hillewood sommerfest 2013, bielefeldOptimistisch zeigte man sich in Bielefeld, als man das Sommerfest des Höllerhof-Wohnprojekts mit seinem zur Punk-WG umfunktionierten alten Bauernhaus und den Bauwagen auf dem opulenten Gelände auf das erste September-Wochenende datierte. Doch man befand sich eindeutig auf der Siegerseite, denn tatsächlich handelte es sich um das letzte pottenwarme Wochenende des Jahres, das mit spätsommerlichen Temperaturen zu diesem eigentlich zweitägigen Open Air einlud. Am Tag zuvor spielten bereits satte fünf Bands, u.a. PROPAGANDA NETWORK, die ich sehr gerne einmal live gesehen hätte, doch waren wir mit den MOTHERFUCKERS für den zweiten Tag eingeladen und war es uns am Freitag schlicht nicht möglich, bereits zu party-zipieren. Die Hinfahrt erwies sich als ebenso unkompliziert wie unspektakulär, mit der Bahn ging’s in die Hauptstadt der Bielefeld-Verschwörung. Dort angekommen lernte man während einer Bierrast direkt weitere Festivalbesucher kennen und wir waren schließlich sogar in der Lage, uns per Straßenbahn ein gutes Stück zu nähern, bevor es per Bus die letzten Meter zum am Stadtrand gelegenen Gelände zurückzulegen galt. Zwischenzeitlich sprangen dann Bewohner des Höllerhofs auf und geleiteten uns sicher zum Ziel. Dort angekommen war dann erst einmal alles so, wie man es sich als Band wünscht: Sofort wurde uns das Geld für Hin- und Rückfahrt in voller Höhe in die Hand gedrückt, es gab Speis und Trank und sehr ordentliche Pennplätze – besten Dank! Zu meiner Überraschung befand sich bereits einiges an berüchtigtem Hamburger Pöbel vor Ort, so dass es zudem noch ein halbes Heimspiel werden sollte. Wir machten dann schließlich den Anfang, der sich jedoch etwas verzögerte, da offensichtlich bislang unbemerkt am Tag zuvor die Bassdrum so sehr durchgeprügelt wurde, dass es das Fell komplett zerschossen hatte. Das Beschaffen von Ersatz hat leider nicht funktioniert und so galt es, das Fell notdürftig mit Gaffa zu flicken. Auch der Basssound wollte ein wenig improvisieren werden, dessen Umleitung über die Gesangsanlage erwies sich aber als einwandfreie Lösung. Mike, der seinen ersten Gig an der zweiten Gitarre bei uns spielen sollte, fachsimpelte viel mit dem gut aufgelegten Soundmann vor Ort und so bekam man mit vereinten Kräften das Kind geschaukelt. Der Gig selbst ging dann nach bester MOTHERFUCKERS-Manier über die Bühne, kam anscheinend ganz gut an und bis auf einen völlig versemmelten „Montag, der 13.“-Anfang gab’s auch keine gröberen Aussetzer zu vermelden. 5 DOSEN GUTE LAUNE anschließend war ’ne noch sehr junge Schrammelband, die sichtlich Spaß an dem hatte, was sie tat, wozu auch eine sehr eigenwillige, doch originelle Coverversion von „The Lions Sleeps Tonight“, anscheinend umgetextet auf einen örtlichen Neonazi, gehörte. Andererseits lud dieser Gig aber auch dazu ein, sich thematisch passend der Trash-Tomboloa zu widmen und sich dabei einen frisch gemixten Cocktail ins Resthirn zu schrauben. Ich gewann erfreulicherweise ein Lustiges Taschenbuch, während DMF-Bassist Stef eine Art Esoterik-Lektüre mit einer Vielzahl von Lebensweisheiten abstaubte, aus der er den restlichen Abend unablässig zitieren sollte – sehr zum Leidwesen aller anderen. Für DMF-Drummer Chrischan alias Dr. Tentakel wurde die Sause wieder zu einer Doppelbelastung, sitzt er doch auch beim HAMBURGER ABSCHAUM hinter der Schießbude und hatte mit ihm sogar am Tag zuvor schon einen Gig in Hannover. Doch wie üblich merkte man ihm davon überhaupt nichts an, generell präsentierte sich der vereinte ABSCHAUM frisch und frivol und trug Hamburger Lokalkolorit und Asitum in die weite Welt hinaus – mitsamt Kettensäge und Bierbauch-Show. Die Stimmung war auf ihrem Höhepunkt angelangt, mich sah man nur noch fröhlich vor der Bühne rumspringen und Hamburger Weisen skandieren, bis man anschließend am Lagerfeuer den Abend bei mehr oder weniger gehaltvollen Gesprächen ausklingen ließ. Astreine Party, handverlesenes, sympathisches Publikum und 1a-Gastfreundschaft – da kommt man doch gerne mal wieder, dann auch mit zwei, drei Songs mehr im Gepäck! Über die Rückfahrt am nächsten Tag mit Stinkor alias Lord Stinkeschuh schweige ich mich an dieser Stelle besser aus…