftig mit einigem Körpereinsatz ab und die Zugabe „Fight For Your Right To Party“ hat dann auch tatsächlich Spaß gemacht – mir ebenso wie dem gemischten Publikum. Angefixt durch die Gigs hab‘ ich dann längere Zeit einfach mal Hardcore-lastiger als sonst aufgelegt und noch bis in die frühen Morgenstunden das Gehege beschallt, bevor’s nach ‘ ner Absacker-Pizza in die Koje ging, denn am Abend stand die nächste Party auf dem Programm – aber dazu später mehr…

05.03.2016, Menschenzoo, Hamburg: DIE SHITLERS + BEI BEDARF

shitlers, die + bei bedarf @menschenzoo, hamburg, 20160305

In rekordverdächtiger Kürze: Anscheinend Schlusspunkt der gemeinsamen Tour, BEI BEDARF zockten wohl so was wie bedeutungsschwangeren Polit-Punk in deutscher Sprache mit etwas nöligem Gesang und fitten Musikern; der Lead-Gitarrist machte jedenfalls den Eindruck, als würde er gern mehr Soli spielen, als er darf. Gecovert wurde irgendwas vonne TERRORGRUPPE. Ich fand‘s auf Dauer aber weniger spannend und widmete mich mehr dem Gesabbel im hinteren Teil des Zoos. DIE SHITLERS haben Hamburg inzwischen anscheinend zur zweiten Heimat erklärt und spielen alle paar Wochen hier. Diesmal griffen folgende Optionen: Die Band in Triogröße, Martin war anwesend und spielte Bass. Also eigentlich alles wie immer, nur eben wieder etwas schäbbiger als zuletzt und mit extraviel Gesabbel. Vor amtlicher Kulisse war sich die Band mit dem Lacoste-Endorsement nur für wenig zu schade und brachte mich glaube ich irgendwann dazu, mit Bier herumzuspritzen. Außerdem feierte ich das endlich einmal wieder in angebrachter Frequenz vollzogene TURBOSTAAT-Bashing hart. Schlimm: Fast alle anderen Bolanow-Brawler waren ebenfalls zugegen und verhinderten, dass ich mich voll aufs Konzert konzentrieren konnte.

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