Nachdem ich tagelang den Ohrwurm „Shout out loud – Evil Conduct Punk & Proud“ im Kopf mit mir herumschleppte, hielt ich das für ein Zeichen und entschied mich, an einem Abend diverser Hamburger Konzertmöglichkeit nach längerer Zeit mal wieder das Indra auf St. Pauli aufzusuchen, um einem Oldschool-Oi!-Konzert beizuwohnen. Leider mussten EVIL CONDUCT verletzungsbedingt spontan absagen und konnten ihr neues Album somit nicht live präsentieren. Der Eintritt würde fairerweise um 5 Öcken auf 13 Taler gesenkt und zusammen mit Jungs von IN VINO VERITAS und CURB STOMP entschied ich mich, den Abend trotzdem zu unterstützen. Und damit waren wir nicht die einzigen; der Club war zwar nicht ausverkauft, aber doch ansehnlich gefüllt. Den Anfang machten die DÖRMPS aus Dortmund, der Drummer des Trios ist gleichzeitig der Sänger und gibt deutsche Texte zwischen Freizeitgestaltung und Gesellschafskritik von sich. Die Band hat ‘ne sympathische Ausstrahlung und scheint nicht unbedingt von der dummen Sorte zu sein, für meinen persönlichen Geschmack fehlen aber ein bisschen Dreck und hier und da ein einprägsamer Singalong – so zumindest mein erster Eindruck, denn vorher hatte ich höchsten mal ‘nen Sampler-Track gehört. Mal gucken, was da noch so kommt oder wie ich’s das nächste Mal auffasse. Von GRADE 2 hatte ich zuvor schon gehört, Englands jüngste Oi!-Band, sagt man. Und tatsächlich standen da drei Jungspunde auf der Bühne, die es aber bereits faustdick hinter den Löffeln hatten und schnörkellosen, klassischen Oi!-Sound mit heiserem Gesang, kräftigen Refrains und Oldschool-Schrammel-Gitarre mit schnieken eingestreuten Melodien zu bieten hatten. Da konnte einem schon das Herz aufgehen. Gecovert wurde auch, nämlich „One Law For Them“ von den 4-SKINS, wat von RUNNIN‘ RIOT und möglicherweise noch etwas, weiß ich gar nicht mehr genau – egal. Vor der Bühne tummelten sich ein paar wenige, dafür umso tanzwütigere Gestalten, da ging’s rau zur Sache und so richtig leiden konnte man sich auch nicht unbedingt immer… aber dazu später mehr. LAST SEEN LAUGHIN‘ sagte mir erst mal gar nix – da kann man mal sehen, mit welcher Aufmerksamkeit ich die Oi!-Szene die letzten Jahre verfolgt hatte. Schon wieder ein Trio, diesmal ein dänisches, zusammengesetzt aus Leuten von THE OUTFIT, THE HOOLIES und ZERO POINT. Ok, zwei von dreien kenne ich dann doch. Was LSL da ablieferten, war rauer, fieser Oi!-Punk der aggressiveren Sorte, der weniger um Filigranes bemüht ist, sondern eher das Äquivalent zu einem hässlichen Straßenköter, der dich ankläfft, darstellt. Die englischen Songs waren dennoch alles andere als bemüht aggro, sondern klangen wunderbar natürlich und ungekünstelt, hatten ihre Chöre in den Refrains, die für Eingängigkeit sorgten und – wie übrigens alle Bands des Abends – einen druckvollen, satten Sound, in diesem Falle verstärkt durch etwas ‘80er-Hall. Ein Song wurde dann auch noch auf Dänisch vorgetragen und am Ende „Evil“ von den 4-SKINS gecovert. Da hielt es dann auch mich nicht mehr und obwohl ich angesichts des mit Scherben übersäten Bodens eigentlich keine rechte Lust hatte, ließ ich mich mitreißen und schwang doch noch einmal kurz das Tanzbein. Die Scherben kamen zustande, weil der eine oder andere gut Angeschossene nicht nur ausgelassen vor der Bühne feierte, sondern auch mal ein Glas zerklirrte und sonstwie provozieren zu müssen meinte, was bei mind. einem Gast zu gleich drei Rauswürfen führte. Und obwohl das Indra keine Drehtür hat, tauchte er immer wieder auf. Immerhin trug er stark zum Unterhaltungsfaktor bei und wirkte auch nie gefährlich. Eigenartiger fand ich da das Pärchen, das bei LSL wie aus dem Nichts nach vorn geschossen kam, einmal wüst durch die nichttanzende Menge pogte und anscheinend genauso schnell wieder des Feldes verwiesen wurde. Das ging natürlich auch nicht ohne weiteren Glasbruch vonstatten… Sämtliche Gemüter des ansonsten vollkommen friedlichen und angenehmen Abends beruhigten sich spätestens, als DJ EMPEROR nach dem Gig mit Reggae- und Ska-Klängen den Soundtrack zum gemütlichen Absacker im Biergarten oder am Tresen lieferte. Insgesamt ein gelungener Abend, trotz des bedauerlichen Ausfalls des Headliners.
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