Das Café Flop in Hamburg-Bergedorf ist ein sympathisches Jugendzentrum am Hamburger Stadtrand, in dem ich früher so manch launigen Abend verbracht hatte. Nachdem ich im vergangenen Jahr nach langer Abstinenz mal wieder vor Ort war und Zeuge eines hammergeiles Konzerts wurde, hatte ich den Laden wieder auf dem Schirm und freute mich umso mehr, als die Spinal Tap des Oi!-Punks, die Hamburger Lokalheroen IN VINO VERITAS um Frontsau Ladde anfragten, ob wir nicht Bock hätten, mit ihnen dort zu spielen. Ein ungeschriebenes Gesetz jedoch besagt, dass kein IVV-Gig reibungslos über die Bühne geht, schon gar nicht in Hamburg. So trug es sich an jenem extrem heißen Tag anscheinend zu, dass die verdammt früh schon vor Ort eingetroffene Band mit den Aufbauarbeiten quasi allein gelassen wurde, zu denen nicht nur der Bühnenaufbau inkl. Soundanlage und Abmischung zählte, sondern auch Gerüstbau für Fortgeschrittene, um den sich mitten vor der Bühne befindenden Kellereingang (!) den Anforderungen der Berufsgenossenschaft gerecht werdend zu versiegeln. Das Equipment vor Ort war dann wohl auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, die Gesangsanlage musste erst mal repariert werden, eine Gitarrenbox fehlte etc. Glücklicherweise hatte man im kleinen Bruder von IVV-Gitarrero Simon einen verdammt fitten Techniktüftler dabei, der Verantwortung übernahm und den Durchblick behielt. Was wir an vor Ort fehlendem Equipment noch zusammenkratzen konnten, packten wir kurzerhand in die Karre und auf ging’s nach Bergedorf, um beim Rest des Aufbaus zu helfen und irgendwann schließlich einen Soundcheck absolvieren zu können. Das alles war noch recht früh am Tage, denn in Bergedorf hatte man zudem wohl verpeilt, dass am Tag, der IVV fürs Konzert zugesagt worden war, wohl eigentlich ein Ska-/Reggae-Nighter stattfinden sollte, weshalb man den Beginn des Gigs auf 19:00 Uhr vorverlegte. Optimale Voraussetzungen also, da konnte doch nix mehr schief gehen (Vorsicht, Ironie). Dass sich bei Temperaturen oberhalb 30°C keine Menschenmassen um 19:00 Uhr an den Arsch von Hamburg verirren würden, um sich zwei selbst lokal noch nicht allzu bekannte Bands anzusehen, war von vornherein klar, also galt es, das Beste draus zu machen. Leider ließ man uns aufgrund des Jugendzentrums-Status der Lokalität nicht mit unserem zuvor in örtlichen Supermärkten händeringend gesuchten Bolanow-Ersatzliquiden passieren, sprich: Statt Erdbeermulle als Bolanow-Ersatz gab’s gar nix fürs Publikum, dafür schüttete sich meine Band das Zeug aber einfach fast komplett selbst in die Rübe. Nachdem wir den Beginn erfolgreich bis um 19:30 Uhr herausgezögert hatten, begannen wir wie üblich unser Set mit „Crossed Your Plans“, doch statt eines nahtlosen Übergangs in „Total Escalation“ gab’s direkt eine kleine Zwangspause, denn fast zeitgleich löste sich mein Mikrokabel, riss Christian eine Saite und ging Raoul eine Trommel flöten. Unfassbar!? Welch Pannenserie gleich beim ersten Song! Aber Augen zu und durch, alles halb so wild, Mikrokabel gegen ein wenn auch nur wenig besseres Exemplar getauscht, Gitarre gewechselt und schnellgestimmt und die olle Tom wurde eh nicht benötigt. Den vielleicht 25 Interessierten bot sich im Anschluss eine pannen- und weitestgehend fehlerfreie Show, die uns auf der Bühne Spaß machte und augenscheinlich manch Gast ebenfalls. Bassist Stulle nutzte die Zeit zwischen den Songs für zahlreiche Verweise auf IN VINO VERITAS, die den Ball wiederum später wieder zurückspielten. Eine Zugabe wurde gefordert, woraufhin wir uns erstmals an der OXYMORON-Coverversion „We Rule Ok“ versuchten – ja, das geht noch besser… Die Pflicht lag hinter uns, es folgte die Kür, die darin bestand, uns vom Café Flop mit Kaltgetränken verwöhnen zu lassen und uns IN VINO VERITAS anzuschauen, noch immer einer der ersten Gigs in der neuen Besetzung. Während unser Sound wohl aufgrund der etwas schwachbrüstigen Anlage besonders in Hinblick auf den Gesang recht matschig unten ankam, hatten IN VINO VERITAS zunächst etwas mit dem Gitarrensound zu kämpfen. Als der aber erst einmal bestmöglich justiert war, hagelte es eine ungestüme Brachial-Oi!-Kelle nach der anderen, verbale Ohrfeigen, Tritte in den Allerwertesten aller Besserwisser, Doppelmoralisten und Spießer. Die Band erschien mir schon sicherer und besser aufeinander abgestimmt als vor ein paar Monaten während des ersten Gigs dieser Besetzung. Gossenpoetische deutsche Texte und hymnische Refrains luden zum Mitgrölen ein, der engagierte Background-Gesang trug sein Übriges dazu bei. Rabiater Sound für rabiate Zeiten, energisch und nicht ohne Charme überzeugend vorgetragen. Mir gefiel’s und damit war ich nicht alleine. Und während IVV zu Ska- und Reggae-Klängen noch Gerüste abbauten, befanden wir uns schon wieder auf dem Rückweg und wurden Zeuge eines mitteilungsfreudigen Busfahrers, der uns auf spaßige Weise über die möglichen Folgen übermäßigen Alkoholkonsums während der Fahrt zum Bergedorfer Bahnhof aufklärte. Danke an alle, die der Sause beigewohnt haben, besonders denjenigen, die sämtliche inneren Schweinehunde überwanden und von etwas weiter anreisten – was der Großteil gewesen sein dürfte, denn wirklich lokales Publikum war bis auf die Flop-Crew kaum vertreten. Trotz aller organisatorischer Ungereimtheiten ein gelungener Abend und auch die Flopper erwiesen sich als nette, umgängliche Leute, weshalb wir gerne wiederkommen – vielleicht mit ein paar mehr im Vorfeld geklärten Details. 😉
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