hafengeburtstag von unten 2013 1Geil, mit den DISILLUSIONED MOTHERFUCKERS auf dem „Hafengeburtstag von unten“ auf der Onkel-Otto-Bühne vorm Störtebeker spielen, nach Jahren als Besucher selbst aktiv für räudige Beschallung sorgen, während beim städtischen, offiziellen Teil der jährlichen Mega-Veranstaltung i.d.R. höchstens von der Jolly-Roger-Bühne erträgliche Klänge ertönen! Einmal auf der Bühne stehen und Hamburg niederpöbeln, während ahnungslose Touristen zusammen mit selbstgefälligen Einwohnern sich selbst und den Hafen feiern! Doch, oh Graus, Drummer Chrischan wurde von ‘ner fiesen Grippe heimgesucht und musste seine Teilnahme absagen. Glücklicherweise haben wir mit Iron Mike Motherfucker ein echtes Multitalent an Bord, den wir hier eigentlich erstmalig als zweiten Gitarristen einweihen wollten. So aber nahm er kurzerhand hinter der Schießbude platz, prügelte sich innerhalb von nur zwei Proben notdürftig das Programm rein und unser Gig konnte doch noch über die Bühne gehen. Nachdem am Donnerstag eine Art Aufwärmprogramm mit zwei Bands im Onkel Otto stattfand, eröffneten wir am Freitag den Reigen auf der geräumigen Open-Air-Bühne. Die Onkel-Otto-Bühne ist nicht nur für geile, meist rustikalere Mucke berüchtigt, sondern auch für ihre Zeitverschiebungen und -verzögerungen und so wunderte es uns auch wenig, dass man uns im Vorfeld keine wirkliche Anfangszeit mitteilen konnte und aus dem ursprünglich prognostizierten Start am Nachmittag letztlich 20:00 Uhr wurde. Das lag aber u.a. daran, dass eine Band (ich glaub, die DUKES OF CUMSHOWER aus Rostock) kurzfristig abgesagt hatte. War auch alles kein großes Problem, denn die Zeit ließ sich prima mit diversem Gequatsche in angenehmer Atmosphäre mit ebenso angenehmen Zeitgenossen an der Bierzeltgarnitur verbringen, zehn Getränkefreimarken pro Nase sorgten fürs Sabbelwasser, am Cocktailstand kam karibisches Flair auf (und trotz Hafengeburtstag blieb’s diesmal sogar weitestgehend trocken – das Wetter mein ich!) und kurz vorm Soundcheck wurde unfassbar leckeres veganes Gulasch mit frischem Fladenbrot kredenzt, in das ich mich hineinlegen hätte können! Kompliment an den Koch! Mit Norman kümmerte sich ein Mann um den Sound, der uns bereits vom Rondenbarg kannte, optimale Voraussetzungen also. Tatsächlich kamen wir in den Genuss des Luxus funktionierender Monitorboxen und hatten glaub ich sowohl auf als auch vor der Bühne ‘ne verdammt respektable Abmischung. Unser Set hatten wir um einen Song (die Coverversion „Les Rebelles“) leicht gekürzt und den Rest hier und da mal mehr, mal weniger improvisiert in die jetzt auch interessierte und begeisterungsfähige Meute gerotzt. Dabei fiel mir auf, wie geil so’n Open Air ist – man bekommt richtig gut Luft und hat dementsprechend mehr und länger Puste – kein Vergleich zu ’nem verqualmten kleinen Club, könnte man sich dran gewöhnen! Als kleinen Tribut an Chrischan und weil’s schließlich was zu feiern gab, haben wir nach „Aktion Mutante“ Dosenbier spendiert – genauer: ein 5-Liter-Fass Bier, das optimal geeignet war, um das Publikum mit kühlem Nass zu versorgen. Mit ordentlich Druck schoss der Gerstensaft heraus und in durstige Mäuler hinein (DUKES OF BEERSHOWER?). Den Umständen geschuldet sind wir ohne Zugabe von der Bühne runter, haben uns offensichtlich aber neue Motherfuckers erspielt und freuen uns auf den nächsten Gig wieder in regulärer Besetzung. Nichtsdestotrotz an dieser Stelle einen Riesenrespekt an Mike, ohne den wir ganz schön dumm bzw. noch dümmer als sonst aus der Wäsche geschaut hätten.

Anschließend folgte das kurzfristig für die abgesagte Band eingesprungene Duo HEINZ ALBERS UND HANS RÜHMANN, ich glaube auch aus Rostock, das mit Quetschkommode und Akustikklampfe bewaffnet Shantys und Artverwandtes zum Besten gab. Das war sehr gekonnt und sympathisch-humorvoll vorgetragen und ein schönes Kontrastprogramm. Dann wurd’s international und die Norweger KNUSTE RUTER sowie die Spanier JUVENTUD INFINITA waren an der Reihe, wovon ich aber nicht allzu viel mitbekommen habe, da ich zur Jolly-Roger-Bühne hinunterging und mir die Hamburger Punk-Pioniere RAZORS anschaute. Die legten einen energiegeladenen Set hin und hatten ihre rotzigen bis hymnischen, gern auch beides, Hits dabei. Das machte Laune, die Herrschaften wirkten locker, das Publikum hatte man aber auch schon mehr abgehen sehen, wenngleich es sehr zahlreich erschienen war. An dieser Stelle fehlt eben einfach die intime Atmosphäre kleinerer Bühnen. Ein gelungener Auftritt, mit den RAZORS ist einfach immer noch zu rechnen und der Gig machte nicht den Eindruck, als würde sich das in allzu naher Zukunft ändern. Manch Klönschnack später – mit fortschreitender Stunde füllten sich die punkrelevanten Ecken des Hafengeburtstags immer mehr – hieß es dann, sich noch WHAT WE FEEL auf der Onkel-Otto-Bühne reinzuziehen, jene Hardcore spielenden Russen, die mit eindeutiger, unmissverständlicher antifaschistischer Positionierung in einem Land Stellung beziehen, in denen Neonazis seit geraumer Zeit Morgenluft wittern und mit dem sozialen Auseinanderdriften der Gesellschaft und neuer Armut vielerorts eine Verrohung einherging, die schon viel zu viele Punks, Skinheads, Antifaschisten und generell Andersdenkende das Leben gekostet hat. Eine mutige, authentische, engagierte Band, die auf den Brettern der Hamburger Bühne permanent in Bewegung war und eine wahnsinnige positive Energie ausstrahlte, während brutaler Hardcore zu den Themen passend laut und rau aus den Boxen donnerte und zu Pogo und Mosh einlud. Bei russischen Bands mag ich es ja besonders, wenn hier und da noch ein wenig Folklore durchklingt, oder eben irgendetwas unverwechselbar Russisches, doch dafür orientiert sich diese Band zu stark an US-amerikanischen Hardcore – zumindest musikalisch, und das aber absolut gekonnt. Ein verdammt großartiger, respekteinflößender Auftritt und würdiger Abschluss des Abends.

Was ich aber nicht ganz verstanden habe, ist, weshalb offensichtlich parallel zur Onkel-Otto-Bühne an der Volxküche noch ein Soli-Konzert mit ORÄNG ÄTTÄNG und anderen Bands, die auch gut auf die Onkel-Otto-Bühne gepasst hätten, stattfand…?