Dass der Menschenzoo gleich drei Bands an einem Abend zocken lässt, dürfte anlässlich der Walpurgisnacht ein Novum gewesen sein. Obwohl ich zwischendurch und anschließend „auflegen“ (ich setze es in Anführungszeichen, da ich mich lediglich als Filejockey betätige, die guten Platten bleiben in den Schränken) sollte, hatte ich auch gar nicht geschnallt, dass das „C³I“ im Veranstaltungstitel eine weitere Band sein soll. So begann man dementsprechend früh; als ich wie üblich ca. 22:00 Uhr eintraf, lief gerade der vorletzte Song der Band mit dem gewöhnungsbedürftigen Namen. Das klang nach töftem Punk mit deutschen Texte und wenn die sich nicht spontan aufgelöst haben (ein verbreitetes Hamburger Phänomen), wird sich sicherlich bald noch mal die Gelegenheit ergeben. Der Laden war bereits sehr gut gefüllt und C³I schienen allgemein sehr gut aufgenommen worden zu sein.
Die Hamburger CHANNEL RATS kannte ich bisher nur vom ’80er-WATERKANT-HITS-Sampler; neben weiteren Sampler-Beiträgen hatten sie 1984 ein Split-Album mit R.A.F.GIER aufgenommen, das ich nie gehört habe. Seit einiger Zeit spielt die Band wieder Gigs und hat sich einen verdammt jungen Drummer geangelt. Die schnörkellosen, vom Sänger mit Psychobilly-Flat auf der Murmel mal auf Deutsch, mal englisch vorgetragenen Songs irgendwo zwischen HC- und Streetpunk zündeten schnell und verdienen vielleicht nicht unbedingt den Status „vergessene Klassiker“, aber machten Laune, die Spielfreude der Band war durchaus ansteckend. Ihr einziger mir bekannter Song „A Night on the Graveyard“ erklang gleich zweimal, am Schluss nämlich noch mal in einer coolen Punkabilly-Version. Auch ein neuer, unveröffentlichter Song erwies sich als ziemlich hörenswert. Hat mir gefallen.
SHEEP ON A TREE sind ebenfalls HH-Altpunks, die bisher allerdings völlig an mir vorübergegangen waren. Gegründet 1989, veröffentlichte man 1990 mit „In Tune“ das bis dato einzige Album. Seit sie sich wieder zusammengetan haben, gehen sie wieder recht regen Konzertaktivitäten nach, doch bisher hatte es zeitlich bei mir nie gepasst. Für mich also, wie bei den CHANNEL RATS, ’ne Premiere beim Tanz in den Mai nach Hamburger Punkmanier. Sänger Hake sieht aus wie ein alter Seebär, singt ebenfalls zweisprachig und hat immer wieder ein bisschen MISFITS-Vibe in der Stimme. Unterbrochen wurde er von einem arschtighten Instrumentalstück, währenddessen der topfitte Drummer auch mal so richtig aufkacken konnte. Ansonsten war’s mehr so die Oldschool-Punk-Nummer mit einigen klasse melodischen Songs, die direkt ins Ohr gingen. Ins für mein Empfinden ungewöhnliche lange Set hatten sich aber auch ein paar unspektakulärere Stücke eingeschlichen, was das den Laden nun vollends ausfüllende (größtenteils Ü40-)Publikum nicht daran hinderte, Zugaben einzufordern – die es auch bekam. Am Ende verbeugte sich die Band höflich vor dem Pöbel, was ich im Menschenzoo auch noch nie gesehen habe. Veröffentlichungstechnisch soll sich wohl in Bälde noch etwas tun, also Augen und Ohren offen halten.
Soundmann Norman hatte die gesamte Zeit über alles prima im Griff, die Stimmung war gut und das Pils kühl und so war’s mir ein Vergnügen, dem Zoo anschließend noch meinen Musikgeschmack aus der Konserve aufzuzwängen – bis in die frühen Morgenstunden. Und dann war auch schon Mai und der Hafengeburtstag stand vor der Tür…
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