Als die Pulvertoasties uns anboten, mit ihnen im Magdeburger Libertären Zentrum zu spielen, klärten wir die Frage nach der Spritkohle und sagten kurzerhand zu. Keiner kannte den Laden, aber das klang alles vielversprechend nach D.I.Y. und machte einen sympathischen Eindruck. Mit Tomczek erklärte sich sogar jemand bereit, uns zu chauffieren, und das auch noch in seinem für solche Vorhaben prädestinierten Minibus, in dem neun Personen Platz finden – die allesamt belegt wurden, denn Wurzel vom Gaußplatz, Katharina und ein Punk aus den USA, der Tomczek gerade besuchen war, begleiteten uns. Während der Hinfahrt musste ich erst mal die Arbeitswoche abschütteln, was ohne Alkohol gar nicht so einfach ist, aber schon auf der nachmittäglichen Hinfahrt das Trinken anzufangen, verbietet sich mir, wenn ich später auf der Bühne meine Texte noch kennen will. Tomczek erwies sich als absolut souveräner Fahrer, der uns sicher auch durch den einen oder anderen kleineren Stau geleitete und mit Musik und Comedy bestens zu unterhalten wusste. Die richtige Abfahrt gen Libertäres Zentrum genommen, erwischten wir einen verdammt dunklen Teil Magdeburgs, der Endzeit-Atmosphäre atmete, grau und trist. Genau das Richtige, um sich an diesem kalten Herbstabend aufs Konzert einzustimmen. Das Libertäre Zentrum entpuppte sich als großer besetzter Gebäudekomplex, der sich noch im Aufbau durch seine außerparlamentarisch politisch aktiven Bewohner befindet, jedoch bereits fließend Wasser, eine Kneipe und eine Bühne samt ordentlicher P.A. bietet – und einen schönen Hinterhof samt endzeit-futuristisch anmutender Konstruktionen und der klassischen Feuertonne. Ein Graffito besagte „Action Mutante“ und „No Fotos“ – ein passenderes Ambiente ist nur schwer möglich. Die Bewohner und Organisatoren vor Ort erwiesen sich als nette, unkomplizierte Leute, die uns ein leckeres Veggie-Burger-Buffet kredenzten, mit Astra und Sternburg Export zwei geile, ehrliche Arbeiterbiere anzubieten hatten und auch über genügend Schlafmöglichkeiten für unsere Neunerbande verfügten. Eigentlich alles gute Vorzeichen, doch nun kommt das große ABER: Leider hatte man wohl quasi null Werbung vor Ort gemacht und genösse unter den Punks einen eher schlechten Ruf (allein schon aufgrund des Rauchverbots im Saal aus Rücksicht auf Asthmatiker und Schwangere) und sowieso und überhaupt, jedenfalls zögerten wir den Beginn so weit wie möglich hinaus, da schlicht niemand zu einem Konzert zweier unbekannter Bands ohne nennenswerte Veröffentlichungen aus Hamburg kam (schon gar keine Asthmatiker, Schwangeren oder schwangeren Asthmatiker). Halt, das stimmt so nicht, eine Handvoll zahlender Gäste gab es, unter anderem Freunde von mir aus Halberstadt. Dän, seines Zeichens Bierbrauer, brachte uns sogar als besonderes Geschenk eine Riesenflasche unfiltrierten Bieres frisch aus dem Kessel mit, das wir uns nach dem Auftritt genüsslich einverleibten – danke, Dän! Apropos Auftritt: Den starteten wir dann irgendwann vor der Handvoll Gäste, den Pulvertoasties und den Leuten aus dem Libertären Zentrum, so dass die Fläche vor der Bühne nicht ratzekahl leer war. Der Auftritt dürfte unspektakulär, aber ok gewesen sein. Zwischen manch Songs ließen wir uns reichlich Zeit zum Anstoßen etc. – wenn man schon mal in solch gemütlicher Runde spielt, muss man sich auch nicht hetzen, wa? 😉 PROJEKT PULVERTOASTMANN im Anschluss ließen sich ebenfalls überhaupt nicht beirren und spielten absolut souverän ihren Stiefel herunter, wobei der Umstand, dass Bassist Holler um Punkt Mitternacht Geburtstag hatte, den Spaß noch deutlich erhöhte. Er bekam einen Meter Pfeffi, den er im Set zwischen zwei Songs komplett entleeren musste, was er mit erstaunlicher Unbeeindrucktheit erledigte und anschließend sogar noch astrein weiterspielen konnte – Prospekt, Aller! Der Abend nahm seinen Ausklang an der Bar, wobei Wurzel bereits Stunden vor dem Auftritt jenseits von Gut und Böse war und sich die Zahl der Trinkfreudigen nach und nach dezimierte. Irgendwann ging’s dann ab nach oben inne Penntüten, die die Aufgaben hatten, in den unbeheizten Räumen vor der Kälte zu schützen, die mittlerweile garstig durchs Gebäude kroch. Das war aber alles kein Problem und bereits saumäßig früh blies Tomczek schon wieder zur Rückfahrt, die diesmal superflott weil staulos vonstatten ging. Da man uns das Spritgeld, das wir zunächst nicht in kompletter Höhe annehmen wollten, förmlich aufgezwungen hatte, sind wir verlustfrei aus der Nummer rausgekommen und hatten einerseits unseren Spaß, haben andererseits ein interessantes Wohn- und Veranstaltungsprojekt kennengelernt und wurden gut umsorgt, so dass kein Grund zur Klage besteht; klassischer Fall von „das Beste draus gemacht“. Bleibt zu hoffen, dass das Libertäre Zentrum von den örtlichen Punks etc. besser angenommen wird bzw. man sich gegenseitig weiter einander annähert, damit aus der Bude über kurz oder lang ein Ort wird, an dem auch zwei unbekannte Nachwuchscombos auf Interesse stoßen. Mal ordentlich die lokale Werbetrommel zu rühren, kann generell aber auch nicht schaden. 😉 Besonderer Dank gilt Tomczek sowie den Pulvertoasties!
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