sacred reich @markthalle, hamburg, 10.06.2012

An diesem schönen Sonntagabend sollte ich einen weiteren Haken neben einen Konzertwunsch setzen können: US-Thrash- und 80s-Gasmasken-Ästhetik-Legende SACRED REICH, die mich bereits seit den 80ern musikalisch begleitet, hatte unlängst wieder zusammengefunden und beehrte die Markthalle mit einem Gig. Wie gewohnt begann die Sause recht früh, was mir auf einem Sonntagabend ganz recht war. DEGRADEAD verpasste ich komplett, zu den mir ebenfalls unbekannt gewesenen Belgiern AFTER ALL war ich jedoch pünktlich zur Stelle. Die postierten das sehr gelungene Ed-Repka-Artwork ihres neuen, bereits achten (!) Albums auf der Bühne und legten los. Glatzen und lange Haare hielten sich in der Band ebenso kontrastreich die Waage wie die Farben der Flying-Vs, von denen man eine schwarze und eine weiße zur Hand hatte. Doch was man mit ihnen anstellte, war nun so gar nicht meine Tasse Bier: „Melodischer Power-Thrash“ oder so mit klarem Gesang, der ständig in Falsetthöhen vordrang. So ein bisschen Richtung AGENT STEEL? Keine Ahnung, denn hinzu kam wie häufiger in der Markthalle ein miserabler Sound mit einem Hall, als befände man sich tatsächlich in einer riesigen Halle, ein einziger Soundbrei. Nach zwei, drei Songs ergriff ich die Flucht und verfolgte im Vorraum das EM-Spiel der tapferen Iren gegen Kroatien, das leider die Kroaten für sich entscheiden sollten. Alles anders dann bei SACRED REICH: Der Saal füllte sich, trotzdem hatte man noch genügend Bewegungsfreiheit. Die sympathischen Amis mit ihren intelligenten, autoritäts- und politkritischen Texten und immer mal wieder feister Hardcore-Kante boten eine exzellente, keine Wünsche offen lassende Songauswahl sogar inkl. ein paar Songs aus den maueren 90ern dar und hatten sichtlich Spaß, wieder auf der Bühne zu stehen. Das Publikum schien ebenfalls sehnsüchtig auf die Band gewartet zu haben, glückliche Gesichter allenthalben. Dass die Band zwar bejubelt wurde, es aber nicht wie früher zu größeren Moshpits, Stagediving etc. kam, man also nicht komplett durchdrehte, quittierte Frontmann Phil Rind mit einem augenzwinkernden Kommentar dahingehend, dass wir eben auch alle etwas älter würden sowie einem süffisanten Lächeln. Hinzu kommt aber auch einfach die sterile Atmosphäre des Kommerztempels Markthalle, die nicht gerade zu so etwas einlädt. Dafür stimmte aber diesmal der Sound, der organisch und druckvoll klang und allen Instrumenten ihren verdienten Raum ließ. Für Gitarrensoli kam der entsprechende Gitarrero stets bis an den vorderen Bühnenrand und nahm für ihre Dauer die Position des Frontmanns ein. Natürlich bedeutet so ein SACRED-REICH-Konzert aber nicht in erster Linie Sologefiedel und Gitarrengewichse, sondern hartes, schnelles Geriffe, treibende Drums und kämpferischen Gesang mit punkiger Attitüde. Etwas das Tempo herausgenommen wurde zwischenzeitlich fürs BLACK-SABBATH-Cover „War Pigs“, mitgesungen aus hunderten Kehlen. Klasse! „Death Squad“, „Who’s to Blame“, „The American Way“ und als Zugabe „Surf Nicaragua“ – meine persönlichen Favoriten waren alle dabei und machten mich an diesem Abend enorm glücklich. Sehr gerne wieder, gern auch in einem Laden mit mehr Szenebezug und einem steiler abgehenden Publikum an einem Freitag oder Samstag. Nach wie vor eine geile, relevante Band.