Zurzeit kommt man aus dem Feiern kaum noch raus: Nach dem Hafengeburtstag und dem Aufstieg des FC St. Pauli stand die letzte reguläre Partie des AFC vor der Aufstiegsrunde an, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Meisterschaft der Hamburger Oberliga gesichert hatte. Aus dem Stadion ging’s direkt in die Lobusch, wo zwei (von drei) Bands spielten, die sich bereits eine Woche zuvor auf dem alternativen Hafengeburtstag ein Stelldichein gegeben hatten, von denen ich eine – BOMBE – jedoch verpasst hatte. Ich war dabei anscheinend etwas sehr schnell, denn um kurz nach 21:00 Uhr war noch nicht viel los. Nach und nach trudelten aber so einige bekannte Gesichter aus dem Stadion und weitere Freundinnen und Freunde des deutschsprachigen HH-Punks ein, ohne dass es übermäßig voll und drängelig geworden wäre – was auch mal sehr angenehm ist.
Das Trio RE-NI-TENT mit Leuten von ANSCHLAG und 1323 machte den Anfang. Bei im Vergleich zum Hafengeburtstag (wo ich sie erstmals sah) wesentlich saftigerem P.A.-Sound kamen die melodischen, aber auch flotten und zuweilen mit HC-Punk-Kante versehenen Songs noch mal besser rüber. Von ANSCHLAG fanden sich Songs wie „Revolution“, „Fundament“ und der Ohrwurmgarant „Melodie“ im Set, das Stück über Georg Elser hatte ich gar nicht derart, äh, kompakt in Erinnerung, sein Fett weg bekam u.a. die Hamburger Karikatur eines Innensenators, namentlich Andy Grote. Der Gesang kann Melodie, ist aber kein Gefistel, sondern schön angeraut. Leider verhinderte ein Atemwegsinfekt des Sängers/Gitarristen, dass auf die Zugabeforderungen eingegangen worden wäre. Egal – überzeugender Gig, weiter so!
BOMBE scheinen mir eine Art Nachfolgeband von HOT SCHROTT zu sein, die letztes Jahr auf dem Gaußfest ihren Abschiedsgig gespielt hatten (und sich wiederum zum Teil aus Leuten von CIRCUS OF HATE rekrutierten). Größte Auffälligkeit bei allen drei Bands ist die Geige, die bei einigen Songs zum Einsatz kommt. Zumindest zu Beginn des Lobusch-Auftritts wurden auch schon mal die Instrumente durchgetauscht, beim Gesang wechselten sich Männlein und Weiblein ab. Statt auf große Melodien oder Geballer setzt man eher auf leicht postpunkige Monotonie als Stilelement und kombiniert diese mit metapherreichen Texten. Den Leuten gefiel’s, Zugaben wurden verlangt, gleich drei Stück gab’s. Der unnachgiebige Ohrwurm „Die Uhr“ von HOT SCHROTT entließ aus diesem Auftritt, während der Gitarrist ins Publikum sprang. Das ist zweifelsohne kreatives, originelles Zeug, das seine Zielgruppe hat, auch wenn ich mich damit etwas schwertue.
Meinem persönlichen Geschmack kamen dafür 1323 umso mehr entgegen. Keine Ahnung, warum es schon wieder fünf Jahre oder so her ist, dass ich die zuletzt live sah, verlernt ham’se jedenfalls nix: Hardcore-Punk der guten alten ‘80er-Schule in Musik und Attitüde, meist eher desillusioniert-düster und/oder derbe angepisst nach vorne peitschend, hier und da mit Auflockerungen (z.B. dem spanischen „La pinche soledad“) und manch mitsingkompatiblem Refrain versehen. Drummer Andi brachte mit seiner Bassdrum die Bude zum Beben, Ali (der nach seinem Auftritt mit RE-NI-TENT nun noch mal ranmusste) schepperte ‘nen richtig geilen Bass und Phil schrammte sich durch die Akkorde, während er am Mikro seinen Aggressionen freien Lauf ließ. Ein paar Songs wurden wie üblich auch von Andi gesungen, dessen Lautstärke dabei leider eher auf Background eingepegelt worden war. Das auch im Original alles andere als balladeske „Staatsfeind“ von CANALTERROR wurde in gefühlt doppelter Geschwindigkeit durchgeholzt, dominiert wurde das Set aber natürlich vom Material des „Realität“-Albums. Arschgeiler Gig ganz nach meiner Kragenweite, der mich dann auch zum Tanzen und Bierrumspritzen animierte. Brauchte ich mal wieder!
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