Die Hamburger Oi!-Punk-Hoffnung IN VINO VERITAS holte zum Ausgleich für ihre Ruhrpott-Gigs die Dortmunder Kollegen von CURB STOMP nach Hamburg und lud uns freundlicherweise ein, mit beiden die Bühne zu teilen. Über kurz oder lang wuchs das ganze auf satte fünf Bands an, so dass wir in die mittlere Position rutschten. Das Café Flop war uns noch in guter Erinnerung von einem pannenreichen, aber trotzdem geilen Gig, ebenfalls zusammen mit IN VINO VERITAS. Diesmal aber lief alles fast schon beängstigend glatt, außer das die Nachwuchs-Punks (und der Kurzhaarige am Mikro) von der BIERSCHISS BRIGADE vor einem ihrer ersten Gigs etwas mit dem Soundcheck zu kämpfen hatten – was wiederum die positive Folge hatte, dass wir anschließend den immer wieder angespielten Hit bereits gut mitsingen konnten. Dass im Flop diesmal auch etwas zu essen kredenzt wurde, war mir im Vorfeld gar nicht bewusst, weshalb ich mir sinnloserweise auf dem Hinweg noch einen Veggie-Burger und ’ne Portion Pommes zum ersten Bier genehmigte. Egal, was ich damit andeuten will, ist, dass die Sause diesmal echt gut durchorganisiert war und somit die BRIGADE dann auch glaub ich pünktlich loslegte. Mit dabei waren einige ebenfalls blutjunge Unterstützer, die ihre Band gut abfeierten, und ich meine auch die eine oder andere erwachsene Aufsichtsperson gesichtet zu haben… Die Band jedenfalls hatte eine Handvoll Songs gegen Nazis, Bullen etc., und als besonderer Hit entpuppte sich ein Songs gegen Bahn-Hilfssheriffs. Der Glatzkopp am Mikro wurde gesanglich immer wieder von der Rotzröhre des einen Gitarristen unterstützt, ich glaub, Gitarrero Nummer 2 war’s, der anscheinend unter dem Bühnensound litt und eher irritiert dreinblickte. War ’ne kurzweilige Angelegenheit, die Spaß gemacht hat und mit Kidpunk-Charme überzeugte. Die OI!SLUTS aus Hamburg spielen schon so manches Jahr zusammen, was man ihnen aber nicht unbedingt anhört. Die Band um Sänger Terror, der an diesem Abend auch in seinen Geburtstag reinfeierte, ist die ganz grobe, ungehobelte Oi!-Kelle, die mit rudimentärster Instrumentierung auskommt und auf die Inbrunst, mit der Terror die Texte über den Way of Life hinausbrüllt, ausgerichtet ist. Gecovert hat man „Pöbel & Gesocks“ von den BECK’S PISTOLS und ich hab’s zunächst gar nicht erkannt. Zwischenzeitlich stieg ein Kumpel der Jungs auf die Bühne und übernahm bei einem Song den Gesang, der in seiner Inbrunst Terror in nichts nachstand und superaggressiv ins Mikro brüllte, dabei aber etwas verkrampft wirkte. Die in rote Einheitsshirts mit Aufdruck „Ich würd mich ficken“ gekleideten OI!SLUTS meinen das offensichtlich alles ernst und sind ohnehin stark in der Hamburger Skinhead-Szene verwurzelt, weshalb die Authentizität in jedem Falle vorhanden ist – und das macht sie auf ihre Weise total krass. Böser Scheißdrauf-Oi!, bei dem die Expression weit vor Feinsinn und Schöngeist kommt – und damit näher am ursprünglichen Spirit sein dürfte, als manch lascher Streetpunk-Sound der vergangenen Jahre. Davon unabhängig hat es mich sehr gefreut, mit Terror, mit dem ich früher so manches Bierchen geköpft hatte, nach so langer Zeit mal ein Konzert gemeinsam zu bestreiten. Im Anschluss schlug unsere Stunde und BOLANOW BRAWL bestieg die Bühne. Ok, wir hatten unser Banner vergessen, aber ansonsten war alles knorke: Die Technik spielte mit, der Zeitplan stimmte noch immer, kein Bandmitglied war zu voll und das Publikum war nicht nur recht zahlreich vorhanden, sondern auch bereits gut drauf. Unser melodischer Streetpunk stand in gewisser Weise im Kontrast zu den vorausgegangenen Bands, wurde dankend angenommen und vom ersten Song, unserem unbescheidenen OXYMORON-Cover „We Rule Ok“, an war was los. Hat so richtig Spaß und Lust auf mehr gemacht und als wir durch waren, begann der für uns angenehmste Teil, denn es standen noch zwei hochkarätige Bands auf dem Billing. IN VINO VERITAS, die gerade ihre Aufnahmen zur bei Klabautermann Records erscheinenden EP abgeschlossen hatten, bewiesen, welch eingespieltes Team sie mittlerweile sind und lieferten einmal mehr einen in allen Belangen überzeugenden Gig ab, der gereiften, aber noch immer ausreichend ungeschliffenen und aggressiven Oi!-Punk mit manch Augenzwinkern und beachtenswerten deutschen Texten bot. Es freut mich aufrichtig für die Jungs, dass sie ihre Pechsträhne mittlerweile längst hinter sich gelassen haben und endlich mal alles so rund läuft. Chapeau, wie die Italiener sagen! 😉 Mit CURB STOMP aus Dortmund, die ebenfalls ’ne EP (in Eigenproduktion) draußen haben, hatten wir einen Headliner, dessen Mitglieder sich selbst dann noch als echt nette, umgängliche Jungs entpuppten, als man sie mit Schalke-Sprüchen nervte. Die vier Ruhrpott-Skins legten ein abendfüllendes Oi!-Punk-Brett aufs Parkett, das sich manch szenetypischen Themen widmet, ohne jemals stumpf zu wirken – weder musikalisch noch textlich. Besonders schön: Ein Song übers Ausnüchtern auf der Arbeit, der vom mittlerweile volltrunkenen BOLANOW-Ole durch mehr Gerangel als Getanze gebührend abgefeiert wurde. Das Publikum war auch diesmal auf Seite der Band und sorgte weiterhin für ’ne ordentliche Party. Nach Konzertende ging’s noch kurz mit ’nem Kasten Bier bewaffnet gemeinsam auf den Kiez, bevor mich rechtzeitig das Bett rief. Ärger gab’s meines Wissens überhaupt keinen auf dem Konzert, das unter dem Motto „United we stand – divided we fall“ ein abwechslungsreiches Line-up für vier lächerliche Euro bot und genau so ablief, wie ich es mir gewünscht hatte. Danke an IN VINO VERITAS und das Café Flop sowie ans Publikum und ich hätte große Lust, mit der einen oder anderen Band mal wieder die Bühne zu teilen.
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