Nachdem ich den vorherigen Abend bis 4:00 Uhr morgens im Kraken (ex-Skorbut) verbracht hatte, wollte ich an diesem Samstag eigentlich einfach nur Fußball gucken auf dem Heiligengeistfeld und sonst nüscht. Als ich in der Halbzeit aufbrach, um mir etwas zu essen zu holen, brachen allerdings die Wolken, so dass ich mich vor dem unangenehmen Platterregen in einem Hauseingang unterstellte und meine Falafel knabberte. Wie es der Zufall so will, liefen mir prompt zwei Bekannte über den Weg, die mich dann doch noch zum Wohlwillstraßenfest mitschnackten. Ich hatte davon gehört, jedoch keine Ahnung, wo diese Straße überhaupt sein soll. Die Aussicht auf ein Konzert einer ominösen Hamburger Band namens FISCHMARKT allerdings machte mich neugierig. Erst einmal dort angekommen, wusste ich natürlich Bescheid, zog mich aber erst einmal in die „Kleine Pause“ zurück, um das Fußballspiel zu Ende zu sehen. Argentinien gewann erwartungsgemäß 1:0 gegen Belgien; ob meines richtigen Tippspieltipps war ich glücklich und suchte das B5 auf, in das das Konzert regenbedingt von der Open-Air-Bühne verlegt wurde. Dort sah ich noch einige Songs der BIG BANDERS, die äußerst angenehmen und vor allem kirmesfreien Ska zockten und bei Saunatemperaturen für gute Stimmung im linken Polit-/Infoladen sorgten. FISCHMARKT entpuppte sich als Band aus dem St.-Pauli-Skins-Umfeld und ich erkannte Henning am Bass wieder, der auch bei den OI! SLUTS den Viersaiter zupft. Und der Sänger kam mir auch bekannt vor – irgendwann kam ich drauf : Das war doch der Herr, der während des OI!SLUTS-Gigs in Bergedorf einen Song als Gastsänger zum Besten geben durfte. Hier allerdings zog er so richtig vom Leder; schon der erste Song des mit zwei Gitarren angetretenen Quintetts, „Urlaub in Barmbek“, erwies sich als Volltreffer! Die weiteren Songs behandelten auf eine solch herrlich unverkrampfte Weise proletarische Themen wie Fußball, Saufen und Way of Life, als wäre es das Normalste der Welt, in einem Laden wie dem B5 lauthals „Skinheads!“ und „Hooligans!“ herauszubrüllen. Das war erfrischender und offen antifaschistischer Proll-Oi! aus dem Herzen, dem Stadion und der Kneipe, der mich schnell auf seine Seite zog. Die beiden Gitarristen sorgten für ordentliche Grundriffs, die kleinen Melodien stammten oftmals in erster Linie vom Bass. Das Schlagzeug beschränkte sich zumeist auf rudimentäre Takte und konzentrierte sich aufs Wesentliche, was der Mucke aber den typischen Wumms Früh-‘80er-Oi!-Punks verlieh. Der reichlich vertretene Anhang vergnügte sich ausgelassen und als TESTOSTERON-Sänger Markus sich für eine Handvoll Songs auf die improvisierte Bühne begab und Stücke seiner alten Kombo zusammen mit der Band schmetterte, gab’s gar kein Halten mehr. Das war auf seine Weise richtig gut, hat mich positiv überrascht und mir an diesem längst wieder trockenen, sonnigen Nachmittag ordentlich den Scheitel geradegezogen. Die Band werd‘ ich im Auge behalten und ich glaube, ein Gig zusammen mit den EIGHT BALLS und/oder IN VINO VERITAS würde wie die Faust aufs Auge passen!
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