inbreeding clan + robinson krause + labskaus + tcb + bolanow brawl @honigfabrik, hamburg, 04.05.2013Eigentlich sollte das Konzert in einer zu einer Art Wohnprojekt gehörenden Lagerhalle irgendwo auf der Hamburger Elbinsel stattfinden, so richtig schön underground. Das fiel jedoch in letzter Sekunde ins Wasser, das Wohnprojekt wird aufgelöst und die Halle stand Veranstalter Tom nicht mehr zur Verfügung. Schöne Scheiße, so’ne Nachricht wenige Tage vorm Konzert. Doch genialerweise war das Wilhelmsburger Kulturzentrum Honigfabrik ausgerechnet an jenem Samstag frei, und noch genialererweise erklärte man sich dort spontan bereit, unser schmutziges Konzert in die heiligen Hallen des edlen Jazzclub-Ambientes zu verlegen. Doch damit nicht genug, man verzichtete gar auf die Mieteinnahmen, so dass der lächerliche Eintrittspreis von 2 Talern (in Worten: ZWEI!) für fünf Bands gehalten werden konnte. Außerdem wurden kurzerhand die Getränkepreise nach unten korrigiert und das Rauchen im Saal gestattet. Was für ein wahnsinniges Entgegenkommen!? Die ursprünglich eingeplante Band mit dem bescheidenen Namen GOTT war leider trotzdem verhindert, dafür sprangen aber ROBINSON KRAUSE ein. So stand einer geilen Punkrock-Party nichts mehr im Wege. Ich war lange nicht mehr in der Honigfabrik, mein letzter Besuch als Gast war Jahre her. Der 04.05. entpuppte sich als sommerlicher Frühlingstag, der zum Aufenthalt im Freien einlud. So tummelten sich bereits am Nachmittag, als wir als erste Band zum Aufbau eintrafen, zahlreiche Einwohner der Migranten-Hochburg sowie spätere Konzertbesucher und Bandmitglieder beim Grillen und Saufen im direkt an der Honigfabrik gelegenen, pittoresken Park. Meine Bandkollegen hatten am frühen Nachmittag noch einmal geprobt und sind anschließend punkertypisch per Taxi mit dem Equipment zum Veranstaltungsort, ich stieß dort dazu. Zunächst galt es, bis zum Konzertbeginn noch einige Stunden totzuschlagen, in denen es ehrlich gesagt nicht sonderlich viel zu tun gab. Also suchte man ’ne Dönerbude auf, unterhielt sich mit den netten Verantwortlichen von der Honigfabrik, begrüßte die nach und nach eintrudelnden Bands und hatte je nach Bandmitglied mal öfter, mal seltener ’ne Vase Pils am Hals. Mit Eintreffen der zweiten Gitarrenbox machten wir dann endlich den Soundcheck auf der für unsere Verhältnisse verdammt geräumigen, professionellen Bühne mit Lichtanlage und Monitorboxen für jeden einzelnen von uns – welch ein Luxus! Ich glaube, schon 22:00 Uhr war es, als wir mit BOLANOW BRAWL – unser zweites Konzert überhaupt – den musikalischen Teil des Abends eröffneten. Der Saal war für solch ein Konzert in Wilhelmsburg doch recht ordentlich gefüllt. Natürlich war dies kein Heimspiel wie unser erster Auftritt im Skorbut, wo wir die einzige Band waren und man gespannt war auf unser Live-Debüt, ja sogar einige Proberaumaufnahmen kannte und manches Mal lauthals mitsang, doch der Großteil der Zuschauer zeigte sich interessiert an unserem englischen Streetpunk, einige kamen auch nach vorne und tanzten, so soll’s sein. Mit Ertönen unseres ersten Songs „Crossed Your Plans“ legte sich bei mir ein Schalter um. Ich hatte zwar nur verdammt wenig getrunken vorher, dafür schoss sofort das Adrenalin durch meinen Körper und ich fühlte mich sauwohl auf der Bühne. Kaum noch Gedanken an möglicherweise vergessene Lyrics ohne griffbereites Textblatt und auch das Lampenfieber war quasi wie weggeblasen. Wir spielten alle elf Songs, quatschten bei den natürlich überhaupt nicht abgesprochenen Ansagen alle fröhlich durcheinander, Ole wurd’s zu eng, so dass er mit seiner Streitaxt ins Publikum sprang und ca. nach der Hälfte des Sets musste ich meinem ausgelebten Bewegungsdrang Tribut zollen und doch sehr mit der Kondition haushalten, um für anstrengende Songs wie „Brainmelt“ noch genügend Puste zu haben. Wir hatten auf jeden Fall unseren Spaß auf der Bühne und genossen es, endlich mal wieder live zu spielen, müssen aber auch zugeben, im Proberaum in der Regel etwas „tighter“ zu sein, der eine oder andere Verspieler war sicherlich der langen Wartezeit geschuldet, die mit dem einen oder anderen Langeweile-Bierchen zuviel bekämpft wurde. Ich verließ ziemlich verausgabt die Bühne, genoss die Pause und freute mich auf das weitere Programm, das nun ganz entspannt konsumiert werden konnte: Die mir von ihrem Auftritt auf der letztjährigen Buxtehuder Tobsucht-Party bekannte Zweimann-Band TCB war an der Reihe, um nur mit Drums, Gitarre und Shouts ca. 30 kurze Songs zum Themenkomplex Raumfahrt und Science Fiction darzubieten, erneut geschmackvoll in Bundeswehr-Jogginganzüge gehüllt. Das war für den einen oder anderen Lacher gut und erschien mir diesmal wesentlich kurzweiliger als letztes Jahr. LABSKAUS hatte ich bereits ewig nicht mehr gesehen und meinen Spaß am räudigen deutschsprachigen Punk mit seinem Brachialgesang, und bei ROBINSON KRAUSE war dann endlich auch deutlich mehr vor der Bühne los. Mit ihrem sehr eigenständigen deutschen Punkrock haben die Krauses mich positiv überrascht, den Namen sollte man auf jeden Fall im Auge behalten, das schau ich mir auch gern noch mal konzentrierter und „bei vollem Bewusstsein“ an. Melodischer Punk mit manch knackigem Refrain trifft auf außergewöhnliche Texte – feine Sache. Zwischenzeitlich jedoch machte sich bei einigen Gästen der starke Alkoholkonsum bemerkbar und uns selbst will ich da auch gar nicht ausnehmen. Nicht jeder war noch Herr seiner Sinne und Alkoholleichen sowie kleinere Konflikte waren die Begleiterscheinungen des Exzesses. Beim INBREEDING CLAN konnte man dann aber noch mal so richtig die Sau rauslassen, Scum-Punk vom Feinsten kredenzten die Herren da hochgradig authentisch inkl. eines GG-Allin-Covers und wurden (nicht nur) von mir gebührend abgefeiert. Ebenfalls eine absolut positive Überraschung; eine weitere Band, die ich noch wesentlich öfter sehen will! Derweil kümmerten sich Tom und Co. weiter aufopferungsvoll um die Belange ihrer Schützlinge, holten Biernachschub vom Kiosk, nachdem der Backstage leergesoffen war und trugen weiter zum Gelingen der Party bei. Und am Ende war es wieder meine Lady, die mich sicher nach Hause brachte, was mir in meinem mittlerweile „etwas“ desolaten Zustand so sicherlich nicht mehr gelungen wäre. Ein denkwürdiges Konzert mit interessanten Bands unterschiedlichster Punk-Spielarten lag hinter uns, neue Kontakte wurden geknüpft, alte gepflegt und auch im zwischenmenschlichen Bereich führte der Frühling hier und da Männlein und Weiblein zusammen. Ein riesengroßes Dankeschön an Tom und die Honigfabrik und es freut mich, zu hören, dass man auch ohne finanzielle Einbußen aus der Geschichte herauskam! Das war ein spitzenmäßiges kollegiales Miteinander ganz nach meinem Gusto!