Ennepetal, die Zweite: Nachdem wir anno dazumal unseren zweiten Gig überhaupt in jenem Ruhrpott-Nest gespielt hatten, lud man uns erneut im Rahmen der Geburtstagsfeier Pepes und Wolles in die Krombacher-Räumlichkeiten ein, um zusammen mit ein paar lokalen Combos auf die Kacke zu hauen. Das Aufgebot wurde im Vorfeld jedoch noch mal kräftig durchgewirbelt, denn die eine oder andere Band musste aus diversen Gründen absagen und der EDELPENNER war schlicht nicht auffindbar. Letztendlich fanden sich aber dennoch fünf Combos. Die für Besucher kostenlose Sause fand diesmal im anderen, m.E. besser geeigneten Saal statt und nach überraschend schneller und reibungsloser Anfahrt durch unseren Fahrer T. fiel zunächst einmal auf, dass da ein wesentlich kälterer Wind als in Hamburg wehte – gibt’s das?!
Im Inneren jedoch war das Bier schon lange kaltgestellt, die Bühne hergerichtet und wurden Filmklassiker von „Eraserhead“ über „Meet the Feebles“ bis hin zur ganz alten Stummfilm-Schule an die Wand geworfen, während Punkrock aus den Boxen dröhnte. Gab schon schlechtere Voraussetzungen! Erstmals konnten wir auch ‘nen Merch-Stand mit unserer neuen CD aufbauen, die auf den originellen Namen „Hatepunk“ hört. Von den Bands waren wir mit der weitesten Anreise natürlich die ersten, doch nach und nach trudelten Musiker und Gäste ein und mit ihnen auch das Buffet, über dessen köstliche Salate, frisches Backwerk etc. ich mich kräftig hermachte. Kompliment an die Küche und „Buh!“ an den FC Schalke und Borussia Dortmund, die sich den Pott-Derby-Klassiker schlechthin lieferten, den wir mangels Live-Streaming am Handy-Ticker verfolgten, der aber langweiligerweise 0:0 ausging.
Der minutiös ausgetüftelte Zeitplan der Veranstalter war bereits durchkreuzt, als VINTAGE PUSSY mit dem allgemeinen und ihrem persönlichen Soundcheck durch waren und ihrem hippiesken Instrumental-Gefiedel freien Lauf ließen, grob Richtung Psychedelic/Stoner Rock oder so, also so überhaupt nicht meine Baustelle und ohne jeglichen Gesang dann auch wirklich reichlich langatmig. Sorry, Jungs – so technisch versiert das auch alles gespielt war, aber ich glaub‘, da müssen affinere Zuhörer als ich ran. 😉
Wir hatten eigentlich vor, das als ausgedehntes Intro zu unserem Gig zu betrachten, jedoch machte die Schießbude dem einen Strich durch die Rechnung: Dr. Tentakel hatte beim Umbau schwer mit dem Ding zu kämpfen, einzelne Teile mussten ausgetauscht werden und die Uhr tickte erbarmungslos weiter. Entsprechend hassig war der Doc gelaunt, als wir endlich begonnen, was er in besonders flottes und aggressives Dreschen seiner Sprengköpfe kanalisierte. Während des Gigs sahen wir uns einer bunt zusammengewürfelten Geburtststagsgesellschaft gegenüber, die teils mehr, teils weniger mit uns anzufangen wusste, aber tapfer ausharrte und Applaus spendete. Spaß gemacht hat’s allemal, zumal wir einen Spitzen-Bühnensound hatten und somit fast alles reibungslos lief. Aufgrund des Zeitplans kürzten wir unser Set um den noch nicht ganz sicher sitzenden Neuling „Ghettoromantik“ und bei „Hatepunk“ verdaddelten wir den Anfang, so dass wir die Nummer abbrachen und noch mal anfingen – Künstlerpech…
Pflicht getan, After-Work-Pulle knacken und zurücklehnen, um die Lokalheroen MANEGE FREI zu beäugen/-lauschen. Und leck mich fett, das war echt mal amtlicher deutsch- und englischsprachiger HC-Punk der Sorte „Hagen asozial, Hagen primitiv“: Brutal, konsequent und kantig, treibend schnell und aggressiv, mit kehligem Gesang, hart riffenden Klampfen und hasserfüllten Texten gegen die ganze Scheiße, ey! Arschgeiles Brett und meine Begeisterung schlug sich auch am Merchandise-Stand nieder. Was die Publikumsreaktionen betrifft, waren nun ein paar mit dem Material Vertraute vor der Bühne zugange, ansonsten sah’s ähnlich aus wie bei uns: An Kaltgetränken nippen und in entspannter Atmosphäre interessiert zur Bühne lugen (dem hatte ich mich kurzerhand angeschlossen).
Auf THE SCHABERNACKS hingegen konnten sich dann alle einigen. Nach 2x hintereinander Aggro-Geholze wirkte die neue Ska-Punk-Band um Drummer und Gastgeber Wolle auf viele vermutlich wie der langersehnte Party-Kracher, wenngleich es der Combo erfreulicherweise gelang, die Leute zum Tanzen zu bringen, ohne jeglichen Stil zu vergessen und Kirmesmucke zu fabrizieren, bei der sich Aitken & Co. im Grabe umdrehen würden. Nee, THE SCHABERNACKS hatten zwar Spaß inne Backen, aber statt Studentenhüpfburgmucke wurde hier dem gepflegten Offbeat mit Bläsereinsätzen gefrönt und Raum für Gefühl und Zwischentöne gelassen, den Songs Charakter zugestanden, veredelt von einem begnadeten Sänger mit rauerem Organ und echten Entertainment-Qualitäten. Das hatte ich nun wirklich nicht von einer noch so neuen Band erwartet und war ebenso positiv überrascht wie manch anderer unserer Reisegruppe so dass, wenn alles klappt, MANEGE FREI und THE SCHABERNACKS demnächst mal in Hamburg abzufeiern sein werden.
Nach dem kollektiven Freudentaumel war die Luft dann schon etwas raus, als die DEAD KOYS auf der undankbaren fünften Startposition antraten. Dabei zockten diese kompetenten ‘90s-US-Punk mit frühen Emo-Einflüssen, wenn man so will ‘n bischn Melodic-Westcoast meets LEATHERFACE oder so. Der Sänger war mit Inbrunst bei der Sache, insgesamt vielleicht ein bisschen zu geschliffen, paar Ecken und Kanten oder Splitter könnten nicht schaden. Hat mir aber durchaus gefallen und erntete mehr als nur Höflichkeitsapplaus von mir.
Neben dem musikalischen Programm war natürlich das Wiedersehen mit zahlreichen alten Pott-Wemmsern ein freudiges, die ich ursprünglich über Kais Konnektschens kennengelernt hatte. Der gute Tristan beispielsweise war eigens aus seinem Berliner Exil angereist und drohte schon wieder einen DMF-Gig in der Reichshauptstadt an, was uns natürlich gelegen käme, haben wir dort doch noch etwas gutzumachen… Nachdem sich der Großteil der Gäste verabschiedet hatte, ging’s noch mit ‘nem ganz Mob ins anliegende Wohngebäude, wo sich der letzte Absacker genehmigt wurde, bevor‘s nach einem Frühstück inkl. bandinterner Diskussion über den Bräunungsgrad der Brötchen am nächsten Morgen wieder gen Heimat ging und uns unser Fahrer mit seiner Worst-of-HSV-und-LKW-Fahrer-Country-Playlist in den Wahnsinn trieb. Danke an Wolle, Pepe & Co. für die Einladung, Gastfreundschaft, Kost und Logis und auf bald!
P.S.: Danke auch an Jana für die Fotos unseres Gigs sowie den einen oder anderen weiteren Schnappschuss!
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