Emden, Ostfriesland, die Heimat von Otto Waalkes und Karl Dall! Ich erinnere mich an eine klasse funktionierende Ostfriesland-Hamburg-Connection in den 2000ern: Rock’n’Rolf (heute bei THRASHING PUMPGUNS) lud seine spätere Band SMALL TOWN RIOT auf seine Geburtstagsparty ein, wo sie u.a. zusammen mit den TYPHOON MOTOR DUDES das Jugendzentrum Alte Post rockten. Diverse geniale Konzerte wurden organisiert, BROILERS in Hage, die EIGHT BALLS und LOIKAEMIE ebendort und davor in Emden etc. pp – Bustouren von Hamburg nach Ostfriesland wurden organisiert und umgekehrt waren Ostfriesen gern gesehene Gäste in Hamburg, bis der eine oder andere selbst herzog. Man feierte große Partys, haute ordentlich auf die Kacke und es war gut was los. Dies hatte ich im Hinterkopf, als uns (BOLANOW BRAWL) Ostfriese Karsten von Klabautermann Rec. einlud, nach einer Bandabsage am zweiten Tag des zweiten Rock-gegen-Rassismus-Festivals in der Alten Post zu spielen. Dass diese meine Erinnerungen anscheinend nicht mehr viel mit der heutigen Realität zu tun haben, musste ich leider an eben jenem Abend erfahren, doch der Reihe nach: Das Benefiz-Festival, für das bis auf die „Headliner“ alle Bands ohne Gagen o.ä. auftraten, um gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus angesichts laut Karsten immer mehr an Zulauf gewinnender rechter Strukturen vor Ort zu setzen, stand offenbar unter keinem guten Stern. Obwohl (oder vielleicht auch weil) eigentlich seit vielen Monaten geplant, wurde das Bandaufgebot immer wieder durcheinandergewürfelt, die einen lösten sich auf, die anderen sagten ab usw… Für Ersatz war aber stets schnell gesorgt. Vor dem Hintergrund eines stockenden Kartenvorverkaufs und eventuell Publikum ziehender „Konkurrenzveranstaltungen“ (in anderen Orten wohlgemerkt) fragte Karsten einige Wochen vorm Festival öffentlich, ob er es nicht besser abblasen solle. Der Zuspruch jedoch ermutigte ihn, es durchzuziehen und über 300 Zusagen per Facebook, wo neben örtlicher Presse etc. ordentlich Werbung gemacht wurde, ließen hoffen – dass allerdings in der Nacht der Tresor mit dem Geld aus dem Vorverkauf von Einbrechern gestohlen wurde, war nur ein weiterer Stein im Pannenmosaik. Am Freitag kamen dann trotz Bands wie TAUSEND LÖWEN UNTER FEINDEN und COR lediglich 45 zahlende Gäste, was das erste riesige Loch in die Budgetplanung riss, denn 100 pro Abend hätten es schon sein müssen, damit sich das Festival trägt. Unsere Kollegen von IN VINO VERITAS spielten ebenfalls, außerdem PUNX ’N POETS und EAT THE BITCH. Fünf interessante Bands also, darunter mit TAUSEND LÖWEN… ein gefeierter Newcomer und mit COR alte Hase, deren Konzerte in anderen Ecken Deutschlands an den nächsten beiden Tagen bereits im Vorfeld ausverkauft waren, die in Emden – einer mit Konzertangeboten dieser Art nicht gerade gesegneten Gegend – aber irritierenderweise nicht genügend Publikum zogen. War es ihm keine 12,- EUR wert? Die Aftershowparty mit Ostfrieslands wildestem Plattendreher, DJ Wasted Noise, wurde von ganzen fünf Konzertbesuchern aufgesucht…
Nun oblag es also dem zweiten Abend, das Ruder rumzureißen und das Festival doch noch zu einem Erfolg zu machen. Wir kamen problemlos und flott auf der Autobahn durch, so dass wir überpünktlich gegen 16:00 Uhr eintrafen, gerade rechtzeitig zur Vorführung des Films „Sad But True“, für die kein Eintritt gezahlt werden brauchte. Reichlich verloren wirkten jedoch die Filmmacher, denn tatsächlich interessierte ihr Film keinen einzigen Ostfriesen, es war schlicht niemand gekommen! Also fiel die Vorführung aus. Ok, möglicherweise kannten ihn schon alle… Wir trafen neben Ätzer von VIOLENT INSTINCT Al und Klimper von IN VINO VERITAS mitsamt Fahrer Michi, die kurzerhand nach dem gestrigen Auftritt dageblieben und – natürlich bis auf den Fahrer – schon wieder in Trinklaune waren. Zusammen schauten wir uns Emden an, stellten zu unserem Bedauern fest, dass das Otto-Huus dicht hatte, aßen Fisch (immerhin bestellte ich mit Knoblauchmatjes mit Zwiebeln die ultimative Geruchsoffensive) in labberigen Brötchen für zahnlose Gesellen und wurden Zeuge eines 30-ledig-Fegen-Rituals am Kanal. Die einen gingen Getränke kaufen, Ole, der feine Herr, checkte mit seiner Lady im Hotel ein und wieder andere suchten eine Kneipe, labten sich am „Friesengeist“ und schickten mir Bilder davon, um mich zu erschrecken – denn wer am frühen Abend schon Schnaps trinkt, meist später auf der Bühne abstinkt. Ich erfuhr, dass unsere Unterkunft, das Europahaus, sich nicht etwa in Fußnähe, sondern ganz im Gegenteil im 30 km entfernten Aurich befand – und holte telefonisch Taxipreise ein… Kein Ding, kriegen wir hin, ich war noch immer frohen Mutes, handelt es sich doch bei der Alten Post um ein sehr komfortables Jugend- und Veranstaltungszentrum mit toller, professioneller Bühne inkl. Drum-Raiser, viel Platz, großen Backstage-Bereichen, einem Bistro mitsamt Kicker, Billard, Playstation, Sofaecke etc. Wenn hier auch noch diverse Punk- und HC-Bands aufspielen, müssen doch die Leute kommen!
Dann die nächste Panne: Wie ich erfuhr, hatten die OFFENDERS, immerhin der Headliner des heutigen Abends, kurzfristig abgesagt. Nun wurde improvisiert: Als erster Act des Abends betrat gegen 20:40 Uhr ein gewisser Jan die Bühne, nur mit Akustikklampfe bewaffnet, und coverte vor einem Publikum, das in erster Linie aus Bands und Organisatoren bestand, einige Singer/Songwriter-Stücke, spielte etwas eigenes Material, von dem mir eine Schnulze dann doch zu jammerig war, bekam aber extrem gut wieder die Kurve, als er dazu überging, Songs seiner Mundart-Punkband MUSIKAPPARILLO solo zu spielen, natürlich auf friesischem Platt. Das war so gut, dass er nicht ohne Zugabe davonkam und auch seine Ansagen zwischendurch, in denen er auch mal Bezug auf das Motto der Veranstaltung nahm, waren geprägt von Humor und Scharfsinn. Klasse Nummer, vor soviel Spontaneität ziehe ich meinen Hut!
DIE FLIESENLEGER, die eigentlich den lokalen Opener hätten machen sollen, sorgten im Anschluss dann für Punkrock, und zwar deutschsprachigen der Sorte, hmm, TOTE HOSEN? WIZO? So ganz grob die Schiene, würde ich sagen. Die Jungspunde lieferten ein selbstbewusstes, spielfreudiges Set, bei dem mitunter recht düstere textliche Inhalte im Kontrast zur melodischen Mucke standen und das generell aber musikalisch abwechslungsreich genug war, um für Kurzweil zu sorgen. Die BROILERS-Coverversion „An all den Schmutz“ war dann auch das passende Statement zum Festivalmotto. Mischer Frank sorgte zudem für einen klasse Sound. Ein sympathischer Auftritt und dass die Jungs netterweise den Großteil der Backline stellten, möchte ich ebenfalls nicht unerwähnt lassen.
Aber wo war das Publikum? Obwohl es sogar ein Pärchen aus Frankfurt (!) nach Emden geschafft hatte, das eigentlich wegen der OFFENDERS gekommen war, aber trotzdem das Beste aus dem Abend machte, „glänzte“ es durch Abwesenheit: Gerade einmal 15 (!) zahlende Gäste konnte die Kasse verbuchen und damit war der Drops eigentlich endgültig gelutscht. Wir begegneten dem mit Galgenhumor und ließen uns die gute Laune nicht vermiesen, zumal jetzt Hamburg’s Finest, nämlich die Oi!-Punks von VIOLENT INSTINCT, die Bühne betraten. Diese basteln nach ihrem vollends überzeugenden Demo gerade an einem Album und auch die neuen Songs, die es bereits live zu hören gibt, können alles! Seit man sich um eine zweite Gitarre verstärkt hat, kommt der Sound auch schön satt, Neu-Tieftöner Ätzer (COTZRAIZ, ex-LOST BOYZ ARMY) rollt souverän den Bassteppich aus, das Trommeltier liefert wie immer ’ne Mörder-Show und Sängerin Aga ag(a)iert ohnehin in einer eigenen Liga. Dass Leadgitarrist Dennis bisweilen arg konzentriert auf seine Griffe achtete, erklärte sich später, als er mir eröffnete, nach zwei Saitenrissen nur noch auf vier Saiten gespielt zu haben – Respekt dafür, dass das wiederum gar nicht auffiel! Neben dem wie immer großartig vorgetragenen ANGELIC-UPSTARTS-Cover „Solidarity“ fand ein von Dennis gesungener Song ins Set, vermutlich ein Relikt aus dem VERBAL-INCONTINENT-Projekt, das die Musiker bestritten, als Aga sich eine Zeitlang außerhalb Hamburgs aufhielt. Klasse Gig und ich habe nichts anderes erwartet!
Nun wahren eigentlich wir an der Reihe, doch BACKSTABBER kamen, baten um Vortritt („Wir spielen eh nur 25 Minuten!“), zockten ihren modernen Beatdown-Hardcore (oder so) herunter und hauten wieder ab. So souverän, musikalisch wie gesanglich fit und ordentlich ins Gebälk krachend der Auftritt der Band, die auf Karstens Label eine Platte veröffentlicht hat, auch war, so sehr missfällt mir die Attitüde, dieses ostentative Desinteresse an der ganzen Veranstaltung. Aber, gut, möglicherweise hatten die Jungs noch wichtige Termine…
- Bolanow Brawl
Nun also endlich wir, die wir eigentlich als Dritte hätten spielen sollen, letztlich aber ganz nach hinten durchgereicht wurden. Mittlerweile hatte sich bei uns eine Scheißegal-Stimmung breitgemacht, Teile der Band hatten längst beachtliche Schlagseite, aber die Instrumente hielt jeder richtigherum. Bei der Justierung des Bühnensounds machte Stulle einmal mehr auf Stand-Up-Comedy und erzählte Ostfriesenwitze. Los ging’s wie immer mit „Total Escalation“ und obwohl wir keinen Soundcheck gemacht hatten, war der Bühnensound astrein, ich ließ mir lediglich Oles Gitarre etwas auf dem Monitor aufdrehen. So machte der Gig reichlich Spaß und wir genossen den Luxus der großen Bühne, zumal das spärliche Publikum nicht nur Interesse, sondern auch Bewegung zeigte. Ok, bolanowbedingt fielen die, nun ja, „Ansagen“ etwas länger aus, es wurde reichlich durcheinandergesabbelt und bis jeder die Steckverbindungen seiner Gitarre immer wieder auf Neue überprüft hatte, verging manch Sekunde. Dass auch mal ein Refrain nur mit einer Gitarre bestritten wurde, weil der anderen die Melodie entfallen war, fiel wiederum gar nicht auf; uns aber fiel durchaus auf, dass das Publikum später weniger wurde. Des Rätsels Lösung: Wer zwischenzeitlich den Saal Richtung Klo oder Tresen verließ, wurde rausgeschmissen und nicht wieder hineingelassen, weil es bereits nach 1:00 Uhr war und man dringend schließen wollte! Ausgehandelt hatten wir 45 bis 50 Minuten und ein Blick auf die Uhr bewies, dass wir keine Minute länger gespielt hatten. Das ist ja noch perfider als Stromabdrehen. Als Lehre aus diesem Gig nahm ich aber in erster Linie die freudige Erkenntnis mit, dass die Brawler mittlerweile auch stark angeschlagen einen über weite Strecken fehlerfreien Gig hinzulegen in der Lage sind und auch als fünfter Act nicht auf allen Vieren auf die Bühne kriechen – was zu beweisen war!
- Christian
- Stulle, ich (Günni)
Bolanow und Friesengeist forderten jedoch beim Abbau ihren Tribut, denn als ich dem durch seine Körpergröße dafür prädestinierten Christian zum Bannerabhängen mein Multi-Tool mit ausgeklapptem Messer reichte, probierte er’s mit der Zange und rammte sich dabei das Messer tief in die Hand. Blut spritzte, Verbandsmaterial wurde gereicht und seine Pfote behelfsmäßig verbunden. Daraufhin reichte mir Klimper von IVV sein extrascharfes Messer, mit dem ich an den Kabelbindern herumstocherte, was ebenfalls nicht gänzlich verletzungsfrei vonstatten ging. Die Ironie der Geschichte ist, dass ich alter Öko-Sparfuchs extra wiederverwendbare Kabelbinder besorgt hatte, deren Entriegelungsmechanismus sich aber niemanden von uns mehr erschloss…
Als das ganze Zeug wieder in den Karren verstaut war, brauste Ole samt Lady ins luxuriöse Hotel, während wir Verbliebenen zur Aftershow-Party in die Kneipe „No. 5“ aufbrachen. Natürlich wusste niemand von uns, wo es langging, Karsten, der selbst wieder zu Hause war, morste mir noch die Adresse durch und glücklicherweise trafen wir ein Mitglied der BARROOM HEROES, das uns auf dem arschlangen Weg begleitete. Dieser verlief auch nicht frei von Zwischenfällen, denn wie es immer so ist, wenn man mit einer Gruppe Alkoholisierter unterwegs ist, bilden sich Minigrüppchen von zwei bis drei Personen, die durch etliche Meter voneinander getrennt durch die Wallachei stapfen. So bekam ich auch gar nicht mit, dass der mittlerweile kräftig angesoffene Stulle anscheinend ein paar Russen gegenüber einen Spruch riss, der sofort falsch aufgefasst und mit Aggression bestraft wurde: Einer drückte ihn gegen die Mauer, ein anderer hatte bereits sein Messer gezückt und Christian warf sich mit Verband um die eine und dem Koffer seiner Freundin in der anderen Hand todesverachtend dazwischen, um Schlimmeres zu verhindern. Nachdem das gerade noch mal gut gegangen war, kamen wir zu später Stunde endlich im No. 5 an, bestellten ’ne Runde Pils (es gab anscheinend ausschließlich Veltins – warum auch immer in einer Emdener Spelunke) und begrüßten DJ Wasted Noise, indem wir unmittelbar begannen, seine Songs lautstark durch den Raum mitzugrölen. Wir erzwangen uns quasi unsere Party, indem wir ordentlich aufkackten, die prolligsten Songs sangen, tanzten bzw. auf und ab sprangen und sich der eine oder andere seiner Oberbekleidung entledigte. Von den Festivalbesuchern war erneut so gut wie niemand hier, von Punk- und HC-Szene keine Spur, stattdessen hing offenbar der örtliche Alkiclub am Tresen und manch einer blickte grimmig drein oder übte sich in Provokationen, die jedoch ungehört verhallten. Die mitgereiste Katharina versuchte, den Überblick zu bewahren, vertrieb in uns Gästen von außerhalb zahlungskräftige Kunden wähnende Prostituierte, machte ihnen und ihrem Zuhälter klar, dass niemand von uns ihr Handy gefunden oder gar gestohlen hatte und warnte vor diesem oder jenem unentspannten Kandidaten.
Irgendwann war’s dann aber auch genug und wir beschlossen, uns gen Europahaus aufzumachen. Eigentlich hatten wir auch VIOLENT INSTINCT im No. 5 erwartet, die Schlüssel und Plan der Unterkunft hatten, zudem wollte einer von ihnen in unserem Taxi mitfahren. Die hatten sich aber längst geschlossen auf den Weg gemacht und waren erst gar nicht mehr zur Party erschienen. Egal, schließlich sollte es dort auch einen Nachtwächter geben, der uns schon den Weg weisen würde. Erst mal musste aber ein Großraumtaxi her, was gar nicht so einfach war, da es, wie wir erfuhren, lediglich ein EINZIGES bei City-Car Emden gibt. Als das nach einer Stunde oder so endlich eintraf, gelang es mir irgendwie, ihn trotz anderer Pläne eines bestimmten Mitfahrers an gleich zwei Filialen einer US-amerikanischen Imbisskette vorbeizulotsen und uns am Europahaus auszuspucken. Dort war von einem Nachtwächter keine Spur und alle Türen waren verschlossen. Alle? Nein, glücklicherweise fanden wir einen offenen Eingang irgendwo versteckt auf dem Gelände. Wir wussten nicht, wohin, haben dann alle Zimmertüren im Gebäude ausprobiert, anscheinend VIOLENT INSTINCTs belegte Räume entdeckt und noch genau EIN leeres offenes Zimmer, in das wir uns dann zusammen gezwängt haben. Außer Katharina, die in ’nem offenen Seminarraum pennen wollte, aber nicht konnte, weil kurz darauf ein Seminar dort stattfand… Daraufhin fand sie unser Zimmer nicht mehr wieder und mein Telefon hab‘ ich im Koma nicht mehr gehört, so dass sie sich irgendwie die Nacht bzw. den Morgen um die Ohren schlug. Welch ein Chaos!
Nach wenigen Stunden bog Ole mit der Frische eines Hotelpenners um die Ecke und sammelte uns ein, so dass wir die Rückfahrt antreten und resümierten. Klar, wir hatten im Juz eine gute Zeit. Wir bekamen genug zu trinken, lecker Essen, geile Mucke und lernten nette Menschen kennen. Aus Veranstaltersicht aber war das Festival ein Vollflop. Was war da los? Bzw. was war da nicht los? In einer Gegend, von der die eigene Szene behauptet, dass nicht sonderlich viel los wäre und lautstark Veranstaltungen einfordert, wird ein ROCK-GEGEN-RASSISMUS-Festival vor allem am zweiten Tag mit demonstrativer Ignoranz gestraft, der Veranstalter auf seinen Kosten sitzengelassen. Worin liegen die Gründe? Dass auch bei günstigeren Preisen der Vorverkauf für kleinere Punk- und HC-Konzerte kaum genutzt wird, ist mir klar. Hätte man mit den größeren Bands geringere Gagen aushandeln müssen, um den Abendkassenpreis – 15,- EUR pro Abend – geringer gestalten zu können? Angesichts der Gagen in Zusammenhang mit dem geringen Publikumszuspruch mutete es fast wie ein Glücksfall an, dass die OFFENDERS kurzfristig abgesagt haben, denn so mussten diese nicht auch noch entlohnt werden. Ohne Headliner war der knapp verringerte Eintrittspreis am zweiten Abend zwar nicht gerade günstig, allerdings kam auch gar nicht erst jemand, der sich darüber hätte beschweren können, genauso wenig wie jemand, der angesichts der meines Wissens gar nicht mehr kommunizierten OFFENDERS-Absage auf dem Absatz hätte Kehrt machen können. Gab es zuviel Verunsicherung aufgrund des sich öfter geändert habenden Billings? Wollte der Großteil der Facebook-Zusager zu einer der Bands, wie bereits vor Wochen oder Monaten ersetzt worden war? Sind die Headliner unbeliebt in der Gegend? Oder bekommt man in Ostfriesland allgemein kaum noch den Arsch hoch? Ist die Gegend zu dünn besiedelt und/oder zu strukturschwach für ein solches dann überdimensioniertes Event? Nach dem Festival sah man sich mit fast schon wieder komischen Kommentaren in sozialen Netzwerken konfrontiert, von denen man nur hoffen kann, dass sie nicht repräsentativ für den Zustand der lokalen Szene sind: Da fühlte sich der eine zu alt für ein Jugendzentrum und hatte Sorge, nur von Kids umgeben zu sein – als wäre es ein totales Kuriosum, dass ein Punk-/HC-Konzert in einem Juz stattfindet. Ein anderer wiederum behauptet, am Samstag wäre das Juz geschlossen gewesen und beschwert sich, im Vorverkauf 18,- EUR für beide Tage, also 1,80 EUR pro Band gelöhnt zu haben… Ostfriesenwitze, gewissermaßen. Dass es auch anders geht, bewiesen diejenigen, die den Weg in die Alte Post gefunden hatten. Danke an jeden einzelnen, von denen ich besonders noch einmal die Frankfurter hervorheben möchte. Karsten wünsche ich alles Gute und hoffe, dass er sich nicht dauerhaft demotivieren lässt, aber vielleicht die eine oder andere Erkenntnis daraus zieht. Dass er ohnehin aus der Gegend wegzieht, wird ihm niemand verübeln können. Woanders wird sein Engagement mit Sicherheit auf fruchtbareren Boden fallen.
Ganz sicher ist das Desinteresse kein Indiz für einen etwaigen Rassismus der Emdener Bevölkerung, jedoch hat die Friesenstadt den Eindruck eines sterbenden Dorfs mit einer ebensolchen Szene vermittelt. Schade, denn ich hatte sie anders in Erinnerung.
P.S.: Danke an Karsten und Katharina fürs Bildermachen!
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