Am ersten August-Tag des Jahres ergab sich endlich einmal wieder die Gelegenheit, die grandiosen LEFTÖVER CRACK live zu beäugen und zu belauschen, jene US-Skacore-/Anarcho-Punk-Band, die seinerzeit aus den nicht minder genialen CHOKING VICTIM hervorging und meines Erachtens mal locker zu den besten derzeit existierenden Punkbands zählt! Ihr ureigener Sound, der so meilenweit entfernt ist von locker-flockigem Neo-Ska wie nur irgendwas und sich stattdessen als messerscharfe Mixtur aus aggressivem Hardcore-Punk mit Offbeat-Einlagen, nihilistischer Anarcho-Attitüde und wuchtigen, beinahe blackmetallischen Riffs mit entsprechendem Kreischgesang entpuppt, spielt in der obersten Liga und fischt dank seiner Eingängigkeit trotz der gebotenen Urgewalt in breitgefächerten Fan-Kreisen. Kein Wunder, dass das Hafenklang mal wieder rappelvoll war, als zunächst die Briten von ANTI-VIGILANTE den musikalischen Teil des Abends eröffneten und eher klassischen Skacore (sofern es so etwas gibt) mit trompetespielendem Sänger boten. Das war als Opener vollkommen ok, zumal sich der Sänger äußerst aktiv zeigte und die Band einen sehr spielfreudigen Eindruck machte. Jedoch kein Vergleich zu LEFTÖVER CRACK, die in der aktuellen Besetzung ohne den ausgeschiedenen Gitarristen Ezra die Bühne betraten, als das Klima im Hafenklang bereits so aufgeheizt war, dass einem nur vom friedfertigen Stehen am Rand schon der Schweiß den Körper heruntertriefte. Stza hockte sich zunächst mit Rücken zum Publikum hin, mischte sich in aller Ruhe ein alkoholisches Getränk zusammen, während die Band bereits spielte und das Publikum steilging. Nach einiger Zeit wandte auch er sich dem Publikum zu und schrie ganz in alter Form in hasserfüllten Songs seine Wut über all die Scheiße auf der Welt heraus, woraufhin es natürlich gar kein Halten mehr gab. Es ging tierisch rund und die bestens aufeinander abgestimmte Band peitschte eine Anti-Hymne nach der anderen in den gierigen Mob. Stza kümmerte sich zwischenzeitlich immer wieder um seine Drinks, erzählte auch mal ein paar humorvolle Anekdoten – LöC sind eben keinesfalls eine verbissene, ernsthafte Polit-Band – und ärgerte einen der beiden Gitarristen, der derweil so lange unter einem der vielen Leuchtstrahler an der Decke ächzte, bis das Ding irgendwann kurzerhand weggedreht wurde. Die Jungs kamen sehr sympathisch rüber, überhaupt nicht wie drogensüchtige Vollfreaks, als die sie nicht selten offensichtlich angesehen werden, und lieferten eine 1A-Darbietung, an der es nun wirklich so überhaupt gar nichts zu mäkeln gab. Gut, ein Thema für sich ist natürlich die Setlist, doch da hat man es als Band, die ungelogen fast NUR Hits vorzuweisen hat, naturgemäß nicht leicht. Ich war mit der Songauswahl hochzufrieden und freute mich besonders, dass auch relativ viel altes CHOKING-VICTIM-Material berücksichtigt wurde. Gänsehaut verursachte z.B. „Infested“, das sich seinerzeit nicht einmal auf dem einzigen regulären Album der Vorgängerband befand. Stza war offensichtlich auch sehr angetan von den Publikumsreaktionen und stürzte sich mitsamt Mikro während eines Songs in bzw. auf die Meute zum Crowdsurfen und sang dabei unbeirrt weiter – find ich ja ehrlich gesagt immer beeindruckend, so was. Mit Zugaben wurde auch nicht gegeizt, der „Crack Rock Steady“ fand mit Unterstützung vom ANTI-VIGILANTE-Sänger statt, was verdammt gut kam. Und ich glaube, hinterher waren sich ausnahmslos alle einig, dass das ein verdammt geiler Gig einer verdammt geilen Band war! Die könnte ich mir locker alle paar Wochen angucken, der apokalyptische und doch voller Ohrwürmer steckende, verdammt abwechslungsreiche Sound der Straßen- und Häuserkampf-erprobten, Zensur- und Auftrittsverbot-geplagten nihilistischen Freidenker macht süchtig – wie Crack!
Etwas unglücklich: Trotz voller Hütte blieb die Garderobe des Hafenklangs geschlossen, was besonders nervig für diejenigen war, die im Getümmel auf ihre Rucksäcke etc. achtgeben mussten und letztlich durch Sack und Pack den Laden noch voller machten, als er ohnehin schon war. Tut nicht not.
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