fiend, the + disillusioned motherfuckers @kraken, hamburg, 21.05.2015Im Kraken suchte man nach einem Support für die UK-HC-Punk-Legende THE FIEND, die schon seit den ’80ern ihr Unwesen treibt und auf ihrer Tour der sympathischen Kiez-Punk-Kneipe einen Besuch abstattete. Klar, dass wir da zusagten! Der Gig fiel zwar auf einen Donnerstag, aber da wir donnerstags normalerweise ohnehin zu proben pflegen, stellte das kein größeres Problem dar. Im Kraken ging man davon aus, dass die Briten ohne Boxen anreisen würden, weshalb man die Backline stellte und wir die zweite Gitarrenbox mitbrachten. Trotzdem bogen THE FIEND mit gleich drei Boxen um die Ecke, so dass kurz alles voll von den Dingern stand, als würden wir eine Wand wie Heavy-Metal-Bands in den ’80ern aufbauen wollen. Besser zu viel als zu wenig und als der überflüssige Krempel verstaut und alles aufgebaut war, führten THE FIEND unter Anleitung von Soundmensch Stephan erfolgreich ihren Soundcheck durch. Ist’s normalerweise so, dass man im Prinzip viel zu früh auf den eigenen Konzerten auftaucht, wurde diesmal allerdings die Zeit langsam knapp, zumal der Umbau des Schlagzeugs ungewöhnlich viel Zeit in Anspruch nahm und Chrischan sich an einer besonders widerspenstigen Schraube auch noch den Daumen stauchte – es muss die berühmte „Daumenschraube“ gewesen sein… Stephan wurde langsam nervös und als endlich alles stand, soundcheckten wir flott, segneten das Ergebnis ab und harrten der Dinge. Erstmals bekamen wir auch etwas zu Essen im Kraken, denn Beastar hatte reichlich schmackhafte Lasagne gemacht. Wir begrüßten den ersten bekannten Pöbel und um 22:15 Uhr ging’s los. Der Publikumsandrang war weit entfernt von dem, was ich von diversen Wochenend-Gigs im Kraken gewohnt bin; allzu viele hatten am Donnerstagabend anscheinend keine große Lust, 7 Taler für ’nen HC-Punk-Gig zu löhnen und das hatte ich auch nicht erwartet. Leider blieben auch einige, die eigentlich zugesagt hatten, der Sause fern, dennoch dürften es etwas über 30 Interessierte gewesen sein, über’n Daumen gepeilt. Zu Beginn lief auch alles glatt, ich war gut bei Stimme, versemmelte keine Texte und die Kollegen – diesmal mal wieder vollzählig inkl. Mike an zweiter Gitarre – gaben Gas. Mit zunehmender Spielzeit aber, ungefähr ab „Aktion Mutante“, schlichen sich einige Fehler ein, die dem ganzen den Druck nahmen und – Punk hin oder her – einfach unangenehm waren. Ich brüllte mir weiterhin die Seele aus dem Leib und gab mein Bestes, was auch entsprechend gewürdigt wurde, aber ich geh einfach mal davon, dass man mir meine zunehmende Unsicherheit angemerkt hat. Beim letzten Song, dem Cover „Les Rebelles“, das Stef singt, während ich nur einzelne Textpassagen mitbetone, war dann alles vorbei. Wir spielen den Song eigentlich nie mit einer festen Struktur, die einzelnen Parts lassen sich recht frei zusammensetzen und improvisieren, die Länge des Stücks ist variabel. Normalerweise signalisieren sich Stef und Chrischan an den Drums gegenseitig, wie es jeweils weitergeht, aber das ging diesmal völlig in die Hose. Obwohl wir zwei Songs aus dem Set gestrichen hatten, war die an diesem Abend wie gesagt gefühlt besonders knappe Zeit entweder schon so weit fortgeschritten oder man ertrug uns schlicht nicht mehr, so dass man uns direkt danach den Saft abdrehte. Nun ist es oft so, dass nur man selbst die Spielfehler bemerkt und es dem Publikum eigentlich egal ist, weil es sie sowieso überhört, doch ungeachtet des Schulterklopfens und der positiven Reaktionen, die wir dankenswerterweise im Anschluss ernteten, fielen sie diesmal auf. Was war los? Ausnahmsweise nicht der Suff. Des Rätsels Lösung: In einer kleinen Kneipe wie dem Kraken gibt es natürlich kein Monitorsystem. Umso wichtiger ist es, dass der Bühnensound stimmt, denn während ich ganz vorn die Beschallung durch die P.A. gut wahrnehme, hören die hinter mir postierten Motherfucker nix davon (diese taube Bande erst recht nicht). Und eben dieser Bühnensound erwies sich als zunehmend problematisch und wenn dann der eine anfängt, sich am anderen zu orientieren, aber niemand die anderen wirklich heraushört, geht’s früher oder später in die Hose. Da fassen wir uns an die eigene Nase und ziehen unsere Lehre daraus, werden uns zukünftig auch als Vorband genügend Zeit für die Justierung des Bühnensounds nehmen – denn so was kann man vielleicht bringen, wenn man irgendwelchen mit der eigenen Unfähigkeit kokettierenden Fun-Punk oder sowat macht, zumindest oberflächlich betrachtet fucking humorloser Hatepunk leidet aber darunter. Genug von diesem zwar desillusionierenden, aber letztlich völlig unpunkigen Geseiere, der Pöbel hat zu schlucken, was wir ihm hinrotzen und nun waren THE FIEND an der Reihe. Die nur noch mit einem Originalmitglied, dem Bassisten, antretenden Insulaner zeigten uns dann, wie man als HC-Punkband arschtight, aggressiv und ohne Bullshit abliefern kann, ohne zwischen den Songs den Humor zu verlieren. Das Oldschool-UK-82-Gebretter klang tadellos, wurde absolut überzeugend rübergebracht und verfügte über solch prägnante Refrains und andere Wiedererkennungseffekte, dass von Crust-Monotonie oder anderem, was zumindest das Potential hätte, einem einen solchen Gig über die volle Distanz dann doch irgendwann zu verleiden, keine Spur war. Denjenigen, die noch anwesend waren, gefiel’s ebenso wie mir, Stulle brüllte durchs Mikro „In Germany wie say AUFS MAUL!!!“ und die eine oder andere Pilsette wurde geköpft. Danke an den Kraken, THE FIEND und alle, die da waren. Schade, dass es bei uns nicht ganz so lief wie geplant, aber wir waren auch locker schon schlechter und Spaß hat’s trotzdem gemacht, anscheinend nicht nur uns. 😉 Leider konnte ich mir den Gig der schwer sympathischen FIEND nicht bis zum Schluss ansehen, da ich die letzte Bahn bekommen musste, um am nächsten Morgen meinen mehrtägigen Urlaub vom Punkrock-Zirkus auf dem Rock-Hard-Festival in Gelsenkirchen anzutreten…