propaganda proasyl @monkeys, hamburg, 20151226Tu Gutes und rede darüber: Die Band PLASTIC PROPAGANDA hatte, offenbar mithilfe des „Mind the Gap“-Fanzines und natürlich des Monkeys, den organisatorischen Gewaltakt auf sich genommen, eine oberfette Punkrock-Sause – acht Bands und eine Lesung – zugunsten der gemeinnützigen Organisation Pro Asyl zu stemmen, die am zweiten Weihnachtsfeiertag über die Bühne(n) ging. Als ich erstmals von diesem Ereignis erfuhr, war ich Feuer und Flamme, doch als ich mich dann tatsächlich mitten im Jahresend- und Festtagstrubel befand, stand mir am 26.12. nach einem langen Besuch bei der Verwandtschaft eigentlich so gar nicht mehr der Sinn danach, mich vor Silvester noch einmal ins Getümmel zu stürzen. Als ich relativ spät im Monkeys eintraf und eigentlich nur etwas abholen wollte, sah die Welt aber schon wieder ganz anders aus und nachdem ich mich am Tresen festgequatscht hatte, blieb ich einfach da. Verpasst hatte ich bis dahin bereits EAT THE BITCH, THE DUTTS und SPIT PINK. Von THE HAERMORRHOIDS, Überlieferungen zufolge mit dem DUTTS-Sänger an den Drums, sah und hörte ich nur noch den Schluss, u.a. ein lässiges RAMONES-Cover. Der Gig fand auf der kleinen Pub-Bühne statt, denn um Umbaupausen zu vermeiden, wechselten sich beide Bühnen stetig ab. Nun rief der Gastgeber persönlich zur Hauptbühne und ich kam erstmals in den Genuss eines kompletten PLASTIC-PROPAGANDA-Gigs. Während andere ja gern mal Haupt- und Barthaar wild wuchern lassen oder aber sich komplett absäbeln, standen hier stylisch frisierte Herren und eine Dame wie aus dem Ei gepellt im Psychobilly- und Stachelfrise-Look auf der Bühne und machten optisch schon mal gut was her. Und es blieb nicht bei der bloßen Pose, auch musikalisch wusste man mit herrlich altmodischem UK-’77-Punkrock original mit halbcleanen Klampfen und männlich-weiblichem Wechselgesang zu überzeugen. Ab und an ging’s glaub’ ich auch bischn in die absichtlich wavig-monotone Richtung oder so, ich fand’s jedenfalls sehr interessant und muss mir die Platte mal in Ruhe anhören. Könnte echt wat für Vadder sein’ Sohn sein.

THE CHEATING HEARTS im Pub zockten daraufhin lediglich zu zweit in WHITE-STRIPES-Manier trashigen flotten Punkrock, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Ungefähr die Hälfte sah ich mir an, bevor mich ein Klönschnack vor die Tür trieb. War jedenfalls auch sehr ordentlich. Die Kieler THE STUMBLING PINS folgten auf der Hauptbühne und sahen ziemlich nach den RAMONES aus, kredenzten stattdessen aber etwas moderneren US-Melodic-Punk, der gut ins Ohr ging. Eben dorthin ging auch Viktor Hackers Lesung aus dem wenig beneidenswerten Berufsalltag eines Türstehers, anscheinend ein Auszug aus „Zeit für Zorn – Die Türsteher-Lösung“. Prima Humor, der in mehrere Richtungen austeilte und eine Lanze für die Türmenschen unserer Clubs brach, absolut souverän und leidenschaftlich rübergebracht – sehr schön!

Über VIOLENT INSTINCT brauche ich nun aber wirklich kaum noch Worte zu verlieren, hab’ ich schließlich mittlerweile oft genug getan. Mit dem Cover „Ultra Violence“, gesungen von Gitarrero Dennis, begann man den Gig, und als Sängerin Aga auf die Bühne kam, gab fortan sie den Ton an, wie immer mit viel Ausstrahlung und Verve. Hamburger Oi!-Punk deluxe mit erstklassigen deutschen Texten, Ohrwurmmelodien, Attitüde und einem Animal-like-Show-Drummer – sowie dem geschmackssicher gewählten ANGELIC-UPSTARTS-Cover „Solidarity“. Vergnügt schwang ich das Tanzbein, andere taten es mir gleich und überhaupt jede Band (seit ich das dank meiner Anwesenheit beurteilen kann) bekam den verdienten Zuspruch des in erfreulicher Stärke erschienen Publikums. VIOLENT INSTINCT mussten noch mal für ’ne Zugabe ran und dann bliesen DJ Mertens & Co. zur Aftershow-Party mit feinstem Punkrock-Stoff. Insgesamt kamen wohl 1.560,- EUR für Pro Asyl sowie ein großer Sack Kleiderspenden zusammen und das kann sich doch echt mal sehen lassen! Klasse Aktion in großartigem Ambiente bei entspanntem Personal und ebensolchen Gästen, deshalb auch ganz unabhängig von den Spenden mal ein fettes Dankeschön an das Monkeys, PLASTIC PROPAGANDA und alle ohne Gagen aufgetretene Bands sowie alle, die organisatorisch mit drinhingen! Ich hab’ meinen spontanen Besuch zu keiner Sekunde bereut und freue mich mit, dass alles so gut gelaufen ist.

Einen alle Bands abdeckenden Bericht sowie fantastische Fotos gibt’s bei Kevin Winiker.