Günnis Reviews

Datum: 16. Juli 2024

Cinema-Sonderband Nr. 10: Sex im Kino ’85 – Höhepunkte des erotischen Films

Der Cinema-Verlag machte mit seinen fragwürdigen „Sex im Kino“-Jahrbüchern noch eine ganze Weile weiter. Nach den Bänden über die Jahre 1983 und 1984 nun also das Jahr 1985. Viel geändert hat sich auf den ersten Blick nicht: 132-seitiger Softcover-Band, Inhaltsverzeichnis und Vorstellungen derjenigen Filme mit nach Einschätzung der Redaktion mindestens höherem Erotikanteil, die 1985 in die Kinos kommen sollten – bzw. vielleicht hätten kommen können. Die titelgebenden „Höhepunkte“ sind es mit Sicherheit nicht, vielmehr mutet das Buch erneut wie ein Gesamtüberblick an. Immerhin scheint man diesmal glücklicherweise auf die Vermengung pornographischer Filme mit Erotik-/Softsex-Filmen verzichtet zu haben und lässt den Hardcore-Bereich außen vor. Die Vorstellungen von Filmen wie „Baby Cat“, „Geschichte der O., 2. Teil“, „Gegen jede Chance“, „Eine Liebe von Swann“, „Loft“, „Ekstase“ oder auch „Splash – Jungfrau am Haken“ sind wie gewohnt jeweils ein bis sechs Seiten lang ausgefallen, wobei der Großteil aus Fotos von Filmszenen besteht. Diese heben meist den Erotikanteil der quer durch die Genres ausgewählten Filme hervor und sind somit nicht immer unbedingt repräsentativ, aber zumindest häufig hübsch anzusehen.

Bei den Texten handelt es sich überwiegend um reine Promotion, manchmal wird auch die Handlung weitestgehend oder gar komplett gespoilert, hin und wieder findet sich auch eine Filmkritik dazwischen. Ein durchgehendes textliches Konzept lässt sich nicht ausmachen. Teilweise schienen die deutschen Verleihtitel noch nicht festzustehen, sodass sie falsch wiedergegeben oder die Originaltitel genannt werden. Aus Jess Francos Katja-Bienert-Heuler „Diamonds of Kilimandjaro“ wird hier beispielsweise „Liane – frei geboren“. Manche Filme, wie z.B. „Questo e quello“ von Sergio Corbucci mit Désirée Nosbusch, haben es hingegen leider nie nach Deutschland geschafft. Bei „Flamingo Kid“ wusste man nicht, wer der Regisseur ist (Garry Marshall wär’s gewesen), bei „Fear City“ ist von „sexueller Notdurft“ die Rede, was ekliger klingt, als es gemeint gewesen sein dürfte, und in „Le voyage“ „schiffen sich Thomas und Véronique auf einer Autofähre ein“. Ich mag solche Stilblüten. Die „Geschichte der O“-Erstverfilmung datiert man auf Mitte der Sechziger (1975 wäre korrekt) und aus Rob Reiner wird Bob Reiner. Beim Satz „Nichts wünscht er sich sehnlicher, als seine Jugendfreundin Maria heiraten zu Luftwaffen-Colonel beispielsweise, der können, die gerade stolze 15 Jahre alt war, als er ins Feld ziehen mußte“ frage ich mich dann aber doch, wie heiß genau die Nadel eigentlich war, mit der dieser Sex-sells-Cash-in zusammengestrickt wurde.

Mit „La France interdite“ findet sich interessanterweise eine Art obskurer französischer Mondofilm mit Brigitte Lahaie im Buch. Ansonsten irritiert aber die unter dem Buchtitel zusammengefasste Filmauswahl, die bis hin zu harmlosen Fantasy- und Familienkomödien reicht. Somit wiederhole ich mein Fazit bereits zum zweiten Mal mit angepasster Jahreszahl: Als hübsches Bilderbuch goutierbar, als journalistisch-kritische Reflektion des Themas Sexualität im Kinojahr 1985 hingegen vollkommen ungeeignet.

12.07.2024, Lobusch, Hamburg: THRASHING PUMPGUNS + GIF

Die Hamburger THRASHING PUMPGUNS luden zum Record-Release-Gig ihres nach „The Lord is Back“ aus dem Jahre 2014 (echt schon zehn Jahre her?!) zweiten Albums in die Lobusch. Das konnte natürlich nur gut werden. Als Vorband hatte Shouter Rolf die seit letztem Jahr existierenden JPEG PNG GIF verhaftet, nachdem er sie auf dem Gaußplatz live gesehen hatte. Verständlich, denn das sich, wenn ich richtig informiert bin, aus Mitgliedern von ATTACK OF THE MAD AXEMAN und KSM40 zusammensetzende Quartett spielt musikalisch einwandfreien, schnörkellosen und vom Drummer mit flottem, wuchtigem Punch vorangetriebenen Hardcore, zu dem der vor statt auf der Bühne agierende Shouter überwiegend deutschsprachige, prägnant auf den Punkt gebrachte Texte herausschreit, die sich kritisch mit den Begleiterscheinungen von Kokainkonsum („König Kunde“), dem Klimawandel („Anthropozän“) oder auch zynischem Gelächter („ROFL“) auseinandersetzen. Mit „Tot geboren“ coverte man BLITZKRIEG bzw. BOSKOPS, „Es Mentira“ war ‘ne spanischsprachige Nummer und weil vehement Zugaben gefordert wurden, zockten GIF noch „Löschkalk“ und „Friedensnobelscheiß“, bis dem Gitarristen ‘ne Saite riss. Nach gut 30 Minuten war Schluss. Geiler Gig, geile Band – geht absolut klar! GIF haben ein Tape draußen, anhören kann man es sich auch auf Bandcamp: https://gifpunk.bandcamp.com/album/das-lachen-der-hyaene

Beim HC-/Thrash-Crossover-Sound der THRASHING PUMPGUNS rappelte es dann so richtig in der mehr als gut gefüllten (und an diesem Sommertag entsprechend temperierten) Kiste. Man zockte einen bunten Mix aus Klassikern und neuem Material, das zwar auf Vinyl erhältlich war, aber zumindest Stand heute noch nicht im Netz zu finden ist. Wie schon bei GIF war der P.A.-Sound schön druckvoll, und hier kamen auch die beiden Gitarren relativ differenziert durch. Erstmals sah ich die Band mit meinem Bandkollegen Holler am Bass, der seine Sache absolut souverän zu meistern schien. Die beiden ehemaligen Bandmitglieder Flo und Oli befanden sich im Publikum und alle hatten Bock auf Party, die die Band mit Entertainer Rolf am Mikro dann auch wie bestellt abfackelte. Nach wenigen Songs war vor der Bühne gut was los, die speedigen Riffs flogen einem nur so um die Ohren und manch launige Ansage sorgte für zusätzliche Kurzweil. Vic an den Drums haute kräftig auf die Pauke und schwitzte sämtliche Klamotten durch. Der MANOWAR-Diss-Track „Girlowar Not Manowar“ hat das Zeug, die True-Metal-Fraktion zu vergrätzen, aber die war gar nicht da. Was von der Decke tropfte, war übrigens kein Schweiß, sondern Rolfs Rotze, die er dort verteilte, bis sie sich wie glibberige Stalaktiten abseilte… Wie viele Songs genau gespielt werden würden, hatte sich laut Holler erst während des Gigs entschieden; dafür gab’s dann wie üblich bei den PUMPGUNS keinen Nachschlag in Form einer klassischen Zugabe, immerhin aber noch ‘nen kleinen Jam. Astreines Oldschool-Crossover-Geschrote, das demnächst wohl auch quer durch die Republik getragen werden wird. Viel Erfolg mit der neuen Platte (die ich mir mangels verbliebenem Kleingeld in der Tasche noch nicht direkt mitnahm – aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben) und hoffentlich auf bald mal wieder!

Danke an den eigens aus dem hohen Norden angereisten Rohrpost-Torben, auf dessen Fotofundus ich zurückgreifen durfte – alle mit „Foto: TR“ markierten Bilder stammen von ihm!

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