demented are go + holstein rockets @monkeys music club, hamburg, 20160611

Subkulturelles Überangebot in Hamburg, die Drölfzigste: EMILS im Menschenzoo, FAT FLAG und SPIKE im Hafenklang, der zweite Tag des Gaußfests und das war bestimmt längst nicht alles… Ich beschloss, an diesem Abend mal wieder meine ‘billy-Quote zu erhöhen, zumal DEMENTED ARE GO mit ihrer dreckigen Zombie-Interpretation des Psychobillys wohl zum geilsten gehören, was das Genre zu bieten hat. Zunächst galt es aber, das Spiel der Engländer gegen die Russen im Pub-Bereich zu verfolgen, weshalb ich die RUSTY ROBOTS lediglich als Hintergrundbeschallung vernahm. Was ich hörte, war aber nicht verkehrt, hörbarer Rockabilly mit Surf-Vibe. Nach Abpfiff des für die Briten enttäuschenden 1:1 konnte ich mir dann noch den Großteil des HOLSTEIN-ROCKETS-Sets geben, die klasse Rockabilly mit deutschen Texten zockten. Wenn ich so’ne klassisch-betollten Typen sehe, muss ich ja immer an die kultverdächtigen „Vorstadtgang“-Comics um Lucien & Co. denken. Blickfang war aber die schnieke Drummerin im ‘50s-Look mit Schiffchen auf dem Kopf, die an ihrem minimalistischen Kit im Stehen einen satten Beat kredenzte und dabei stets übers ganze Gesicht strahlte. Stilecht klackerte wie bei allen Bands des Abends der Kontrabass dazu. Das war alles angenehm kurzweilig und ging gut ins Bein, ein paar eingedeutschte Coverversionen werden auch dabei gewesen sein. Gute Band, die mich positiv überrascht hat!

Dann DEMENTED ARE GO im längst sehr gut gefüllten Club. Keine Ahnung, wann ich die zuletzt gesehen hatte. Irgendwie mache ich mir nicht mehr sonderlich viel aus Psychobilly, noch weniger als früher. Meine zwei, drei DAG-Platten hab‘ ich trotzdem im Schrank – und dieser Gig hat’s dann auch locker geschafft, mich wieder anzufixen! Bei Spitzensound ging’s von der ersten Minute an rund, ein amtlicher Pit bildete sich und der überwiegende Teil der Besucher feierte die Band um Sänger Sparky mit seiner charismatischen, kaputten Stimme frenetisch ab. Dieser trug übrigens keinen Flat mehr, sondern punkigen Struwwel-Look und war natürlich genau wie die Bandkollegen komplett auf Zombie geschminkt. Zusammen mit diesem visuellen Element legt die Mucke tatsächlich noch mal an Atmosphäre zu und erfreulicherweise war die Band topfit, Sparkys Stimme ebenfalls zu 100% präsent und ließ man sich auch spielzeittechnisch nicht lumpen: Das mit vielen Höhepunkten seit den 1980ern bestückte Set wurde um mehrere Zugaben ergänzt! Das hatte ich so nicht erwartet, fragte mich stattdessen im Vorfeld, was DEMENTED ARE GO 2016 wohl noch zu bieten hätten. Die Antwort: So ziemlich alles. Manch einer soll sogar behaupten, sie seien heutzutage live so gut wie nie zuvor. Überhaupt, der Sound: Ordentlich Hall, Pfeffer im Arsch, manch geiles Gitarrensolo, bisweilen auch nur kurz angetäuscht, um schnell wieder in den Untiefen der dominanten Rhythmussektion unterzutauchen. Das gefällt mir deutlich besser als der x-te MISFITS-Klon und hat für mich mehr mit vertonter Horror-Ästhetik zu tun als manch fast schon poppige Hochglanz-Combo. Zum Line-Up zählt übrigens offenbar ein Deutscher, wie der Kommunikation mit dem Mischer zu entnehmen war. Nachdem ich mich zunächst eher im Hintergrund aufgehalten hatte, zog’s mich später, nachdem der Wrecking-Pit schon etwas entkräftet war, dann doch nach vorne zum Feiern, was auch nach dem letzten Akkord noch lange nicht beendet wurde: Zu viele alte Bekannte waren vor Ort, hatten teilweise auch noch Geburtstag und so wurde noch das eine oder andere Bierchen gekippt und viel Blödsinn verzapft, bis die Putzbeleuchtung anging und der Getränkeverkauf eingestellt wurde. Ein grandioser Abend!