fischmarkt @wohlwillstraßenfest, hamburg, 20150912_202915

Das Wohlwillstraßenfest in den Hinterstraßen des Hamburger Kiez gehört zu den sympathischsten seiner Art, und zwar aufgrund seines unkommerziellen Charakters – statt massenweise überteuerter Standard-Fress- und -Saufbuden bereitzustellen, stellen die Anwohner hier selbst etwas auf die Beine. Tagsüber ist der Flohmarkt das Herzstück, zu dem ich diesmal rechtzeitig kam, um reichlich in Sachen Tonträger fündig zu werden. Das Wetter war auch bestens und so war dies für diejenigen ein angenehmer „place to be“, die den Neo-Nazis, deren geplanter Hamburg-Aufmarsch an diesem Tag zum absoluten Debakel geriet, nicht mehr hinterher zu reisen versuchten, die von einer der Demos kamen oder die etwas später aufgestanden waren und aufgrund der Sperrung des Bahnverkehrs (immerhin das hatten sie erreicht) kaum noch eine Chance hatten, zügig zum Hauptbahnhof zu gelangen. Als ich am frühen Abend pünktlich zur Sportschau in mein Altonaer Wochenend-Domizil zurückkehrte und so nebenbei durchs Fratzenbuch scrollte, las ich glücklicherweise noch Arnds Nachricht, dass er gleich mit seiner Oi!-Punk-Combo FISCHMARKT auf eben jenem Straßenfest spielen würde. Also nach dem Abendessen wieder flugs rein in die Puschen und erneut dorthin. Ich hatte diese Band bisher nur einmal gesehen, und zwar auf genau diesem Straßenfest, seinerzeit in der B5. Der Auftritt war der absolute Hammer, doch seither habe ich die Gigs mit unschöner Regelmäßigkeit verpasst. Heute also endlich wieder einmal die Gelegenheit, erneut an der B5 – diesmal jedoch als Open Air, als Bühne fungierte ein umfunktionierter Anhänger. Reichlich Volk hatte sich dort versammelt, darunter viele übliche Verdächtige, die den Gig als Auftakt zum Konzertabend nutzten und anschließend noch weiterzogen. Erst mal stand der Soundcheck an, bei dem es etwas irritierte, dass man Arnd offenbar gebeten hatte, zu singen, obwohl sein Mikro noch gar nicht an war – was zu Erheiterung im Publikum sorgte. Nach einiger Zeit ging’s dann aber inkl. Stimme los, Lieder über Urlaub (in Barmbek), Fußball (FC St. Pauli), Subkultur (Skinheads, Ultras und Hooligans) Saufen (Bier) etc., proletarisch und feierwütig, kämpferisch und konsequent, schnörkellos und auf die Zwölf, heiser vorgetragen vom fäustereckenden Frontmann, dessen Stimme den gesamten Gig über leider etwas zu leise abgemischt worden war und die gegen Ende technisch bedingt sogar einmal komplett ausfiel. Trotz dieser Pannen war’s wieder ein großartiger Gig einer schwer unterhaltsamen Band, wenn auch die Leute angesichts des harten Aphalts und der hohen Bühne nicht so mitgingen wie seinerzeit in der B5, als es eng und drängelig war und man sich Auge in Auge gegenüberstand. Die Melodien gehen ins Ohr, Hennings rasantes Bassspiel ohne Plektrum ist klasse anzuschauen und Arnd beweist mit seinen Ansagen auch zwischen den Songs Entertainer-Qualitäten. Als Zugabe gab’s noch mal „Europapokal“ und ich glaube, im Gegensatz zum letztjährigen Gig hatte man keine TESTOSTERON-Coverversionen mehr im Programm, vermutlich, weil man mittlerweile genügend eigenes Material hat, oder? Die anschließende Metal-Band verfolgte ich beim letzten Bierchen des Abends nur noch mit halbem Ohr, kann daher im Prinzip lediglich zu Protokoll geben, dass sie ’nen etwas moderneren Stiefel spielten und eine Sängerin hatten. Es hat sich gelohnt, sich noch einmal auf den Weg gemacht zu haben – am witzigsten war aber, dass ich mich in Begleitung einer Rostockerin befand, die überhaupt nicht wusste, was sie erwartet… 😛