Günnis Reviews

Autor: Günni (page 73 of 104)

HAGBARD CELINE – AM ENDE DIE GUTEN CD

(www.nix-gut.de) / (www.myspace.com/hagbardcelinepunk)

Mit der Titelmelodie der Kult-Jugend-Science-Fiction-Serie „Die dreibeinigen Herrscher“ als Intro punktet man bei mir schon mal. Und zu meiner Überraschung klingt das Album ganz anders als noch der Vorgänger, der mir als schlechter KNOCHENFABRIK/CHEFDENKER-Möchtegern-Klon in Erinnerung ist. Das ist hier glücklicherweise nicht mehr der Fall. Der Sänger grölt sich jetzt leicht schief und heiser durch zwölf deutschsprachige Songs mit zu einem großen Teil recht schwermütigen Texten, in denen viel Persönliches von Chris de Barg, dem Kopf der Band, steckt und mich vom Gesangsstil her an z.B. WEHRLOS erinnert. Dazu passend die vernünftig produzierte Mucke, die flotten, aber trotzdem getragenen, mitunter auch melancholisch wirkenden Punkrock souverän darbietet. Die Abwechslung bleibt dabei allerdings auf der Strecke und die immer gleiche Art des Vortragens kann durchaus ermüdend wirken. Wer aber Lust auf ein Album hat, auf dem sich jemand durch seine persönlichen Abgründe wühlt und dabei auch immer mal gegen System und Gesellschaft schießt, kann hier genau das finden, und zwar ohne aufgesetzte Attitüde oder Poser-Schnickschnack. Zum „Easy Listening“ gänzlich ungeeignet, weil irgendwie runterziehend und auf Dauer monoton, aber besser als der xte halbherzige Klischee-„Deutschpunk“-Aufguss. Letztendlich werden sich die Geister am Gesang scheiden, der alles andere als schön, dafür aber inbrünstig und energisch klingt. Mir persönlich fehlen aber einfach die Abwechslung, die Auflockerung und der Überraschungseffekt. Im farbigen und passend illustrierten Booklet lässt sich, stellenweise sogar mit Kommentaren versehen, nachlesen, was dem Sänger so auf der Seele brennt. Zwölf Songs in 40 Minuten. 3-. Günni

ATEMNOT – UNVERGESSEN CD

(www.myspace.com/atemnotband)

Schon wieder ein neues ATEMNOT-Album? So sieht’s aus. Diesmal leider ohne die ESA-ZECKEN, stattdessen fast allein von Einhorn mit Unterstützung von ein paar Freunden eingespielt. Während mir das letzte Album, das mit besagten ESA-ZECKEN zusammen eingezimmert wurde, überraschend gut gefiel, muss man hier leider wieder deutliche Abstriche machen. Die Mucke schwankt zwischen angezogener Handbremse und flotten Uffta-Attacken und kommt relativ überraschungsarm daher. Die Texte sind mal wieder sehr durchwachsen. Einige sind nicht verkehrt, andere aber Totalausfälle („TV Total“ – ein vernünftiger medienkritischer Song ist was anderes, „Zukunft/Fortschritt“ – stumpfe Technologiefeindlichkeit ausgerechnet von Leuten, die E-Gitarre spielen und selbst Webseiten im Netz haben) und viele sind verdammt holprig ausgefallen, reimen sich schlecht oder gar nicht… Naja, an ATEMNOT-Songs aber viel interessanter ist meines Erachtens, wie viel von Einhorns Persönlichkeit, der das Ganze ja anscheinend glücklicherweise noch immer mit viel Spaß und Herzblut betreibt (und gemäß Fotos in hervorragender körperlicher Verfassung zu sein scheint), durchschimmert und für den Hörer spürbar wird. Insofern gefallen mir die persönlicheren, sentimentaleren Anklänge auch hier am besten. Das Stück „Mein Kapitän“ wird übrigens von einer weiblichen Stimme (Agnes?) begleitet und sticht dadurch schön hervor, gefällt mir gut. Weitere Gastsänger sind Deutscher W., KELLERGEISTER-Karin, Michael von WILDE ZEITEN und Uwe Golz (DAILY TERRORISTEN), der das Album auch produziert hat. Die einzelnen Songs sind verdammt kurz ausgefallen und aus vielen hätte man wohl textlich und musikalisch noch mehr herausholen können, aber so richtig schlecht ist das nun alles auch nicht. Beim Lesen des Booklets, in dem alle Texte abgedruckt wurden, sind mir aber wieder verdammt viele Rechtschreibfehler wie „Argentur“ oder „Wehr’t euch“ aufgefallen, die doch echt nicht sein müssten, wenn man da noch mal jemanden drüberlesen lassen würde. Sowas macht auf mich immer einen unangenehm schludrigen Eindruck (und, nein, ich finde nicht, dass das Punk ist). Und macht die Frau aus „Spießer Revier“ wirklich „wieder willig“ die Beine breit oder doch eher „widerwillig“? Veröffentlicht wurde „Unvergessen“ übrigens auf dem bandeigenen Label und die auf 500 Exemplare limitierte Erstauflage enthält zwei Bonustracks, einer davon ist der Song „Unvergessen“ von Einhorn auf bayrisch eingesungen. Hat etwas gedauert, bis ich die Sprache erkannt hab, haha. 16 Songs in 36 Minuten. 3-4. Günni

(R)OHRPOST #8

(www.myspace.com/rohrpostfanzine, T. Osterkamp-Koopmann, am Schützenplatz 18a, 26409 Wittmund)

Aus dem nördlichen Niedersachsen, genauer: aus Ostfriesland stammt das (R)ohrpost-Zine von TurboTorben, das ich nun zum ersten Mal in die Finger bekam. Im Vorwort des A5ers merkt dieser auch gleich an, dass er für diese Ausgabe wieder ca. ein Jahr gebraucht hat, so dass natürlich nicht alle Inhalte topaktuell sind. Muss ja auch nicht. Ein Konzertbericht aus dem Jahre 2007 ist dann aber vielleicht doch etwas überholt, oder? Oder hat diese Ausgabe auch schon ein paar Monate auf dem Buckel und wurde uns erst jetzt zugeschickt? Weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Wie dem auch sei, diese Ausgabe bietet ein ausgewogenes Potpourri aus teilweise sehr Persönlichem aus dem Leben Torbens und seiner Mitstreiter (z.B. einen sehr schönen Bericht über den steinigen Weg zum Punkerdasein auf dem Dorf und wie es dann so richtig losging – sehr geil!), Politischem und Kritischem (Schwerpunkt dieser Ausgabe: Hausbesetzungen) und natürlich Musik (Interviews mit PARADOX, der türkischen Punkband POSTER ITI und ein Kurzgespräch mit BEHIND ENEMY LINES). Es geht viel um Freiräume, um persönliches Engagement und seinen subkulturellen Weg zwischen Party feiern auf der einen und politischem Bewusstsein auf der anderen Seite, es geht um Solidarität untereinander, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist und was mir an der politischen Seite dieses Zines am besten gefällt: Torben und Co. sind auf dem Boden der Tatsachen geblieben und schreiben nicht arrogant von oben herab oder leiden unter Realitätsverlust. Insgesamt bietet das Heft einen prima Überblick über die Geschehnisse im hohen Norden der Republik Außerdem wird Mareike vom RANDGESCHICHTEN-Zine ebenso interviewt wie die „Cakekingmafia“, die Muffins auf Punkkonzerten verteilt. Dazu passend gibt’s Rezepte (kommt eigentlich noch irgendein Fanzine ohne aus?). Das Interview mit der „texanischen Oi!-Crust-Band Distroi!“ fällt wohl unter Satire und neben den obligatorischen Konzertberichten und Reviews weiß ein Frankreich-Reisebericht gut zu unterhalten. Etwas wirr, aber trotzdem interessant erscheint mir das Geschreibsel eines Seemanns auf Reisen, während die Piraten vor der afrikanischen Küste in aller Munde und Medien waren. Nicht so sinnvoll finde ich hingegen, seitenweise per Copy/Paste Berichte über Naziaktivitäten aus fremder Quelle einzufügen, wobei ich aber nicht beurteilen kann, wie wichtig das evtl. für die Region ist. Leider hat man es in der langen Erstellungszeit des Hefts auch nicht geschafft, es noch einmal auf die teilweise haarsträubende und den Lesefluss störende Rechtschreibung hin zu überprüfen. Und leider wird auch bei der (R)OHRPOST immer mal wieder auf linkes Dummdeutsch zurückgegriffen, was, vor allem bei halbherziger Anwendung und in Verbindung mit Rechtschreibfehlern erst recht nicht gerade der Lesefreundlichkeit dienlich ist. Beispiel gefällig? „Wenn einem da nach ist, macht Mann/Frau halt ein kleines Fanzine und beglückt den ein oder anderen LeserInn!“ Argh! Eher verzeihlich finde ich da den einen oder anderen Layoutpatzer, z.B. wenn die letzte Zeile einer Seite fehlt oder der Absatz erst auf der übernächsten Seite weitergeht… Schade allerdings, dass man die Seiten nicht konsequent durchnummeriert hat – die Nummerierung hört, warum auch immer, plötzlich auf!? Trotzdem ein wie gesagt interessant zusammengestelltes Fanzine von interessanten Leuten, in dem viel Persönliches und spürbar viel Herzblut steckt, nur eben mit Abzügen in der B-Note. 😉 Ca. 80 Seiten im Schnipsellayout, die mit einem lächerlichen Euro zubuche schlagen. Günni
P.S.: Da Torben im Vorwort auf einen etwas angeschlagenen gesundheitlichen Zustand hinwies, möchte ich an dieser Stelle einfach mal alles Gute wünschen. P.P.S.: Die (R)OHRPOST-Meute macht auch Punkrock-Radio, schaut mal unter rohrpostfanzine.blogsport.de!

DIE PUCKS – NOCH MEHR GEILE SCHEISSE! CD

(www.rilrec.de) / (www.diepucks.de)

Falls die Dresdner sich nach Puck, der Stubenfliege, benannt haben, sind sie ähnlich lästig wie seine Artgenossen, denn nach meinem unmissverständlichen Verriss des Debüts vor zwei Jahren fühle ich mich tatsächlich belästigt, nun auch noch mit dem Folgewerk betraut zu werden. Aber was soll’s, Ohren zu und durch. Ich muss zugeben, die Texte überraschen mich diesmal positiv. Die sind aus dem Leben gegriffen, durchdacht, klischeefrei, trotzdem mitunter kritisch und nachdenklich. Wirklich nicht schlecht. Nur leider ist die Mucke nach wie vor unerträglich. Der Sänger lispelt immer noch wie die Sau, die Sängerin klingt ausdruckslos und schief und das Schlagzeug wirkt oft neben der Spur. Trotzdem ist ein Fortschritt erkennbar, ganz so mies wie die erste Platte ist das nicht mehr. Manche Melodie klingt gar nicht verkehrt. Alles in allem ist das aber immer noch viel zu harmlos und nix, was meiner Meinung nach als vollwertiges Album auf die armen Fanziner losgelassen werden sollte. Obwohl das von Frank Ludes (NONSTOP STEREO) gestaltete Cover witzig gestaltet wurde, der übrigens zusammen mit Dirk von den SMELLY CAPS als Gastsänger dabei ist. Vollfarbiges Booklet mit allen Texten, 14 Songs in 34 Minuten. Texte: 2, Mucke: 4-5. Günni

ABSTURTZ – ALLES RISKIERT CD

(www.nix-gut.de) / (www.absturtz.de)

Bereits mit ihrem letzten Album haben die Schleswig-Holsteiner ABSTURTZ mir bewiesen, dass sie ein ordentliches Metal-Punk-Brett mit viel Energie spielen können. Auch hier geht’s ziemlich flott und ungestüm mit aggressivem Gesang zur Sache, druckvoll produziert mit vielen hymnischen Mitgrölrefrains, sporadisch aufgelockert durch Offbeat-Parts u.ä. Die Musik, von der Band ganz bescheiden als „Deutschpunk Deluxe“ umschrieben, geht ab, keine Frage. Textlich fällt aber auf, dass man sich quasi gänzlich von Songs über Politik und Gesellschaft verabschiedet hat und eine mitunter etwas selbstverliebt anmutende persönliche Schiene fährt, die mich hier und da sogar an eine Frankfurter Kultband erinnert. Mit dem „Sankt Pauli Lovesong“ hat man noch eine echte Schunkelhymne geschaffen und mit „Mach was du willst“ ’ne Ballade ans Ende gepackt, nach der aber noch ein versteckter Track in Form einer derben Holsteiner Saufhymne folgt. Freunde der Band werden mit diesem Album gut klarkommen; wer sie vorher nicht mochte, wird es jetzt vermutlich erst recht nicht tun. Ich find’s geil. 16 Songs in 39 Minuten. 2. Günni

15.12.2009, Markthalle, Hamburg: ABIGAIL WILLIAMS + DESTRUCTION + ARCH ENEMY

als ich ausnahmsweise mal mitbekam, dass meine alten thrash-götter von DESTRUCTION in hamburg spielen sollten, fiel die entscheidung nicht schwer und ich holte mir ein ticket für die teure kommerzhalle. war mein erstes metal-konzert nach einer gefühlten ewigkeit. außerdem haben noch TRIOSPHERE gespielt, und zwar pünktlich um 19:30 uhr (!), so dass ich die komplett verpasst hab. bei ABIGAIL WILLIAMS erwartete ich ähnlich wie bei ARCH ENEMY ein weibliches wesen am mikro, wurde aber enttäuscht: ein hässlicher lockenkopf kreischte irgendwas zu total künstlich klingender, möchtegern-pompöser mucke mit synthetischem drumsound und nervigem keyboard-gedudel, dass ich mich fast auf einem techno-konzert wähnte. die halle war trotzdem schon ganz gut gefüllt und das irgendwie seltsame publikum (alle stocknüchtern und den eindruck einer „szene“, in der man sich irgendwie untereinander kennt, hat’s auch nicht unbedingt vermittelt) schaute interessiert zu.

nach einer kurzen umbauphase dann DESTRUCTION, die erste „hauptband“ des abends, wenn auch leider nicht der headliner. die zockten ein souveränes oldschool-thrash-set durch, das mich wahrlich begeisterte. die songauswahl hat gepasst, vermisst habe ich lediglich „unconscious ruins“, „release from agony“ und „dissatisfied existence“, songs also vom „release from agony“-album. aber egal, das war schon ein sehr geiles set. auch die neue version von „the damned“ von den plasmatics gefiel mir diesmal ausgesprochen gut, während ich beim live-album noch nicht so recht wusste, wie ich diese schnelle version finden solle… schmier wanderte stets zwischen den drei aufgestellten gesangsmikros hin und her und füllte so die bühne gut aus. leider fand ich den sound insgesamt breiig, mal mehr, mal weniger, an den akzentuierten riff-sound der alben kam der live-sound nicht ran. aber egal, meiner freundin, die sonst überhaupt keinen metal hört und hier zum ersten mal mit DESTRUCTION konfrontiert wurde, fand’s richtig gut! kann also nicht so schlimm gewesen sein. die stimmung im publikum war ebenfalls gut und ’nen kleinen moshpit (oder jedenfalls sowas ähnliches) gab’s auch. hier ist mir aber aufgefallen, dass es in metaller-kreisen nicht angesagt zu sein scheint, die texte oder zumindest die refrains lauthals mitzugrölen. das hat mich dann doch etwas irritiert. vielleicht waren aber tatsächlich alle zu nüchtern dafür, schließlich war’s ja mitten in der woche. dafür waren aber stets reichlich pommesgabeln in der luft.

nach DESTRUCTION war ich erst mal befriedigt, schaute mir aber trotzdem den grund an, weshalb der großteil des publikums erschienen war: ARCH ENEMY aus schweden. zurzeit schwer angesagter „melodic death metal“ mit weiblichem gesang, der aufgrund des äußeren erscheinungsbildes der dame und ihrer bühnenaction auch gut was fürs auge bietet – und bisher völlig an mir vorbeilief weil wegen zu neu… was ich zu sehen und hören bekam war aber sehr souverän und professionell, trotzdem aber spürbar mit herzblut vorgetragen und objektiv betrachtet nicht schlecht. die sängerin verstand es prächtig, mit dem publikum verbal (übrigens auf deutsch) und nonverbal zu kommunizieren und der funke sprang zumindest insofern auch auf mich über, dass ich das geschehen interessiert verfolgte und glaube ich verstand, was so viele an dieser band finden – der laden war zu diesem zeitpunkt nämlich voll.

positiv aufgefallen ist mir noch, dass schmier von DESTRUCTION nicht einen auf star machte, sondern sich nach seinem gig unters publikum mischte und als ansprechpartner, für fotos etc. parat stand.

ein schöner, interessanter abend. „BESTIAL INVASION!“ pommesgabel

12.12.2009, Willa, Vedel: COFFEIN + NO TIME LEFT + SCHLIMME AUGEN WURST + DOGS ON SAIL + LAST LINE OF DEFENSE + OUT OF STEP

coffein waren ein würdiger opener, interessanter punk/hc-mix aus der nähe von kiel. anschließend no time left aus hannover, räudiger straßen-hc, der für gute stimmung sorgte. schlimme augen wurst hatten natürlich ein heimspiel und was ich sah, war gewohnt gut. ca. die hälfte des sets hab ich aber verpasst, weil ich mich mit paddy von out of step festgequatscht hatte, der wusste nämlich einiges von deren d.i.y.-europa-tour zu berichten. es folgten dogs on sail, wie immer großartig, nur leider viel zu kurz und keine zugabe. ging aber schon ok so, schließlich wollten noch zwei weitere bands ihr set pünktlich zur letzten bahn nach hamburg duchgespielt haben. last line of defense, die quasi schon zur ausstattung der villa gehören, waren dann auch die beste band des abends für mich. mittlerweile hatte ich sie schon länger nicht mehr gesehen und ließ mir bereitwillig geilsten oldschool-skinhead-hc um die ohren hauen, inkl. 4-skins-cover „evil“. absoluter knaller! von out of step, die ich erstmalig im neuen line-up sah, habe ich leider, leider nur den anfang mitbekommen, weil die letzte bahn rief und vorher noch wegzehrung beschafft werden wollte. sänger paddy gab aber wieder alles und lieferte eine perfekte hc-show ab. sollte man wirklich mal gesehen haben, ganz klare empfehlung. die fahrt auf den kiez gestaltete sich dann auch als eine einzige party und als im skorbut dann irgendwann die lichter ausgingen, neigte sich ein großartiger konzertabend in der sympathischen villa zuende, der sechs sehenswerte bands für lächerliche 5,- € eintritt bot und nicht zuletzt dank des gemischten, aber durchweg sympathischen publikums, dem man angemerkt hat, dass es richtig bock auf diese veranstaltung hatte, von der ersten bis zur letzten minute spaß gemacht hat. ich hab viele bekannte gesichter wiedergetroffen, die ich schon längere zeit nicht mehr gesehen hatte und soviele gespräche geführt wie selten an so einem abend.

ich glaub, das war ein würdiger abschluss für die konzert-saison 2009. keine ahnung, was da noch großartig kommen sollte, was den „punk/hc bowl“ (oder so) in der villa toppen könnte. respekt und danke nach wedel. suburban punk is alive and kicking!

AUSGELEBT – AKUSTISCH ENTKOPPELT CD

(www.sunnybastards.de) / (www.ausgelebt.de)

Sägende Gitarren, kehlig-derber Gesang, und knackige, im Schnitt nur zwei Minuten lange Songs mit wahren Texten über Rebellion, Aggression, Straßenschlachten, nationalen Wahn, Kommerz, Konsum, Alkoholmissbrauch, Szenezwänge und persönliche Blicke auf die Vergangenheit – das sind die Zutaten, aus denen AUSGELEBT ihr zweites Album zusammengebraut haben. Garniert wurde das Ganze dann noch mit einer umgetexteten Coverversion der DEAD KENNEDYS: „Emo-Punks (Fuck Off!)“. Alle anderen Songs werden in deutscher Sprache vorgetragen, wobei besonders der Text von „Vertrauter Feind“ hervorsticht; wenn mich nicht alles täuscht, wird da Freund Alkohol mit seinen ambivalenten Auswirkungen besungen. Allgemein sind die Texte für diese Art des Punkrocks recht differenziert, teilweise sogar nachdenklich ausgefallen; auf den parolenhaften Stil, den viele andere Bands dieses Bereichs bedienen, wurde weitestgehend verzichtet. Darunter leidet natürlich die Mitgrölfähigkeit der Songs, aber das geht schon sehr ok alles. „Alltag“, einer der Hits des Debüts, wurde noch einmal neu aufgenommen und zu den 14 neuen Songs hinzugefügt. Aufgelockert wird der schnell gespielte HC-Punk mit wenigen kurzen Offbeat-Parts oder auch mal ’nem Akustikgitarren-Intro und die simplen, eingestreuten Melodien (ja, die gibt es hier) bleiben gern mal im Ohr hängen. Die CD steckt im Digipak und fast alle Texte lassen sich im schnieke gestalteten Booklet nachlesen (in das sich aber der eine oder andere Rechtschreibfehler geschlichen hat). Gefällt mir gut, empfehlenswerte Platte! Glatte 2. Günni

17.11.2009, Color Line Arena, Hamburg: CANCER BATS + SILVERSTEIN + BILLY TALENT

eine bravo/mtv-band wie billy talent in der hamburger ultrakommerzhalle – das musste ich mir einfach mal geben. zuviele größere bands, die ich sehr schätze und deren alben sich regelmäßig auf meinem plattenteller drehen, habe ich ich nicht live sehen können. entweder, weil sie sich bereits aufgelöst hatten, als ich sie für mich entdeckt habe, oder weil ich bisher jede gelegenheit aufgrund höherer eintrittspreise o.ä. habe verstreichen lassen. als billy talent vor sieben jahren im molotow spielten, kannte ich sie noch gar nicht und nach der tour zum zweiten album habe ich mich geärgert, nicht auf eines der konzerte gegangen zu sein. also biss ich jetzt in den sauren apfel, kaufte für ca. 35,- € ein ticket und wohnte dem hamburger konzert der tour zum dritten album in der color line arena bei. dort war ich noch nie zuvor, ging aber vom schlimmsten aus – und meine erwartungen wurden bestätigt. das publikum bestand zu einem nicht unerheblichen anteil aus bravo-kids in begleitung ihrer eltern oder großeltern und teenie-pickelfressen allenthalben. in der arena selbst dann überteuerte fressstände, wohin man blickte. das meiste davon hoffnungslos überteuerter schlangenfraß, den man den verkäufern eigentlich um die ohren hauen sollte. bierpreise wie im puff (0,5l 3,90 € + 2,- € becherpfand) und kein einziger indoor-raucherbereich bei absolutem rauchverbot.

pünktlich um 20:00 uhr begann dann die erste vorgruppe „cancer bats“ und wir nahmen auf unseren uns zugewiesenen sitzplätzen platz, irgendwo hinten rechts. mein erstes konzert, das ich auf einem sitzplatz in einer übrigens verdammt engen sitzreihe verbrachte… vor mir frauen mittleren alters, die mit bescheuerten knicklichtern rumwedelten, hinter mir teenies der emo-generation. die „cancer bats“, wie auch die anderen beiden bands aus kanda, spielten modernen, harten metal mit hardcore-anleihen und waren dem großteil des publikums zu hart. einige zeigten sich überrascht ob der gebrüllten ansagen des sängers, die meisten langweilten sich aber einfach. kein wunder, waren von den meisten positionen der sitzplätze aus die musiker lediglich als minifigürchen auszumachen, da nur die hauptband per kamera auf die videoflächen projiziert wurde. somit war das ganze vollkommen unpersönlich und nicht sonderlich aufregend. die zweite band „silverstein“ kam hingegen weitaus besser an, viele schienen die band zu kennen. der erste song hat mich positiv überrascht, klang fast wie ein guter, hymnischer horror-punk-song. danach flachte die band aber sehr ab, emo-gejaule mit eingestreutem rumgerülpse. das gerülpse gefiel mir, der rest nicht. nun hatte ich es aber überstanden – beide vorbands spielten keine zugaben und endlich sollten „billy talent“ loslegen. die band betrat die bühne, sämtliche sitzplatzinhaber erhoben und meine bei den vorbands eingeschlafene (!) freundin wurde schlagartig hellwach. eröffnet wurde mit zwei oder drei hits von den ersten beiden alben und endlich wurden die bilder auf die beiden video-monitore übertragen. kameraleute und regie machten ihre sache gut und fingen die stimmung auf der bühne ein. der sänger war agil und verlieh, wie von mir gehofft, den richtigen songs im vergleich zu den studio-versionen noch mehr aggression. der gitarrist sah fast die gesamte zeit über derbe angestrengt aus und schwitzte und tropfte wie die sau. klasse darbietung auf der bühne und der sound war auch ok (gesang manchmal etwas blechern). in die songauswahl wurden natürlich einige schwächere songs des zwiespältigen aktuellen albums aufgenommen, aber ein „turn your back“ beispielsweise entpuppte sich als absolute live-granate. mein persönlicher höhepunkt war aber „this is how it goes“, einer meiner lieblingssongs. vermisst habe ich lediglich „voices of violence“, aber ich ging ohnehin nicht davon aus, dass dieser vermutlich straighteste, punkrockigste song der band es ins set geschafft hätte. nach drei zugaben war dann schluss.

letztendlich habe ich den besuch des konzerts kein bisschen bereut, wenigstens einmal muss man sowas mal mitgemacht haben. die 35,- € eintritt, fairerweise inkl. freier hvv-nutzung und shuttle-service zum veranstaltungsort, fand ich jetzt auch weniger wild, so manches exzessive punk-konzert mit anschließendem kiez-besuch kam mich da teurer zu stehen. trotzdem war das natürlich alles 0% punkrock.

aber dafür kann ich jetzt ein häkchen hinter „billy-talent-konzert besuchen“ machen.

DIE SKEPTIKER – FRESSEN UND MORAL CD

(www.rozbomb.de) / (www.dieskeptiker.de)

Die Ostberliner SKEPTIKER haben nach ihrer Reunion im letzten Jahr und dem neu eingespielten Best-Of „DaDa in Berlin“ ein neues Studioalbum auf die Menschheit losgelassen… und ausgerechnet ich, der ich nun wirklich nicht zu den Fans der Combo gehöre, wurde mit der schwierigen Aufgabe betraut, etwas darüber zu schreiben. Tja, noch immer geht mir Eugens Gesang schwer auf die Eier, dieses pathetische Gejodele, das in so mancher Metal-Band oder auch in der Oper besser aufgehoben wäre. Unterlegt mit typischem Midtempo-Punk-Sound, der hier und da zwar ’ne nette Melodie aus dem Ärmel schüttelt, über weite Strecken aber auch langweilig mit angezogener Handbremse agiert. Die Texte natürlich wie üblich sozial- und gesellschaftskritisch und auch mal eher persönlicher Natur. Auch auf dieser Platte sagt mir diese Mischung leider überhaupt nicht zu und wenn ich mir dann auch noch das aufdringliche Infoblatt durchlese, in dem die Rede von „Bollwerk des deutschen Straßenpunks“, „Punk-Legende“, „Anarcho-Poet Eugen“ und „Meilensteinen des deutschen Pogo-Rock“ die Rede ist, frage ich mich ernsthaft, in welchem Paralleluniversum sich DIE SKEPTIKER eigentlich aufhalten und durch welchen Riss im Raum-/Zeit-Kontinuum diese Platte in meinem CD-Player gelandet ist. Aber langjährige Fans der Band werden auch „Fressen und Moral“ vermutlich mögen. Ich hingegen bin froh, dass ich diese Rezension jetzt hinter mir habe. Zur Aufmachung kann ich nämlich nichts weiter sagen, da mir nur eine Vorab-CD im Pappschuber vorliegt. 13 Songs (einer davon „versteckt“) in 35 Minuten, einer davon mit Violinenbegleitung von CITY-Joro und einer mit Gunnar von DRITTE WAHL im Chor. Ich kneif mir mal ’ne explizite Bewertung… Günni

Copyright © 2025 Günnis Reviews

Theme von Anders Norén↑ ↑