ABSTURTZ lockten ins Gängeviertel, CHEFDENKER beehrten das Hafenklang, ich aber entschied mich fürs Geballer-Konzert in der Lobusch. Kurz nach 21:00 Uhr war allerdings noch kaum jemand da, sodass noch reichlich Wasser die Elbe (und Bier die Kehle) runterfloss, bis das Berliner Krachquartett HATEHUG irgendwann sein Intro in Form einer Rückkopplung in zwei Tönen erzeugte und anschließend seinen D-Beat/Crust-Punk durchholzte. Das ging relativ unterbrechungsfrei, zu Ansagen oder Kommunikation mit dem mittlerweile in beachtlicher Anzahl erschienenen Publikum ließ sich der Brüllhannes im Sega-Shirt nicht herab. Eben jenes Publikum sah sich dann auch kaum zu Reaktionen genötigt, Gespräche in der Umbaupause ergaben aber, dass die Band durchaus zu gefallen wusste. Tight, konsequent und zudem gut abgemischt war’s allemal und meine Ohren nun frei.

Von ANTIGEN hatte ich bisher lediglich das 2006 erschienene Debütalbum gehört, das mir mit seinem deutschsprachigen Punkrock nicht so gut reinlief. Ehemals in Göttingen stationiert, ist Sängerin/Bassistin Steffi mittlerweile nach Prag übergesiedelt und scheint ihre Band dort einer Neuausrichtung unterzogen zu haben. Die Texte sind nun auf Englisch und der Sound ist verglichen mit dem Debüt – was seitdem veröffentlicht wurde, kenne ich ehrlich gesagt nicht – deutlich härter und kantiger, aggressiver Hardcore-Punk mit angecrusteter Klampfe und Steffis zwischen Rotz, wütendem Geschrei und etwas Melodik mäanderndem Gesang als Alleinstellungsmerkmal. Auch wenn man aufgrund der Verhinderung des zweiten Gitarristen lediglich in Triogröße auftrat, kam das sehr gut und machte Laune, zumal der herausragende Drummer technisch einwandfrei die flotten Beats wirbelte und das Tempo wie eine gut geölte Nähmaschine hielt. U.a. meine lautstarken Forderungen nach einer Zugabe brachten die Band in die Verlegenheit, einen bereits gespielten Song zu wiederholen. „Weißer Mann“, der Hit vom Debüt, zählt heutzutage leider nicht mehr zum Set, hätte wohl auch einen Stilbruch bedeutet. Nichtsdestotrotz: Toller, überzeugender Gig, der Stimmung in die Bude brachte!

Diese erreichte ihren Höhepunkt bei GEWALTBEREIT aus Leipzig, die erst letztes Wochenende im Störtebeker gespielt hatten. Supergarstiger Hardcore-Punk mit klasse auf den Punkt kommenden deutschsprachigen Texten wie damals in den ‘80ern, pfeilschnell und stakkatoartig vom auch mal die Bühne verlassenden Frontmann geshoutet. Im Prinzip klang die Band, als würde man die Klassiker des Genres auf 77 statt 33 rpm abspielen. Gefühlt war schon nach ‘ner Viertelstunde Feierabend, was ungefähr 20 Songs bedeutet hätte und somit sogar hinkommen könnte. ‘ne Zugabe war auch noch drin, außerdem habe ich mir das Stichwort „Kaninchen“ notiert, weiß aber nicht mehr, warum. Ganz nüchtern war ich auch nicht mehr, stattdessen hochgradig euphorisiert. Scheißegal also, GEWALTBEREIT sind die Underground-Band der Stunde für alle, die die Schnauze voll von Post-Gedöns, Ironiepunk und verklausuliertem Emorock haben!

Fazit: Schön, mal wieder Zeit für ein Konzert in der Lobusch gefunden zu haben. Es handelte sich um die letzte Veranstaltung der Disgigz-Konzertgruppe in 2019, die ‘nen klasse Job gemacht und ein sehens- und hörenswertes Line-up auf die Bühne geholt sowie ‘nen schön wuchtigen Sound aus der P.A. gekitzelt hat. So kann’s nächstes Jahr gern weitergehen!