ordures ioniques, les + disillusioned motherfuckers + crack it! @kopernikus, hannover, 20151030

Nachdem wir im Frühjahr bereits die Ehre hatten, in der legendären Hannoveraner Kopernikus u.a. mit OI POLLOI zu zocken, waren wir uns mit den Veranstaltern einig, gern mal wiederzukommen, beispielsweise fürs Sommer-Open-Air auf dem Hof des Gebäudes. Das hatte dann leider nicht geklappt, dafür standen wir aber Gewehr bei Fuß, als man uns im Oktober noch einmal einlud. Im Vorfeld wussten wir nicht genau, was uns erwarten würde; noch war man sich anscheinend uneins, ob man das Konzert in der Kopernikus oder im Stöcken-Wohnprojekt stattfinden lassen würde und wenn in der Kopi, ob im engen Konzertraum oder tatsächlich trotz längst wieder kühlerer Witterung an der mehr oder weniger frischen Luft. Letztendlich entschied man sich zu meiner Freude für letzteres. Vor Ort angekommen, konnten wir uns an schmack- und nahrhaftem „Reis mit Scheiß“ (wie man so zu sagen pflegt, ist nicht abwertend gemeint) stärken und erfuhren wir, dass ausgerechnet an diesem Tag die Hamburger Kollegen von ARGH FUCK KILL zeitgleich das Stumpf beehrten, eine andere Hannoveraner Konzert-Location, so dass sich das potentielle Publikum gewissermaßen aufteilte. Davon ließ sich aber natürlich niemand ins Bockshorn jagen und so wurde sich mit den bayrischen CRACK IT!, die sich gerade mit einem Aushilfs-Bassisten auf Tour befanden, bekannt gemacht und die Bühne aufgebaut. Das hochgelegene Gelände hat ein klasse Ambiente, es befindet sich quasi unmittelbar an den Bahnschienen und so sah man immer wieder Züge vorbeirauschen. Den Anfang machten dann CRACK IT! aus Altötting, die großartigen melodischen HC-Punk mit angepissten und kämpferischen englischen Texten, vorgetragen von heiseren, rauen Stimmen, in Vierer-Besetzung mit zwei Klampfen boten. Prägnante Songs, ’ne Extra-Portion Energie und teils mehrstimmige Refrains – passt! Geiler Scheiß und ich hoffe, dass man von der Band noch viel hören wird. Ich fand’s jedenfalls so gut, dass ich mir den bisher einzigen Tonträger, ’ne 7“-D.I.Y.-EP, mit nach Hause nahm.

Dann waren wir an der Reihe, nachdem wir der Bitte der mittlerweile eingetroffenen und von unserem Bekannten ANTI-CLOCKWISE-Fred kutschierten Frankokanadier LES ORDURES IONIQUES, mit uns den „Slot“ zu tauschen, nicht entsprochen hatten – schließlich hatten wir zu mittlerweile längst vorgerückter Stunde schon damit zu kämpfen, nüchtern genug für den Gig zu bleiben und halten uns eisern an unseren Schwur aus Ennepetal, uns nicht mehr ans Ende durchreichen zu lassen. 😉 Halb zwölf war’s, als wir unsere Hassklumpen herauszuspeien begannen und waren die Folgen des Alkoholkonsums bereits bei unserer Ankunft manch Besucher deutlich anzumerken, hatte ich das Gefühl, dass nun ein nicht ganz ungefährer Anteil gar nicht mehr so richtig wusste, was hier eigentlich los war, wer spielte und warum überhaupt. Draußen verstreut sich im Gegensatz zum Mini-Konzertraum das Publikum dann doch wesentlich stärker auf die verschiedenen Sitz- und Lieggelegenheiten und so war’s nicht ganz einfach, den Mob zu motivieren. Unsere Bemühungen dankte man uns jedoch beispielsweise mit einer Wrestling-Einlage auf der Bühne. Leider waren wir erneut nur zu viert, also mit nur einer Klampfe am Start, weil Eisenkarl ausgerechnet am kommenden Samstag wieder schwer malochen musste. Die verbliebenen Motherfucker machten ihre Sache aber ordentlich, lediglich bei „Elbdisharmonie“ haperte es zu Beginn, so dass der einfach noch mal angefangen wurde. Meine Stimme allerdings war noch etwas von der Probe am Abend zuvor angeschlagen, dafür bekam ich aber so gut Luft wie lange nicht mehr – die Vorteile eines Open Airs! – und musste mich trotz herbstlicher Temperaturen nach ein paar Songs meiner Jacken entledigen, kam also gut auf Temperatur. Als ich mir später allerdings Videomitschnitte unseres Gigs ansah, konnte ich nur hoffen, dass mein „Gesang“ nicht wirklich vor der Bühne so dermaßen furchtbar laut über allen Instrumenten lag…

ordures ioniques, les + disillusioned motherfuckers + crack it! @kopernikus, hannover, 20151031_000132

Kai Motherfucker

Nach getaner „Arbeit“ floss das Herrenhäuser, wie sie dort ihr Bier nennen, schon wesentlich entspannter und vor allem besseren Gewissens die Kehle herunter und wir konnten uns LES ORDURES IONIQUES aus Montréal anschauen – und sahen uns bestätigt, dass diese unbedingt als Höhepunkt des Abends als Quasi-„Headliner“ spielen mussten: Die sich ebenfalls auf Tour befindende Band rüttelte mit ihrem schnellen und melodischen Street-/HC-Punk noch so manch einen wach und lockte den einen oder anderen hinter der Feuertonne hervor, denn was sie mit ihrem männlich-weiblichen Wechselgesang da auf der Bühne zelebrierte, war die pure Spielfreude und trat noch mal so richtig Arsch! Die französischsprachigen Songs kamen allesamt direkt auf den Punkt und setzten das letzte Adrenalin frei, so dass auch Kai und ich uns noch vor der Bühne herumschubsten. C’est fantastique!

 

Und als wäre das noch nicht genug gewesen, lud man alle Bands in Stöcken zur Aftershow-Party, wo man noch das eine oder andere Stündchen in großer Runde zusammensaß und sich den einen oder anderen Absacker inmitten eines heillosen Sprachwirrwarrs gönnte. Was die lokalen Punks da sonst noch so im Brauserausch trieben, werde ich hier nicht vertiefen, war aber amüsantes Küchengespräch beim und nach dem Frühstück nach für den einen kürzerer, für den anderen längerer Nacht. In der Stöcken-Küche ließe sich generell prima eine Art rustikale Doku-Soap drehen und wer neugierig geworden ist, muss beim nächsten Mal einfach selbst mitkommen. 😉 Noch mal danke für die Einladung und die fantastische Gastfreundschaft – Hannover war wieder mal ein klasse Abenteuer für große Buben! Grüße auch an beide Bands und ich hoffe, unsere Wege werden sich noch mal kreuzen!