Dieses Vierer-Paket befindet sich auf Tour, zum Halt auf dem Hamburger Kiez bekam ich von meinen DMF-Bandkollegen eine Karte zum Geburtstag geschenkt – besten Dank, Jungs! Anderenfalls wäre ich aber auch nie auf die Idee gekommen, hinzugehen. CANNIBAL CORPSE als Headliner interessieren mich nicht zwingend und den Laden meide ich normalerweise, war seit Äonen nicht mehr da. Da der Einlass bereits für 16:30 Uhr terminiert war und es pünktlich um 17:15 Uhr losging, musste ich auf Arbeit viehisch ranklotzen und Cheffe bitten, mich ‘ne Stunde früher gehen zu lassen. Trotzdem waren die belgischen Death-Thrasher SCHIZOPHRENIA, deren „Voices“-Mini-LP es mir besonders angetan hat, die ersten Songs lang lediglich Soundtrack zum Einlass und zur Plünnenabgabe an der Garderobe.

Anschließend erst mal ‘n Bierchen (Becks vom Fass, halber Liter für satte 6 Öcken!) geholt und zu aklimatisieren versucht. Die junge Band war bestens in Form und hatte sichtlich Freude, den ausverkauften Bums eröffnen zu dürfen. Vor der Bühne wütete bereits ein veritabler Pit und am Ende gab’s noch das MORBID-ANGEL-Cover „Maze of Torment“ auf die Löffel. Geile Livecombo, würde ich mir gern noch mal in ‘nem kleinen Club geben.

Die alten US-Death-Metal-Recken IMMOLATION zockten im Anschluss auf Atmosphäre getrimmte Düsterheimer-Songs, die leider null bei mir zündeten. Bin ja ohnehin eher ein Death-Metal-Muffel und kann mit einem Sound wie dem vom Quartett dargebotenen nichts anfangen. Musste ich halt über mich ergehen lassen, denn in der Großen Freiheit 36 gibt’s keinen Stempel und nix, einmal drin kommst du nicht wieder raus (es sei denn, du bist Snake Plissken…). Stimmt natürlich nicht: Raus schon, nur eben nicht wieder rein. Miese Falle, von wegen „große Freiheit“. Dafür traf ich auf immer mehr bekannte Gesichter, subventionierte die ganze Chose durch Erwerb überteuerter Bremer Industriepilsetten und schaute dem glatzköpfigen der beiden Gitarristen bei seinen ulkigen stakkatohaften Bewegungen zu.

Viel besser kann ich auf MUNICIPAL WASTE und ihren Thrash-/Hardcore-Crossover-Sound, wenn ich auch die letzten Alben nicht mehr brauche und mein letztes WASTE-Konzert satte fünf Jahr zurücklag. Letzteres war natürlich ein Spitzenargument, heute Abend hier zu sein, und ich hatte Bock. Vor der Bühne ein großer Circle Pit, quasi unablässig am Rotieren, ab und an ging’s auch etwas rüder zu. Die Bühnengröße im Zusammenhang mit dieser Musik irritierte mich aber etwas, viel mehr jedoch die Lautstärke: Erstmals fiel mir auf, wie leise der P.A.-Sound hier war. Das muss doch aber drücken im Gesicht! Die US-Amerikaner durften im Gegenzug zu den vorausgegangenen beiden Bands Zugaben spielen, Bühnenpräsenz und Performance waren einwandfrei. An meinen ersten WASTE-Gig seinerzeit im Hafenklang kam das Ding hier aber allein schon atmosphärisch in keiner Weise ran. Das Publikum hatte der Auftritt extrem durstig gemacht, sodass man ab jetzt mitunter arschlange fürs Bier anstehen musste und es zunehmend drängelig an den Theken wurde.

Das hielt mich aber nicht ab, denn ich musste mir ja noch CANNIBAL CORPSE schönsaufen. Der einstige Bürgerschreck, seit dem Auftritt mit Jim Carrey in „Ace Ventura“ rehabili- und als legitime, letztlich harmlose Unterhaltungsform weithin akzeptiert, zählt bis auf einzelne, für meine tauben Ohren herausragenden Songs gewiss nicht zu meinen Lieblingsbands. Seit ich mich auf dem Rock-Hard-Festival aber mal vor der Bühne positionierte, um mich von der ultralauten und brutalen CORPSE-Show durchdringen zu lassen, habe ich eine gewisse Freude daran entwickelt, mich von diesem Sound in einen Trance-ähnlichen Zustand versetzen zu lassen und mich daran zu erfreuen, wie bei etwas, das für mich so viel musikalische Abwechslung birgt wie ein Modern-Talking-Album, dabei aber ungleich uneingängiger daherkommt, Musiker und Growler ganz genau wissen, wann was wo zu sitzen hat und perfekt aufeinander eingegroovt scheinen. Respekt! Auch dafür, konsequent über einen mittlerweile derart langen Zeitraum konsequent seinen Stiefel durchzuziehen. Klang ein Riff mal etwas bis deutlich thrashiger und verließ Frontmann Corpsegrinder mal kurz den Krümelmonstermodus, lief mir das alles auch gleich viel besser rein, und wenn nicht, blieb eben technisches Gehacke, dem beizuwohnen auf eigentümliche Weise Laune macht, während Corpsegrinder per Propeller-Banging für erhöhte Luftzirkulation sorgt.

Kurz vor zehn war dann tatsächlich Feierabend und ich mittlerweile so berauscht, dass ich es für eine gute Idee hielt, noch auf dem Geburtstag eines Kumpels vorbeizuschauen, dem ich im Vorfeld vorsorglich abgesagt hatte. Konsequenz: Zwei Tage Kater. Nochmals danke an meine Bandkollegen! 😀 In die Große Freiheit muss ich aber so schnell echt nicht wieder.